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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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Uhr. Es war Viertel nach eins. Am Samstag schließt unsere Bank um drei, weshalb ich annahm, dass die anderen Geldinstitute der Stadt es ähnlich halten würden. Wenn ich mich also beeilte, konnte ich es schaffen, noch bei einigen vorbeizusehen, ehe sie für das Wochenende schlossen. (Ich hoffte inbrünstig, dass der Schlüssel ein Tresorfach in meiner eigenen Bank öffnen würde, konnte mir aber kaum vorstellen, so viel Glück zu haben.) Danach wollte ich mich auf die Suche nach Klamotten machen.
    Ich stopfte meine Liste in meine Handtasche, legte den Schlüssel in meine Geldbörse, nahm die Autoschlüssel und ging dann ins Wohnzimmer, um mich von meiner Brut zu verabschieden.
    Eddie schlief im Sessel. Die Immobilienbeilage des Herald lag offen auf seinem Schoß, und er hatte einen Bleistiftstummel in seiner Hand. Der Fernseher plärrte, aber Timmy war nirgends zu entdecken.
    »Tim!«
    Eddie gab einen lauten Schnarchlaut von sich und machte es sich bequemer, ohne aufzuwachen. Von oben hörte ich Allie rufen: »Hast du etwas gesagt?«
    »Ich suche Timmy.«
    »Hier ist er nicht!«
    »Und wo soll hier sein?«
    »Mann, ich bin im Badezimmer! Ich muss doch das blöde Klo sauber machen. Schon vergessen?« Sie klang nicht gerade begeistert, aber wenigstens hielt sie sich an ihr Wort. »Warte, ich schaue kurz in seinem Zimmer nach!«
    Ich konnte ihre Schritte oben im Flur hören, als sie in Timmys Zimmer lief. Unterdessen sah ich in Stuarts Arbeitszimmer und unserem Esszimmer nach. Nichts. Ich kontrollierte die Türen, die nach draußen führten. Sie waren allesamt verriegelt. Wo steckte der Junge?
    Ich machte mir im Grunde keine echten Sorgen. Es ist ein großes Haus, und wir hatten einige Wochen zuvor das Babygitter weggenommen, damit Timmy überall uneingeschränkt herumlaufen konnte. Doch diese ganze Sache mit der Dämonin in der Küche hatte mich ein wenig nervös gemacht. Ich wollte wissen, wo mein Sohn steckte – und ich wollte es jetzt wissen.
    »Timmy!«, rief ich. Diesmal aber so laut, dass Eddie vor Schrecken beinahe vom Sessel rutschte.
    »Was? Wer? Wie?«
    »Ich suche Timmy«, erklärte ich.
    »Er sitzt doch da vor dem – oh.« Er ließ die Hand mit dem ausgestreckten Finger sinken. »Der Kleine ist wirklich nicht zu unterschätzen.«
    »Hm.« Ich versuchte es noch einmal. »Timmy! Du antwortest mir jetzt auf der Stelle, oder du darfst heute nicht mehr fernsehen!«
    Das funktionierte. Wahrscheinlich sagt das ziemlich viel über schlechte Angewohnheiten und meine Fähigkeiten als Mutter, doch ich hatte momentan nicht vor, weiter darüber nachzudenken.
    »Aber ich will fernsehen!« Seine Stimme kam von oben. Ich konnte Schritte hören, die eindeutig von ihm stammten. »Mami! ICH WILL FERNSEHEN!«
    »Er ist hier!«, rief Allie völlig unnötig. Sie machte einige beruhigende Geräusche und sagte dann: »Oh, Mann. Da hast du dir aber ganz schön was eingebrockt, Knirps.«
    Da mir nicht gefiel, was ich da hörte, rannte ich die Treppe hoch, wobei ich jeweils zwei Stufen auf einmal nahm. Meine Kinder standen im Flur vor unserem Schlafzimmer. Und tatsächlich hatte ich recht gehabt. Es gefiel mir ganz und gar nicht. Da stand mein kleiner Junge, und sein ganzer Mund war mit knallrotem Lippenstift verschmiert. Seine Augen waren von lila Lidschatten so stark umrandet, dass er wie ein Waschbär auf einem Drogentrip aussah.
    »Timmy«, jammerte ich. Ein kurzer Blick auf meine Armbanduhr zeigte mir, dass ich das jetzt wirklich nicht brauchen konnte.
    »Hübsch!«, sagte er.
    »Ich dachte, Eddie passt auf ihn auf«, meinte Allie. »Meine Schuld ist es jedenfalls nicht. Ich habe geputzt!« Sie hielt die rechte Hand hoch, die in einem Gummihandschuh steckte, um mir den Beweis zu liefern.
    Ich konnte nur seufzen. »Dann komm mal«, sagte ich und streckte Timmy meine Hand hin.
    »Sesamstraße?«, fragte er.
    »Treib es nicht auf die Spitze, Bürschchen. Wir müssen dich erst einmal wieder sauber machen, und dann gibt es noch ein paar Dinge zu erledigen.«
    Ich würde lieber Holzsplitter unter meine Fingernägel schieben als Timmy mitnehmen, wenn ich Klamotten einkaufte. Aber mir blieb keine andere Wahl. Allie wollte bereits weg sein, ehe ich zurückkam, und Laura wagte es nicht, das Auto in ihrer Garage allein zu lassen, bis wir den Dämon Father Ben übergeben hatten, während Eddie nicht mehr auf meiner Liste vertrauenswürdiger Babysitter stand.
    Ich redete mir ein, dass es schon in Ordnung sein würde. Vor wenigen Monaten

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