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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvester Walch
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unerbetenes Schreiben bekam. Er teilte dann einem Freund, der ebenfalls zu der Gruppe gehörte, mit, dass sich jener sicherlich diese Aktivität bezahlen ließe. Daraus entstand das Gerücht, dass er die Hilfsgelder veruntreue, was eine staatsanwaltliche Prüfung nach sich zog.
    Verachtung versteckt sich in Abwertung, Verleumdung und Gerüchten. Dies kann dezent geschehen, wenn man beispielsweise in der Beschreibung eines anderen Menschen vorteilhafte Eigenschaften weglässt, Fehlerhaftes betont oder anstößige Details unmerklich einstreut. So kann ein bislang positives Bild plötzlich ins Negative kippen. Schattenprojektionen, Missgunst und unterdrückte Aggressionen sind gewöhnlich die Wurzeln von Geringschätzung. So, wie wenn der Nachbarin nach dem Besuch eines fremden Mannes eine sexuelle Verfehlung nachgesagt wird.
    Wenn ich nur zu Menschen, die mir für Karriere und Prestige wichtig scheinen, zuvorkommend und ehrerbietig bin, jedoch andere, die mir wenig nützen, ignoriere oder Ihnen arrogant begegne, so funktionalisiere ich Beziehungen. Nicht das Subjekt ist dann im Vordergrund, sondern das Begehren nach Macht und Anerkennung.
    Der Vernichtung von anderen liegt die Angst vor Bedrohung zugrunde. Erst wenn ich bemerke, dass die Angst vor Gefährdung die Wurzel meiner feindseligen Aktionen ist, kann ich diesen Ego-Aspekt transformieren. Dem essenziellen Bedürfnis nach Sicherheit kann durch die tragende Atmosphäre der Liebe und die segensreiche Wirkung des Mitgefühls am ehesten entsprochen werden. Wenn es gelingt, Verachtung in Achtsamkeit zu verwandeln, werden heilsame Wirkungen davon ausgehen.
1. Hier können wir uns mit den Fragen auseinandersetzen: Welche Menschen hasse ich, und wie drückt sich der Hass aus? Gibt es zurzeit Gerüchte, Verunglimpfungen oder Abwertungen, an denen ich mich beteilige? Wem gegenüber bin ich überheblich?
 
2. Schlüpfen Sie für einen Augenblick in die Haut Ihres Gegenübers und spüren Sie die Verletzung, die Sie verursachen. Dann gehen Sie bitte wieder in Ihre eigene Rolle zurück und nehmen Sie wahr, was Sie im Augenblick empfinden. Sollte es für Sie möglich sein, bitte ich Sie, für einen Moment Respekt und Achtung zum Ausdruck zu bringen.
    Wie schon vielfach betont, können Ego-Aspekte mit den hier beschriebenen Übungen nur dann aufgelöst werden, wenn sie nicht zu gravierend sind. Falls Sie erkennen, dass Strategien von Hass, Verachtung, Macht, Manipulation, Neid und Missgunst tiefer verwurzelt sind beziehungsweise frühen gravierenden Verletzungen entspringen, ist unbedingt eine Psychotherapie angezeigt. Bevor etwas losgelassen werden kann, muss es erforscht, akzeptiert und vielleicht sogar in einem geschützten Rahmen ausgedrückt werden.
    Dies gilt ganz besonders für den egomanischen Komplex, den wir nun näher beleuchten wollen. Er bildet die Nahtstelle zwischen spiritueller Übung und der unumgänglichen psychotherapeutischen Hilfe, weil der Übergang zu Persönlichkeitsstörungen fließend ist.
    Schon in der Umgangssprache werden Menschen mit selbstbezogenen Charakterzügen als egoistisch oder narzisstisch beschrieben. Das Ego beschäftigt sich vorwiegend mit sich selbst, möchte Blickfang sein und fortwährend im Mittelpunkt stehen. Dazu gesellen sich Größenfantasien, in denen man von anderen bewundert wird. Da eigene Bedürfnisse rücksichtslos durchgesetzt werden, fallen Kompromissbildungen besonders schwer. Gesprächsthemen werden selbstredend anderen vorgegeben und Entscheidungsprozesse dominiert. Menschen mit diesem Ego-Komplex verstehen es, unaufhörlich die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und ihrem Drang nach Bewunderung Ausdruck zu verleihen. In Diskussionen lassen sie Gesprächspartner nicht ausreden und weisen deren mögliche Einwände selbstherrlich zurück.
    Widersteht jemand dieser Verblendung, wird er mit Ignoranz bestraft oder fallengelassen. Beziehungen funktionieren nur nach diesem Muster, da die Bedürfnisse des Partners im Keim erstickt oder entwertet werden. Die Bereitschaft, sich in andere einzufühlen, ist nur unzureichend ausgebildet. Die Aktionen wirken oft übertrieben, selbstüberschätzend und maßlos, da die eigenen Vorgaben zum Maßstab werden. Sachlicher Kritik gegenüber reagieren egoistische Naturen äußerst empfindlich, währenddessen sie die kleinsten Fehler des Gegenübers heftig attackieren. Sie können auch Niederlagen nur schwer ertragen, denn sie werden als persönliche Beleidigung empfunden. Nichts zählt,

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