Vom Daemon verweht
auszuhecken. Oder auch nur irgendeinen Plan. Sinclair und ich umkreisten einander, bis sich die Treppe und mit ihr das wackelige Geländer direkt hinter ihm befanden.
In diesem Moment kam ich auf eine Idee…
Ich stürzte mich mit dem Eiszapfen auf ihn, änderte aber in letzter Sekunde die Stoßrichtung, so dass ich nicht sein Gesicht traf, sondern das Glas tief in seinen Oberschenkel rammte.
Er versuchte, meinem Angriff auf sein Gesicht auszuweichen, hatte aber nicht die Attacke auf sein Bein erwartet. Instinktiv wandte er sich ab, um die Wunde zu schützen. Ich hatte diese Bewegung vorhergesehen und mich in die entgegengesetzte Richtung geworfen, so dass ich hinter ihm landete. Dann stürzte ich mich auf seinen Rücken, packte ihn am Hals und hielt mich dort so fest, wie ich nur konnte, während Sinclair nach vorn fiel.
Und dann – ich nahm alle mir noch verbliebene Kraft zusammen – zielte ich und hoffte das Beste.
Ich hörte ein scharfes Knacken, und dann spürte ich, wie ein Ruck durch den Körper des Dämons ging. Eine der Metallstangen des Treppengeländers hatte ihr Ziel erreicht und das hervortretende graue Auge des Ungeheuers durchstoßen. Sinclairs leises Stöhnen war bald kaum mehr zu vernehmen, und ich sah das mir vertraute Schimmern in der Luft, als der Dämon den Körper des alten Mannes verließ und in den Äther zurückkehrte.
Erschöpft sackte ich zusammen, vor Erleichterung auf einmal ganz entspannt.
Dieses Gefühl dauerte jedoch nur einen Moment. Ich hatte zwar ein Problem gelöst (das des Dämons), sah mich aber jetzt einem völlig neuen gegenüber (seinem Plan). Er war aus gutem Grund hier im Keller gewesen, und ich musste herausfinden, was ihn dazu getrieben hatte.
Der Stein, den er auf mich geworfen hatte, war groß gewesen und hatte ein ebenso großes Loch in der Wand zurückgelassen. Es handelte sich um ein finster aussehendes Loch, dem ich mich misstrauisch näherte. Ich beugte mich herab und blickte hinein, konnte jedoch nichts erkennen.
Da ich nicht besonders scharf auf Spinnen und andere Lebewesen bin, die oft in Kellern hausen, hatte ich eigentlich keine Lust, meine Hand in diese Öffnung zu stecken und blind darin herumzusuchen. Aber was blieb mir anderes übrig? (Dieser Beruf ist nichts für Hasenfüße.)
Zum Glück berührte ich nichts, was sich schnell bewegte oder schleimig war. Ich fand überhaupt nichts.
So was Doofes. Ich war mir so sicher gewesen, dass Sinclair wusste, was er tat. War jemand bereits vor ihm hier gewesen?
Oder war es Sinclair gelungen, das Ding, um das es ging, vor meinem Eintreffen in Sicherheit zu bringen? Hatte er es vielleicht sogar eingesteckt?
Ich schnitt eine Grimasse, als ich mir diese Möglichkeit und das, was sie bedeutete, vor Augen führte. Noch immer suchte ich mit der Hand in dem dunklen Loch herum. Ich habe zwar als Mutter schon viele ekelhafte Windeln gewechselt, aber die Vorstellung, einen toten Dämon zu filzen, jagte mir einen kalten Schauder über den Rücken.
Gerade hatte ich mich mehr oder weniger dazu durchgerungen, es trotzdem zu tun, als meine Finger unerwartet auf eine Spalte zwischen den Mauersteinen stießen, eine Stelle in der hintersten Ecke des Lochs, wo sich der Mörtel auf einmal ganz anders anfühlte. Er schien dort viel glatter und kühler zu sein.
Ich tastete weiter, und mein Herz schlug schneller. Mit dem Finger fuhr ich die ganze Länge der Spalte entlang, bis ich wieder auf den üblichen rauen Mörtel stieß. Auf einmal verstand ich, worum es sich hier handelte. Es war ein Buch. Ich spürte deutlich den Rücken eines Buches, das zwischen zwei Mauersteine gesteckt worden war.
Mit der Schulter stützte ich mich an der kühlen Wand ab und versuchte, den Rücken des Buches zu fassen zu bekommen. Es gelang mir, und ich zog daran. Das Ding bewegte sich kaum von der Stelle, und einen Moment lang war ich irritiert. Falls sich dieser Band bereits seit Jahren dort befunden hatte, brauchte ich etwas wesentlich Stärkeres als meine Fingernägel, die selbst mit dem besten Nagelhärter der Welt nicht kräftig genug waren.
Ich holte tief Luft und zerrte erneut. Hoffentlich war der Band erst viel später dort hineingesteckt worden und stellte sich nicht in einer Minute als Teil der Gesamtkonstruktion des Kellers heraus.
Diesmal hatte ich Glück. Natürlich ruinierte ich dabei den Lack dreier Nägel und brach zudem den Nagel meines Zeigefingers ab, aber es gelang mir, das Buch herauszufischen. Ich hatte gesiegt. Meine
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