Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
Zur-Seite-Treten, In-die-Tiefe-Gehen und die Sinnvermittlung. Wenn Ansehen, Macht oder materielle Güter unwichtiger werden, werden wir konsequenter für eine bessere Welt eintreten können, indem wir uns mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Was könnte mein Beitrag für eine gute Welt sein? Wer könnte Unterstützung von mir gebrauchen? Wie kann ich zu Frieden und Ordnung beitragen?
Ältere Menschen, die trotz ihrer Verdienste Güte, Bereitschaft zum Verzeihen, Mitmenschlichkeit und Demut ausstrahlen, sind segensreich, großherzig, tolerant und integrierend. Sie sind gute Gastgeber und willkommene Gäste, hilfreiche Begleiter und Förderer. Ihre Anregungen sind klar, aber zurückhaltend und passen sich flexibel dem Gesprächspartner an.
Wenn die Signale der Lebensmitte ignoriert werden, kommt es zu einer doppelten Identität: die Fassadenpersönlichkeit oder das, was nach außen gezeigt wird, und eine unsichtbare Existenz, die mit ihren Schwächen und Unsicherheiten alleine ist. Mit dieser Schattenperson, die Süchte und Depressionen entwickeln kann, geht man oftmals erbarmungslos ins Gericht. Das verschärft die Krisendynamik so lange, bis man zusammenbricht und sich für eine Umkehr entscheidet.
Natürlich kann diese Dynamik auch andere Lebensabschnitte beherrschen, wenn man ohne Rücksicht auf Verluste seinen Willen durchsetzen möchte. Hinzuhören, was die unterschiedlichen Lebenssituationen mitzuteilen haben, bringt stets gute Früchte hervor.
Beispielsweise hat jemand seinen Urlaubsflug storniert, weil er von einem Wasserschaden heimgesucht wurde. Er blieb zu Hause und konnte so seiner kranken Mutter, deren Zustand sich plötzlich verschlimmerte, im Sterben beistehen.
Widrigkeiten des Lebens sind helfende Freunde, die uns auf etwas aufmerksam machen wollen. Wenn man hellhörig bleibt und nicht bloß die eigenen Vorstellungen durchsetzen möchte, wird die Getrenntheit überwunden und die Verbindung mit dem Leben tiefer. Auch minimale Fingerzeige können zu großen Wirkungen führen. So berichtete ein Klient, dass er stolperte und seine Stieftochter ihn auffing. Daraufhin nahm er sie zum ersten Mal richtig wahr, verbunden mit der Einsicht, dass er sie jahrelang abgelehnt und häufig unberechtigt kritisiert hatte. Er entschuldigte sich bei ihr und nahm sie endgültig als Tochter an.
Es können sich Glücksmomente einstellen, wenn wir über unseren Schatten springen. Wir sollten dem, was einfach geschieht, mit Interesse begegnen und es nicht dem Ego opfern. Das essenzielle Bedürfnis dieses Ego-Komplexes sind die Suche nach Vertrauen und die Freude an den eigenen schöpferischen Kräften.
1. Wenn Sie jetzt noch für einen Moment innehalten, um wahrzunehmen, welche Fingerzeige Sie in der letzten Zeit übersehen haben.
2. Falls Sie über fünfundvierzig Jahre alt sind, bitte ich Sie zu registrieren, ob Macht und Prestige wichtige Faktoren in Ihrem Leben sind.
3. Erinnern Sie sich an eine unangenehme Situation, die rückblickend positive Auswirkungen hatte. Danken Sie mit einer Geste oder einem Satz dem Leben dafür.
Hier erscheint es sinnvoll, sich die generelle Auswirkung von Ego-Komplexen vor Augen zu führen. Wenn der Mensch seinen egoistischen Neigungen zu sehr nachgibt, entfernt er sich von seiner Wesensnatur. Generell tendiert das Ego zur Desintegration und Separation, weil es die eigene Position, das Haben und Wollen, überbewertet. Das Verlangen rückt ins Zentrum des Bewusstseins und bindet die verfügbare Energie. Was davon abweicht oder dem zuwiderläuft, wird ignoriert und bekämpft. Die Dominanz des Ego verhindert so einen gesunden Ausgleich der Kräfte. Die einseitige Betonung dieser Triebenergie löst die Ego-Persönlichkeit vom Gesamtgeschehen ab. Diese Absonderung führt in eine leidvolle Sackgasse, ähnlich einer Suchtkrankheit. Das Suchtmittel beherrscht das Leben, so dass wichtigere Aufgaben in den Hintergrund treten. Diese Überidentifizierung engt die Wahrnehmung ein, und es bildet sich eine Illusionsblase. Sogar der Organismus wird davon überzeugt, dass er nur dann funktioniert, wenn das Verlangen gestillt wird. Je mächtiger der Einfluss des Ego wird, desto einseitiger werden Wahrnehmungsinhalte und Handlungsabläufe. Alles, was das Ego stören oder verunsichern könnte, muss demnach ausgesondert, verdrängt oder abgespalten werden. So bilden sich starre hartnäckige Vorurteile und unbewegliche Muster.
Das Gefühl der Getrenntheit ersetzt die Gewissheit, verbunden und
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