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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvester Walch
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auch die unauflösliche Verbundenheit mit dem Ganzen mit ein.
    Die Freude an Anerkennung, Wertschätzung und Liebe wirkt beglückend, wenn der Funke überspringt, über die eigennützigen Interessen hinausgeht und allen zur Verfügung steht.
    Die Verwirklichung der innewohnenden Potenziale dient der Transformation des Menschen und der kreativen Umgestaltung des Lebensraums in der Verantwortung für die Schöpfung. Aus dem Bewusstsein eines kraftvollen inneren Zentrums können Einfluss und Macht auf den Schutz des Lebendigen beschränkt werden. Der Mensch möchte wachsen und sich im Einklang mit der Evolution durch Differenzierung und Integration hervorbringen.
    Selbstaktualisation
    Das Selbst repräsentiert auch eine dynamische Kraft, die vorwärtsstrebt und zur Entfaltung der Persönlichkeit beiträgt. In unserem Inneren wirkt eine Energie, von der enorme Impulse und Wachstumsanreize ausgehen. Die implizite Tendenz zur Selbstorganisation, zur Emergenz höherer Zustände oder zur Autopoiesis wird längst als wachstumsleitendes Prinzip anerkannt, etwa in der Chaosforschung, in der Neurologie oder in natürlichen Körperprozessen.
    Denken wir nur an die Selbstheilungskräfte, die trotz der immensen Fortschritte in Medizin und Psychotherapie über jeden Zweifel erhaben sind. Wer an Grippe erkrankt ist, muss sich vor allem Zeit und Ruhe gönnen. Das Fieber verbrennt die schädlichen Eindringlinge, und durch die Bettruhe wird die dafür notwendige Energie aus dem Bewegungsapparat abgezogen. Ein verschleppter Infekt wird häufig mit monatelangen Schwächegefühlen bezahlt. Wenn der Selbstorganisation des erkrankten Körpers Steine in den Weg gelegt werden, um die Alltagstauglichkeit schnell wiederherzustellen, kommt es zu nachhaltigeren Störungen.
    Psychotherapeutische Verfahren sollten in ihrer Interventionstechnologie besonderes Augenmerk auf die Tendenz zur Selbstheilung legen. Angesichts der Hybris der Moderne, die glaubt, den Menschen nach ihrem Willen gestalten zu können, ist das gar nicht mehr so selbstverständlich. Der egozentrische Zeitgeist läuft Gefahr, die fachmännischen Kompetenzen im Vergleich mit der Selbstregulation zu überschätzen. So kann es sehr schädlich sein, jemanden, der herzzerreißend weint, darin zu unterbrechen, bevor es sich von selbst legt. Genauso ist es wenig hilfreich, autonome Körperreaktionen, wenn etwa der ganze Körper zittert oder sich schüttelt, gewaltsam zu unterbrechen. Solche Phänomene sind befreiend und reinigend, weil belastende Introjekte ausgestoßen werden. Das, was vor langer Zeit verdrängt wurde, meldet sich. Es möchte gesehen werden und daher sich vollständig zeigen. Wenn durch die Aufhebung von Abspaltungen unterdrückte psychische Energien frei werden, können Wunden heilen, und das bewusste Erleben des Selbst kann verbreitert werden. Durch eine achtsame und ermutigende Unterstützung der ablaufenden Prozesse gewinnt die Seele zusätzliche Spielräume und erneuert sich von innen her.
    Deshalb gibt es in solchen Situationen nur eine Intervention: Lassen Sie zu, was kommt; erlauben Sie sich, alles auszudrücken, was in Ihnen ist. Der Fluss muss in einem geschützten und freien Raum über die Ufer treten dürfen, um das Land fruchtbar zu machen. So können sich tiefsitzende Spannungen lösen und die darin eingeschlossenen Energien befreit werden.
    Insbesondere in der Arbeit mit veränderten Bewusstseinszuständen ist die Anerkennung der inneren Weisheit von hoher Bedeutung, weil die Selbstheilungskräfte mobilisiert und gleichzeitig die Wahrnehmungsschwellen gesenkt werden. Was für die Leib- und Seelenkunde gilt, ist für den spirituellen Weg unabdingbar, denn tiefe Seinserfahrungen sind nicht eigenmächtig herstellbar.
    Die spirituellen Übungen sollen einfach, ohne Erwartungsdruck, durchgeführt werden, bis die Regie des Selbst die Zeit für reif hält, ins metaphysische Bewusstsein durchzubrechen. Wenn das Selbst als Triebfeder der Entwicklung betrachtet wird, müssen die Potenziale, Fähigkeiten und Antriebe eines Menschen, aus denen Visionen hervorgehen, dort hinterlegt sein. Dabei ist es erforderlich, eine Unterscheidung zu treffen, die gar nicht so einfach ist. Visionen, die aus dem natürlichen Selbst und seinen essenziellen Wachstumsbedürfnissen hervorgehen, und solchen, in denen das Ego mit deformierten Selbst-Anteilen zusammenspielt.
    Fehlende Bewusstwerdungsprozesse, insbesondere bei unverarbeiteten traumatischen oder belastenden Lebensereignissen,

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