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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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machen, ehe sie in die Turnhalle kommen kann.«
    Er wandte sich mir zu. Seine Miene wirkte völlig neutral, doch seine Augen sahen mich eindringlich an. »Sie sind doch im Elternbeirat, nicht wahr? Ich wette, dass Ihnen in letzter Minute noch ein halbes Dutzend Aufgaben aufgehalst wurden, die es noch zu erledigen gibt.«
    »Das stimmt«, erklärte ich verblüfft, aber erleichtert. »Das stimmt völlig.« Natürlich war das eine Lüge. Es war mir auf geradezu brillante Weise gelungen, allen Verpflichtungen außer den Muffins aus dem Weg zu gehen. Ich hatte mich zwar ein wenig schlecht dabei gefühlt, aber diese Empfindung war rasch verflogen. Schließlich zählte doch auch die Dezimierung der Dämonenpopulation von San Diablo als wichtige Aufgabe – oder etwa nicht?
    Ich wandte mich an Allie. »Warum gehst du nicht schon vor, und ich treffe dich dann drinnen?«
    »Du wirst doch bestimmt da sein, bevor es anfängt – oder, Mami?«
    »Natürlich«, erklärte ich. Und ich hatte auch vor, alles in meiner Macht Stehende zu tun, damit das zur Abwechslung einmal keine Lüge war.
    »Jetzt komm schon«, forderte Mr. Long Allie auf. »Ich komme mit dir.« Er sah mich an. »Gehört zu den Aufgaben, die ich heute übernommen habe. Die Schüler in die Turnhalle bugsieren.«
    »Bugsieren«, wiederholte Allie und rollte mit den Augen. »Klingt so, als ob wir Kleinkinder wären oder so.« Trotzdem ging sie ohne ein weiteres Widerwort mit, und David Long und ich tauschten noch einen Blick miteinander aus, der ganz einfach Teenager bedeutete.
    Sobald die beiden verschwunden waren, rannte ich in die gleiche Richtung wie zuvor Sinclair. Ich bog wie er um die Ecke und folgte dem Korridor in der nächsten Farbe.
    Etwa zwei Minuten später fand ich mich an einem Punkt wieder, an dem sich zwei Korridore kreuzten. Mir wurde klar, dass ich keine Ahnung hatte, wo der Dämon steckte. In Gedanken warf ich eine Münze, wählte dann einfach eine Richtung und hoffte, die Teufelsbrut dort zu entdecken.
    In diesem Augenblick sah ich die Tür.
    Es handelte sich um eine schlichte weiße Tür, die einen Spalt breit geöffnet war und zu der Sorte Schultüren gehörte, die unten ein Metallgitter aufweisen. So können die unangenehmen Dämpfe von Putzmitteln, die gewöhnlich hinter solchen Türen gelagert werden, entweichen. Ich warf einen Blick auf das Schild neben der Tür. Und tatsächlich handelte es sich um die Putzkammer.
    Natürlich wusste ich, dass der Hausmeister vergessen haben konnte, die Tür abzuschließen. Das sagte mir meine Vernunft. Doch mein Instinkt war ganz anderer Meinung. Mein Instinkt erklärte mir, dass nicht der Hausmeister seine Pflicht vernachlässigt hatte, sondern dass vielmehr Dermott Sinclair hier seine Zuflucht gefunden hatte.
    Ich zögerte. Falls ich nicht recht hatte, würde ich wertvolle Zeit verschwenden. Aber ich glaubte nicht, mich zu irren. Ich wollte meinem Instinkt folgen. Das hatte ich die letzten vierzehn Jahre getan und auf diese Weise meine Kinder erzogen. Und bisher hatte mich mein Instinkt noch nie im Stich gelassen.
    Also trat ich ein. Die Tür führte jedoch nicht in eine kleine Putzkammer, wie ich das erwartet hatte. Hinter ihr befand sich vielmehr eine Treppe, die in den Keller hinabging. Auf beiden Seiten der Stufen waren Regale angebracht, in denen eine Vielzahl von Putzutensilien aufgereiht war – Glasreiniger, Desinfektionsmittel und eine stattliche Anzahl von Putzlappen.
    Die Treppe führte um eine Kurve, und dort stand im Regal eine Werkzeugkiste. So vorsichtig wie möglich, um keinen Lärm zu machen, öffnete ich sie und holte einen Schraubenzieher heraus. Haarspangen mochten vielleicht in einer Notsituation hilfreich sein, aber diesmal wollte ich etwas in der Hand haben, worauf ich mich besser verlassen konnte.
    Noch ein paar Stufen, und ich stand unterhalb der Regale. Vor mir öffnete sich der Keller. Einige dünne Metallstangen und ein Handlauf dienten als windiges Geländer. Zwei Glühbirnen tauchten den Raum in ein schwaches Licht und offenbarten mir ein Spülbecken in einer Ecke sowie am anderen Ende des Raumes – Dermott Sinclair.
    Ich hielt den Atem an und versuchte, keinen Muskel zu bewegen. Noch hatte er mich nicht gesehen, da er zu sehr damit beschäftigt war, sich auf das zu konzentrieren, was er gerade tat. Da er mir den Rücken zuwandte, konnte ich nicht genau erkennen, womit er beschäftigt war. Aber ich hörte das leise Kratzen eines Steins, der über Mörtel fuhr. Er wirkte

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