Vom Daemon verweht
eigentlich denken«, entgegnete ich. »Vor allem, weil wir noch immer keine Ahnung haben, was es mit diesem verdammten Buch auf sich hat. Aber nein – ich habe an etwas ganz anderes gedacht.«
Und da Laura genauso sehr eine Ablenkung brauchte wie ich eine Freundin, erzählte ich ihr von dem Brief. Und den damit verbundenen Implikationen.
»Und du weißt noch immer nicht, wer das Päckchen vor deiner Tür abgelegt hat?«
»Nein, ich habe keine Ahnung«, gab ich zu. Und das quälte mich. Eric war tot. Das Schließfach bei der Bank lief auf unseren Namen. Niemand in San Diablo kannte unser Geheimnis. Wie konnte er also den Schlüssel jemandem anvertraut haben? Und warum hatte dieser Jemand bis jetzt gewartet, um ihn mir zu geben?
»Irgendetwas stimmt hier nicht«, erklärte Laura, was das Ganze auf den Punkt brachte. »Du musst aufpassen, Kate. Das alles kommt mir sehr seltsam vor. Findest du es nicht ein bisschen unheimlich, dass dieser Schlüssel auch noch genau zur selben Zeit auftaucht wie Sinclair und das Buch?«
»Doch. Es ist wirklich seltsam«, antwortete ich. Mir war seit heute Mittag klar, dass ich mich sowohl mit dem Buch als auch mit dem Mord an Eric beschäftigen musste. Wenn Eric tatsächlich ermordet worden war… Und sein Mörder noch immer frei herumlief…
»Das Ganze ist vor fünf Jahren passiert. Jegliche Spur, die es einmal gab, ist inzwischen bestimmt kalt geworden«, meinte Laura pessimistisch.
»Ich muss es aber trotzdem versuchen«, erwiderte ich trotzig.
»Ich weiß. Du darfst dich nur nicht von Wesentlicherem ablenken lassen.«
Ich fuhr mit meinen Zehen durch den Sand, der vor unserer Bank lag. »Was meinst du damit?«
»Genau das, was ich gesagt habe: Lass dich nicht ablenken. Du darfst jetzt nicht viel Zeit damit verbringen, nach Hinweisen zu suchen, die mit dem Mord an Eric zu tun haben könnten, und dabei das Buch vergessen. Eric ist tot, Kate, und nichts wird ihn dir zurückbringen. Aber unsere Kinder leben, und dieses Buch wurde in ihrer Schule versteckt. Wenn da irgendetwas faul ist – «
»Ich weiß«, gab ich zu. »Ich werde es herausfinden. Und ich verspreche dir, dass unseren Kindern nichts passiert.« Das war vielleicht ein törichtes Versprechen, aber eines, das ich auf jeden Fall halten wollte.
Sie nickte. »Entschuldige bitte. Ich weiß natürlich, dass du niemals… Ich meine, ich weiß, dass du versuchst, uns alle zu beschützen. Ich wollte damit nicht etwa sagen, dass du dich – «
»Schon in Ordnung. Und falls du irgendwann einmal glaubst, dass ich dringend wieder auf die Erde zurückkehren sollte, dann tue dir keinen Zwang an und gib mir einfach eine Ohrfeige – einverstanden?«
»Kein Problem.«
Wir erhoben uns und gingen die Promenade weiter entlang an der Terrasse des Restaurants vorbei. Dort saßen mehrere Paare, die gemeinsam den Sonnenuntergang bewunderten. Ich sah auf das Meer hinaus und die Sonne, die langsam hinter dem Horizont verschwand. Dann wanderte mein Blick wieder zu dem Hotel zurück. Ich dachte an die Abende, die auch ich dort gesessen hatte, Hand in Hand mit Eric und auf das grüne Leuchten wartend, kurz bevor die Sonne unterging.
»Hast du jemals – «, begann ich, da ich mich fragte, ob auch Laura mit Paul hierhergekommen war. Doch ihre Miene ließ mich meinen Satz nicht beenden. Sie starrte gebannt auf die Terrasse. Ihr Mund stand offen, während sie ihre Hand leicht hob, als ob sie auf etwas zeigen wollte, ohne dass es ihr ganz gelang.
»Laura?« Beunruhigt nahm ich sie am Arm und schüttelte sie ein wenig. »Laura – was ist los?«
»Paul«, flüsterte sie. Und nun gelang es ihr doch noch, auf ein Paar zu zeigen, das weiter hinten auf der Terrasse fast ganz im Schatten saß. Mir blieb beinah das Herz stehen. Obwohl ich hoffte, dass sie sich vielleicht doch irrte, wusste ich, dass es stimmte. Dort saß Paul mit einer unbekannten Frau. Und es sah nicht gerade nach einem Geschäftsessen aus.
»Vielleicht ist er es ja gar nicht«, sagte ich dümmlich. »Von hier aus kann man sich auch irren.«
»Er ist es.« Ihre Stimme klang tonlos und irgendwie resigniert.
»Vielleicht ist es ja auch ganz harmlos.«
Sie sah mich nur an. Sonst nichts.
»Na ja, oder vielleicht auch nicht. Was willst du tun? Ich könnte einen Eispickel durch sein Auge rammen. Oder wir können auch etwas gelassener an die ganze Sache herangehen und einfach nur mit ihm reden.«
»Verführerische Vorstellung«, erwiderte sie. »Ich meine den Eispickel.«
Sie
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