Vom Daemon verweht
aus dem Augenwinkel, dass er auf uns zugerannt kam, aber das war mir egal. Als er mich an den Schultern packte, riss ich mich los und stürzte mich erneut auf David, so dass dieser zu Boden ging. Ich setzte mich auf ihn, presste den Stock gegen seinen Hals und machte es ihm beinahe unmöglich zu atmen. Er versuchte sich zu wehren. Seine Haut nahm eine blaue Färbung an. Cutter brüllte und riss an mir, um mich dazu zu bewegen loszulassen.
Das tat ich auch – aber nur mit einer Hand. Ich holte das Fläschchen mit Weihwasser aus der hinteren Tasche meiner Jeans und drehte mit den Zähnen den Deckel auf.
David beobachtete mich. Seine Augen waren geweitet und blutunterlaufen.
»Scheiße, Kate!«, brüllte Cutter. Er hatte es inzwischen aufgegeben, mich fortzerren zu wollen. Stattdessen warf er sich auf die Matte und versuchte mir den Stock zu entwinden.
Ich bemühte mich nicht einmal mehr darum, gegen ihn anzukämpfen. Inzwischen hatte ich das Fläschchen geöffnet und schüttete David mit einem Schwung das Weihwasser ins Gesicht. Dabei hielt ich seine Arme auf die Matte gepresst und wartete darauf, wie sich neue Kraft in ihm sammeln würde, sobald er den Schmerz verspürte.
Doch nichts geschah.
Ich wartete angespannt. Meine Hände umklammerten seine Unterarme.
Noch immer nichts. Oder vielmehr nichts außer der Tatsache, dass David spuckte und prustete.
Ich konnte es kaum glauben. Seltsamerweise war es nicht Scham, die ich nun empfand, sondern eine große Erleichterung. David Long war kein Dämon. Ich durfte ihn mögen, ohne mir selbst misstrauen zu müssen. Und ich musste ihn vor allem nicht töten.
Cutter hockte neben uns auf der Matte und hielt den Stock fest, den er mir inzwischen entwunden hatte. »Scheiße, Kate«, keuchte er. »Du musst wirklich lernen, das Ganze etwas entspannter anzugehen.«
Er stand auf und streckte mir eine Hand entgegen. Ich nahm sie, und es gelang mir sogar, ein »Tut mir leid« in Richtung David zu murmeln, der sich auf die Seite gerollt hatte und hustete.
Ich wartete, bis er wieder ruhiger atmete. Dann bot ich ihm meine Hand an. Er betrachtete mich misstrauisch, nahm sie jedoch, und ich zog ihn hoch.
»Tut mir leid.«
»Ich nehme nicht an, dass Sie mir erklären wollen, was das gerade sollte – oder?«
»Das macht Kate immer, wenn sie zum ersten Mal mit jemandem kämpft«, meinte Cutter trocken. »Eine Erklärung dafür können Sie gleich vergessen.«
Ich lächelte geheimnisvoll und versuchte so undurchsichtig wie möglich zu wirken. »Verzeihen Sie mir?«
»Wenn ich mich weigere – versuchen Sie dann wieder, mich zu ertränken?«
»Ich glaube, Sie haben für heute genug Wasser abbekommen.« Zumindest hoffte ich das. Leider war ich nämlich auch schon einmal beim Weihwassertest übertölpelt worden. Doch in diesem Fall wollte ich dem Ergebnis Glauben schenken. David Long wirkte nicht wie ein Dämon. Er war vielleicht ein wenig seltsam, und ihn umgab irgendwie ein Geheimnis. Aber ein Dämon? Nein, das glaubte ich nun wirklich nicht mehr.
Vor allem wenn ich mir vorstellte, wie verblüfft er ausgesehen hatte, als ich ihm das Wasser ins Gesicht geschüttet hatte. Ich war mir recht sicher, dass ich David trauen konnte. Zumindest für den Moment. Aber trotzdem nahm ich mir vor, ihn nicht aus den Augen zu lassen.
Auf der Fahrt zu Timmys Kindertagesstätte dachte ich über Dämonen, David und die Tatsache nach, dass ich noch immer mehr Fragen als Antworten hatte. David Long mochte vielleicht kein Dämon sein, aber irgendetwas stimmte mit dem Mann nicht. Das spürte ich. Außerdem hatte ich nicht die leiseste Ahnung, mit wem die Dämonen aus dem Tartaros Kontakt aufgenommen hatten. Oder auch warum, was mir noch wichtiger erschien.
Alles in allem war ich nicht zufrieden. Ich hatte zudem das Gefühl, als ob mir nicht mehr viel Zeit bleiben würde, um noch etwas in Erfahrung zu bringen.
Als ich jedoch Timmy sah, vergaß ich völlig, worüber ich mir gerade den Kopf zerbrochen hatte. Er blickte von seinem Spiel auf, strahlte mich an und rannte in meine Arme. Ich wirbelte ihn durch die Luft, und mein Kleiner lachte schallend.
»Was habt ihr heute im Kindergarten gemacht?«, fragte ich ihn, während ich ihn im Auto anschnallte.
Schweigen.
Ich reichte ihm Boo Bear und wiederholte meine Frage. »Nichts, Mami«, sagte er und steckte sich den Daumen in den Mund.
Also schloss ich seine Tür, ging um den Wagen herum und setzte mich hinter das Steuer. Sobald wir uns auf der Straße
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