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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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zwar noch immer ohne jede Spannkraft herunter, fallen mir aber dafür nicht ständig ins Gesicht.
    Wenn es sein muss, kann ich sie allerdings auch dazu bringen, sich meinen Vorstellungen anzupassen. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass die Benefizveranstaltung von Tabitha Danvers danach verlangte.
    Also verbrachte ich die nächsten zwanzig Minuten damit, alle möglichen Sorten von Schaum und Gel in mein Haar zu kneten, um es danach mit dem Föhn in die richtige Form zu bringen. Leider war das Ganze eine recht demütigende Erfahrung. Ich mag zwar eine Frau sein, die einmal allein ein Nest von Vampiren nur mit einem Holzschwert und einem Kruzifix ausgehoben hat. Doch wenn ich in die Frisuren-Arena trete, zähle ich zu den kläglichen Versagerinnen dieser Welt. Offensichtlich wurde es mir nicht in die Wiege gelegt, gekonnt mit Föhn und Rundbürste zu hantieren und dabei ein Ergebnis zu erzielen, das sich sehen lassen kann.
    Trotz meiner Unfähigkeit schafften es meine Haare zu trocknen. Sie wiesen sogar eine gewisse Spannkraft auf, was einfach nur heißen soll, dass sie nicht so uninspiriert herunterhingen, wie sie das sonst taten. Ich widerstand der Versuchung, sie doch wie immer in einem Pferdeschwanz zusammenzubinden, und schaltete stattdessen meinen Lockenstab an. Ich mochte vielleicht keine Ahnung haben, was diese verdammten Dämonen gerade in unserer Stadt planten, aber dafür war ich wild entschlossen, meine Haare dazu zu bringen, mir zur Abwechslung endlich einmal zu gehorchen.
    Eine halbe Stunde und eine halbe Dose Haarspray später sah ich ziemlich gut aus. Ich musste mich selbst loben. Mein Gesicht war von Locken umrahmt, meine Augen wirkten mit den drei Lagen Wimperntusche, die ich aufgetragen hatte, noch größer, und meine Lippen waren voll und rot. Zwar war ich mir recht sicher, dass mein Make-up innerhalb der nächsten Viertelstunde an Perfektion verlieren und meine Haare wieder in sich zusammenfallen würden, bis wir das Museum erreichten, aber wenigstens konnte mein Mann sehen, dass ich mich wirklich bemüht hatte.
    Ich zog das neue Kleid an und warf dann einen Blick auf die Uhr. Viertel vor sieben. Vor langer Zeit einmal hätte ich erwartet, dass Stuart bei einer solchen Gelegenheit vielleicht sogar frühzeitig nach Hause kommen würde. Inzwischen wusste ich es besser. Das bedeutete, dass ich eine Viertelstunde hatte, die es totzuschlagen galt und in der ich nichts tun durfte, was mein Kleid verknittern, mir Schweiß auf die Oberlippe treiben oder mein Haar zerzausen könnte.
    Ich schaltete also den Fernseher an und zappte von einem Kanal zum nächsten. Doch trotz der Tatsache, dass wir mehr als dreihundert Programme empfangen, fand ich nichts, was mich interessierte. Ich gab auf und drehte die Flimmerkiste ab. Dann nahm ich meine Tasche und holte Erics Brief heraus.
    Erneut las ich seine Zeilen. Auch beim dritten Mal Lesen zog sich mir das Herz zusammen – sowohl Erics und des Lebens wegen, das wir verloren hatten, als auch Stuarts und des Lebens wegen, das wir führten.
    Ich schloss die Augen und drückte den Brief an meine Brust, während ich an Stuart dachte. So schwer es mir fiel, das zuzugeben, so war doch nicht daran zu rütteln, dass ich bisher stets die Ehe mit Stuart mit meiner früheren Verbindung zu Eric verglichen hatte. Nicht unbedingt direkt, vielleicht nicht einmal bewusst. Aber war es denn überhaupt möglich, so etwas nicht zu tun? Mir gelang es jedenfalls nicht. Vor allem eine Tatsache ließ sich nicht leugnen: Eric hatte von meinen Geheimnissen gewusst. Er hatte meine Vergangenheit gekannt. Er hatte sie sogar gemeinsam mit mir durchlebt.
    Stuart jedoch kannte diesen Teil von mir nicht, und das bedrückte mich. Denn in meiner ersten Ehe hatte es keine Geheimnisse gegeben. Möglicherweise hatte ich meine erste Ehe auf ein Podest gehoben. Sie war für mich das Sinnbild einer perfekten Beziehung, wie sie Stuart und ich nie erreichen konnten.
    Stuart gegenüber war das natürlich schrecklich unfair. Das wusste ich. Aber leider lassen sich solche Gefühle nun nicht einfach nur dadurch ändern, dass man sie als ungerecht erkennt.
    Inzwischen musste ich mich allerdings fragen, ob dieses Podest nicht zu bröckeln begonnen hatte. Das Leben, das mir mit Eric so perfekt vorgekommen war, entlarvte sich als eine Illusion! Ich hatte geglaubt, dass wir keine Geheimnisse voreinander hatten, aber das entsprach offenbar nicht der Realität. Das Schließfach in der Bank hatte mir deutlich gezeigt, wie

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