Vom Daemon verweht
sehr ich auf dem Holzweg gewesen war.
Letztendlich lief das Ganze nur auf das eine hinaus: Mein erster Mann war wegen eines Geheimnisses umgebracht worden, von dem ich nichts wusste.
Für einen Moment flammte Zorn in mir auf. Ich konnte nicht anders. Ich fragte mich, ob Eric heute noch am Leben sein würde, wenn er mir die Wahrheit gesagt hätte – wenn er mich gebeten hätte, ihm zu helfen.
Und wie hätte sich dann mein Leben gestaltet?
»Du siehst wirklich atemberaubend aus«, sagte Stuart, als er mir seinen Arm hinhielt, damit ich mich bei ihm unterhaken konnte.
Wir befanden uns auf dem Trottoir vor dem Museum, nur wenige Meter von den Stufen entfernt, die zum Eingang hinaufführten. Ich schmiegte mich an ihn und lächelte ihn an. »Das hast du schon mal gesagt.«
In Wahrheit hatte er es bereits dreimal gesagt. Das erste Mal, als er nach Hause kam, das zweite Mal, als er sich umgezogen hatte, und das dritte Mal, als er mir die Wagentür aufhielt.
Allerdings konnte ich das Kompliment nur zurückgeben. Stuart sieht auch an einem schlechten Tag nicht gerade übel aus, doch in seinem schiefergrauen Maßanzug schnitt er wirklich eine umwerfende Figur. Er stand aufrecht da, und seine Augen funkelten freudig.
Er sah sogar so hinreißend aus, dass ich mich entschloss, ihm das ebenfalls ein weiteres Mal zu sagen. »Du siehst fantastisch aus«, erklärte ich.
»Und ich sehe noch besser mit dir als meiner Begleitung aus.«
»Klar«, erwiderte ich lässig. »Das versteht sich doch von selbst.«
Wir mussten beide lachen, und ein wohliges Gefühl von Wärme und Leichtigkeit durchrieselte mich. Erinnerungen stiegen in mir auf an jene Zeit, als wir anfingen, miteinander auszugehen. Ich hatte noch kaum die Depression hinter mir gelassen, in die ich nach Erics Tod versunken war, und erinnere ich mich wahrscheinlich besonders deutlich daran, wie häufig Stuart mich in den ersten Wochen zum Lachen gebracht hatte. Und dann seine spezielle Art, mich immer wieder zu überraschen: Zum Beispiel mit einem Ausflug zu einem Essen bei Spago’s in Los Angeles, wenn ich nur einen raschen Burger in der Nähe erwartet hatte; oder mit einem Abend auf dem Sofa mit Monty Pythons Ritter der Kokosnuss, chinesischem Take-away und einer Flasche Wein; einem Wochenende auf Catalina Island, nachdem Allie erwähnt hatte, dass sie noch nie dort gewesen war und die Insel wirklich gern kennenlernen würde.
Und dann gab es natürlich etwas, was mich besonders tief berührt hatte – Stuart hatte bei meiner Tochter um meine Hand angehalten.
»Alles in Ordnung?«
Er sah mich aufmerksam an, und erst jetzt bemerkte ich die Tränen in meinen Augen.
»Oh, nein!«, rief ich panisch. »Schnell – Taschentuch! Die Wimperntusche ist nicht wasserfest!«
»Ist mir irgendetwas entgangen?«, fragte er, während ich mir vorsichtig die Augenränder abtupfte. Ich hätte mir am liebsten eine Ohrfeige verpasst, weil ich nicht meine normale, wasserfeste Wimperntusche benutzt hatte.
»Nein, nein, keine Sorge«, erwiderte ich, nachdem ich mich im Spiegel meiner Puderdose betrachtet hatte. »Ich dachte nur gerade daran, wie du damals um meine Hand angehalten hast.«
»Ach so«, meinte er. »Dann sind deine Tränen natürlich völlig verständlich.«
Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen sanften Kuss. »Ich liebe dich«, sagte ich. »Gehen wir hinein und raffen so viele Spenden wie möglich zusammen. Einverstanden?«
Ich begann die Treppe hinaufzulaufen, doch Stuart hielt mich noch einmal an der Hand fest. »Danke«, meinte er schlicht.
Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an. »Wofür denn?«
»Dafür. Für alles. Ich weiß, dass du nie vorhattest, die Frau eines Politikers zu werden.« Für einen Moment erhellte ein Lächeln sein Gesicht, und ich konnte seine hinreißenden Grübchen sehen. »Und ich liebe dich dafür, dass du das alles gemeinsam mit mir durchstehst.«
»Ich habe dich geheiratet, Stuart. Nicht deinen Beruf. Und ich liebe dich – ganz egal, was geschieht.«
Insgeheim konnte ich nur hoffen, dass er genauso empfinden würde, falls er eines Tages doch einmal mein geheimes Leben entdeckte.
Eines musste man Tabitha Danvers lassen: Diese Frau wusste, wie man eine Party gab. Selbst ich, die solchen Veranstaltungen sonst am liebsten aus dem Weg ging, verbrachte einigermaßen angenehme Stunden. Konkret hieß das, dass ich Wein trank, oberflächliches Zeug plauderte, wenn es nötig war, und durch das Museum wanderte, um
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