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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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angespannt. Seine Arme bewegten sich rhythmisch hin und her, während er an einem Gasbetonstein zerrte, der sich in der Wand befand.
    Ich fragte mich, was er wohl vorhatte. Was wollte der Dämon dort?
    Ich streckte die Hand aus, um mich am Geländer festzuhalten und die letzten Stufen hinabzuschleichen. Als ich es jedoch berührte, musste ich feststellen, dass sich der Handlauf von den Stäben gelöst hatte. Meine zarte Berührung reichte, um den Handlauf zu lösen. So etwas konnte man wirklich eine grobe Verletzung der Bauvorschriften nennen. Ein Kind hätte sich jederzeit an den oberen Kanten der Metallstangen ein Auge ausstoßen können – meinen Sie nicht?
    Als sich der Handlauf von den Geländerstäben löste, gab es ein lautes Krachen. Sinclair wirbelte herum. Er hielt den Stein fest in den Händen und schleuderte ihn nun in meine Richtung. Ich hechtete nach vorn. Der Stein verfehlte meinen Kopf nur knapp. Ich landete auf dem harten Betonboden, wobei ich es gerade noch schaffte, mich mit den Händen abzustützen.
    Meine Tasche öffnete sich, und ihr Inhalt, einschließlich des Schraubenziehers, ergoss sich in alle Himmelsrichtungen. Die Landung war ziemlich schmerzhaft. Doch es gelang mir, mich auf den Rücken zu rollen. Meine Hand berührte etwas Langes und Glattes. Ich fasste danach, wobei ich keine Ahnung hatte, was es war. Dann zog ich die Knie an und streckte sie mit einem Ruck wieder, so dass es mir gelang, mit einem Satz aufzuspringen – eine Bewegung, die Cutter, meinen Sensei, bestimmt stolz gemacht hätte.
    Anschließend holte ich mit dem Fuß aus und traf Sinclair mitten in den Magen. Er stieß einen dumpfen Schrei aus, als er rückwärtsstolperte und auf den Boden fiel. Ich finde es stets recht befriedigend, mitanzusehen, wie ein Dämon auf seinem Hintern landet, und auch diesmal beobachtete ich schadenfroh das Spektakel.
    Jetzt stürzte ich mich auf den Kerl. Meine Finger umklammerten noch immer den Gegenstand, den ich aufgehoben hatte und der, wie sich nun herausstellte, ein Eiszapfen aus Glas war. Wahrscheinlich hatte ihn mir Timmy in die Tasche gesteckt, als er mit dem Weihnachtsschmuck gespielt hatte. Das eine Ende war abgebrochen, und eine scharfe Kante hatte sich gebildet. Genau die Art von Gegenstand, mit der Timmy auf keinen Fall spielen soll – aus dem gleichen Grund, weshalb ich nun froh war, ihn in meinen Händen zu halten: Solche Dinge sind gefährlich.
    Sinclair hatte sich inzwischen wieder aufgerappelt, und seinem hässlichen Blick nach zu urteilen, schien er sich auf den bevorstehenden Kampf zu freuen. Mir erging es nicht anders. Wenn man meinen Kindern Angst einflößt oder sich sonst wie in mein Leben einmischt, geht es für mich nicht mehr nur um berufliche Pflichten. Dann wird das Ganze persönlich, wie es immer so schön heißt.
    Er sah mich hasserfüllt an. Seine Hände hielt er in der klassischen Kampfposition, während sich seine Füße ununterbrochen bewegten, als ob er ein Boxer wäre, der nur auf den perfekten Schlag wartete. Ich hatte nicht vor, ihm diesen zu gönnen.
    »Warum bist du hier?«, fragte ich, während ich mich ihm vorsichtig näherte. Von außen betrachtet, sahen wir zwei wahrscheinlich wie ein Paar aus, das einen seltsamen Tanz aufführt. Leider war das Ganze nicht so amüsant, wie es vermutlich wirkte.
    »Das geht dich nichts an, Jägerin.«
    »Das stimmt nicht. Es gehört zu meinem Beruf, herauszufinden, warum du hier bist. Das solltest du doch wissen, oder?«
    Er grinste höhnisch. »Vielleicht solltest du dir besser einen neuen Job suchen«, schlug er vor. »Denn diesmal hast du verloren. Die Maschinerie hat sich bereits in Bewegung gesetzt.«
    Mein Magen krampfte sich zusammen. Welche Maschinerie? Doch mir blieb jetzt keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen, denn Sinclair stürzte sich ohne weitere Vorwarnung auf mich.
    Ich tat das Gleiche, wobei ich den Eiszapfen fest umklammert hielt. Er riss den Arm hoch, und ich traf ihn mit dem scharfen Glas. Zuerst geschah nichts. Doch dann spürte ich, wie meine Waffe in seine Haut eindrang. Die Wunde ging tief, aber sie war noch nicht schlimm genug, um einen Dämon aufzuhalten. Während ich fluchte, holte er mit dem Fuß aus und traf meine rechte Kniescheibe.
    Ich wünschte, ich könnte behaupten, dass ich darauf vorbereitet gewesen war. Doch das war leider nicht der Fall. Ein Fußtritt gegen das Knie tut wirklich brutal weh, und ich ging zu Boden, während ich noch versuchte, nicht das Gleichgewicht zu

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