Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
jetzt eine entspannte und aufrechte Körperposition ein, legen Sie die Hände kurz auf den Bauch und atmen Sie etwas tiefer. Erlauben Sie sich dabei, weiter zu werden, bis Sie sich entspannt und offen fühlen.
2. In dieser wohltuenden Atmosphäre kontemplieren Sie folgende Fragen: Worauf bin ich zur Zeit neidisch, oder wem gegenüber erlebe ich Schadenfreude?
3. Lassen Sie diesen Ego-Aspekt eine Farbe annehmen. Nun stellen Sie sich vor, wie ein milder Energiestrom aus Ihrem Herzen fließt und diese Farbe einhüllt.
4. Dabei lassen Sie jene, die Sie beneiden oder denen Sie übelwollen, vor Ihrem inneren Auge erscheinen und erkennen die Vorzüge Ihres Gegenübers an. Dann lassen Sie, für einen Moment, Dankbarkeit, Achtung und Respekt für das Leben zu, wie es sich in beiden von Ihnen verwirklicht. Danach gehen Sie noch für einen Augenblick nach innen und werden ganz frei von allem.
Der Machtkomplex ist eine einschneidende Ego-Barriere, der nur schwer beizukommen ist, denn dominante Verhaltensweisen werden in unserer Ellenbogengesellschaft häufig positiv bewertet. Menschen, die ihre Ziele, auch gegen andere, durchsetzen können, gelten als starke Persönlichkeiten, werden bewundert und hofiert. Dadurch schwellen Selbstvertrauen, Sicherheit und die Überzeugung in die eigene Tatkraft weiter an. Offene Kritik und Zweifel werden dann aus der unterlegenen Position heraus noch seltener geäußert, wodurch sich die vermeintliche Unfehlbarkeit des Ego weiter verstärkt. Vordergründige Überlegenheit provoziert unterwürfige Haltungen, die Machtmissbrauch begünstigen. Abweichende Meinungen werden herablassend entwertet und die eigenen Interessen rücksichtslos durchgesetzt.
Ein Vorgesetzter bestrafte seinen leitenden Angestellten mit einem Verweis, weil er in einem Meeting kritische Argumente einbrachte. Merkwürdigerweise wurde er von ihm nach seiner Meinung gefragt. In der schriftlichen Mitteilung stand, dass er privat im Internet surfe. Von nun an bestätigte er immer die Ausführungen seines Chefs und enthielt sich differenzierender Kommentare.
Impulse, die die Machtposition relativieren könnten, werden misstrauisch bekämpft. Da nicht der evolutive Prozess, sondern die Festigung der persönlichen Autorität im Vordergrund steht, werden Autonomiebestrebungen geschwächt, Kontrollen ausgeweitet und die hierarchischen Verhältnisse durch manipulative Strategien gesichert. Bei Menschen, die von Machtbesessenen abhängig sind, steigt der Angstpegel, da sie Sanktionen fürchten, wenn sie von der vorgegebenen Norm abweichen. Der Machtkomplex zerstört Ressourcen, unterbindet Kooperation, blockiert Entfaltung und verhindert gegenseitige Wertschätzung. Koevolutive Prozesse, getragen von Würde, Respekt und Gemeinschaftssinn, bleiben auf der Strecke. Es werden Gewinner auf Kosten von Verlierern produziert. Die Machthaber fühlen sich einsam, stehen auf tönernen Füßen und verlieren authentische Stärke. Dieser Ego-Komplex wirkt unabhängig von der Größe des Umfeldes, ob in Politik, Familie, Unternehmen oder privatem Bereich. Stets sind Kontrolle, Misstrauen, Manipulation und Angst mit im Spiel. Das essenzielle Bedürfnis ist elementare Sicherheit, das vermeintlich nur durch Macht und Kontrolle gestillt werden kann. Wandlung kann deshalb nur gelingen, wenn man eigene Konzepte loslassen lernt und dem Geschehen mehr vertraut.
1. Nehmen Sie bitte wieder eine gute Reflexionsposition ein, atmen Sie bewusster tiefer und stellen Sie sich folgende Fragen: Wem gegenüber übe ich zurzeit Macht aus oder verhalte mich dominant?
2. Bitte spüren Sie auch kurz zum gegenteiligen Pol: Wemgegenüber unterdrücke ich meine wahre Meinung oder fühle mich gezwungen, Dinge zu tun, die ich nicht tun möchte?
3. Stellen Sie sich vor, wie Sie die Kontrolle über den anderen loslassen und gleichzeitig Vertrauen in seine Stärke empfinden. Dabei wächst auch die Achtung vor der Würde des anderen.
Genau hier ist es nun günstig, eine Ego-Variante anzuführen, die häufig übersehen wird, weil in ihr der gegenteilige Pol des Machtkomplexes aufscheint, also die Ohnmachtsposition. Damit verbunden ist auch die Strategie, sich kleinzumachen, abzuwerten und zu erniedrigen. Daraus erwächst die feste Überzeugung, nichts wert zu sein, nichts bewirken zu können oder machtlos zu sein. Das Ego wendet sich gegen die eigene Natur, zerstört die personale Integrität, verunglimpft vorhandene Potenziale und drängt aufkommende
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