Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
Arzt war. Da mein Vater unter Alkoholproblemen litt, hatte ich nicht nur einen professionellen, sondern auch einen sehr persönlichen Zugang zu meiner Aufgabe, der ich mich dann leidenschaftlich widmete.
Es scheint so zu sein, dass dem Menschen Möglichkeiten mitgegeben werden, die sich realisieren oder vervollständigen möchten bzw. zur Realisation drängen. Dies ist aber nicht nur von der persönlichen Seite aus zu betrachten, sondern auch von einer universellen. Das Projekt selbst hat eine Anziehungskraft und möchte verwirklicht werden; unabhängig davon, wer daran beteiligt ist. Die Aufgabe ist im Universum, im großen Selbst deponiert, sie will sich manifestieren.
Lange bevor ich mein zweites Buch, Dimensionen der menschlichen Seele, in Angriff nahm, sah ich in einer tiefen Meditation den Umschlagentwurf. Erst als ich es zehn Jahre später in Händen hielt, erinnerte ich mich wieder daran. Interessant dabei ist, dass ich damals noch nicht vorhatte, ein Buch zu schreiben, und dass ich an der graphischen Gestaltung überhaupt nicht mitgewirkt habe. Anscheinend war es in mir und im universalen Raum potenziell vorhanden. Nun mussten diese beiden Attraktoren zusammenkommen. Gesteuert durch einen unerkannten Prozess, eine implizite Kraft des Selbst, die den eigenen Binnenraum überschreitet, wurde stillschweigend an dieser Möglichkeit weitergearbeitet. Unvermutet kam die Leiterin eines Verlagslektorats, die die Schwester eines damaligen Seminarteilnehmers ist, auf mich mit der Anfrage zu, ob ich nicht Lust hätte, über meine Arbeit ein Buch zu schreiben.
Eine unbewusste Formkraft, die kein Innen und Außen kennt, musste demzufolge diesem erfolgreichen Projekt beigestanden haben. Zur Dynamik der Selbstaktualisierung tragen also offene Gestalten, Visionen, Intentionen und die Ziehkräfte, die von dem Nutzen und der Ästhetik des möglichen Ergebnisses ausgehen, entscheidend bei. Der Emergenz höherer Zustände liegen selbstorganisierende Prozesse zugrunde, die sich aus unsichtbaren Korrelationen entfalten.
Wille und Intention
Die Tendenz zur Realisation potenzieller Energieträger braucht aber auf dem Weg zur Manifestation, wenn sie sich im Bewusstsein eines Menschen offenbart, eine eindeutige Bejahung. Wenn ein Ruf für eine Aufgabe aus dem Selbst erfolgt, muss ich mich dafür bewusst entscheiden und Ambivalenzen bewältigen, um sie fruchtbringend erfüllen zu können.
Als mir die Aufgabe des jetzigen neuen Buches angetragen wurde, setzte eine heftige innere Auseinandersetzung ein. Ich hatte nämlich andere Lebenspläne und wusste nicht, ob nun alte Muster heraufbeschworen wurden oder ob mir eine Aufgabe auferlegt wurde. Zunächst ist es wichtig, den Gegenstimmen respektvoll zu begegnen. So wollte ich das Leben gerne mehr genießen, häufiger Urlaub machen und Spaß haben. Dies wäre aufgrund meiner bisherigen Lebensgewohnheiten durchaus ein Fortschritt. So war die Frage berechtigt, ob neurotische Motive, wie der Wunsch nach Anerkennung oder die Sicherung des Überlebens, ausschlaggebend sind. In einer Kontemplation bekam ich die Antwort, dass nicht die Inhalte einer Aufgabe, sondern der Umgang damit darüber entscheidet, ob kranke Schemata wiederholt werden. Zweitens war es erforderlich, finanzielle Opfer zu bringen, da ich Seminare absagen musste. In einer weiteren Kontemplation wurde mir schnell klar, dass dies kein wirkliches Hindernis ist. Auch der Umstand, dass wiederum ein Verlagsvertreter Interesse an diesem neuen Projekt bekundete, bereinigte rasch die äußeren Bedenken. Plötzlich gab es einen Moment, als alle Überlegungen zu einem kräftigen »Ja, das mache ich« zusammenfanden. Eine ungeahnte Energie ging davon aus, so dass ich nicht mehr das Gefühl hatte, die Entscheidung nur für mich alleine zu treffen, sondern sie vollzog sich.
Nun stellte sich mir ein zweites Hindernis in den Weg. Stolz berichtete ich Kollegen, dass sich wegen meines letzten gelungenen Buches wieder ein renommierter Verlag für ein anderes Vorhaben an mich gewendet hätte. Durch meine spirituellen Übungen wuchs im Laufe der Zeit die Überzeugung, dass nicht das Ansehen, sondern die Aufgabe im Vordergrund stehen sollte. So begann ich, mir die Leserschaft vorzustellen und herauszufinden, welche Erkenntnisse über das Leben, die ich im Laufe der Jahre gewinnen durfte, diesen Menschen eine Hilfe wäre.
Der dritte wichtige Punkt ist der Wille, der bereit sein muss, fortwährend innere Widerstände zu überwinden. Jede
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