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Vom Geist der Dorsai

Vom Geist der Dorsai

Titel: Vom Geist der Dorsai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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Mannschaft, die sich aus Frauen zusammensetzte, Jer, den fünf Senioren und den jungen Team-Angehörigen, die ihre Konusgewehre und Ergschleudern in den Armbeugen hielten, mit auf den Boden zeigender Mündung, wie Jagdflinten.
    „Also gut“, wandte sie sich an sie alle. „Ihr wißt, was von euch erwartet wird, und ihr habt gerade mein Gespräch mit Arvid und Bill gehört …“
    Sie zögerte und überraschte sich dabei, daß sie irgendwie nicht die richtigen Worte fand, etwas, das ihr sonderbar erschien und völlig untypisch für sie war. Es gab etwas, das unbedingt ausgesprochen werden mußte, etwas, das sie schon seit langer Zeit auf dem Herzen hatte, das sie ihnen sagen mußte, bevor sie in den Kampf hinauszogen. Aber was auch immer es war, die entsprechenden Formulierungen wollten ihr nicht in den Sinn kommen. Ein Gleiter schwebte über die Hügelkuppe hinweg, die jener gegenüberlag, von der aus man auf Foralie hinabblicken konnte; er sauste ihnen mit Höchstgeschwindigkeit entgegen. Im Innern saß Reiko Kiempii, bewaffnet. Amanda sah, wie der Blick der jungen Frau für einen Augenblick von ihr abglitt und sich an die Gestalt Arvids heftete. Dann war Reiko heran, stoppte den Gleiter und sprang heraus.
    „Ich habe einen Anruf erhalten, kurz bevor ich das Haus verließ“, sagte sie zu Amanda. „Betta liegt in den Wehen – und diesmal ist es ernst.“
    „Danke“, gab Amanda zurück, ohne sich kaum ihrer Antwort bewußt zu sein.
    So plötzlich, als sei ein Schalter betätigt worden, lagen ihr jene Worte, nach denen sie gesucht hatte, auf der Zunge bereit. Mit dieser Nachricht fügte sich alles abrupt zusammen – ihre schweigende Liebe für Jimmy und Fal Morgan, die sie Zeit ihres Lebens empfunden hatte, all die Jahre des Kampfes ums Überleben, als die gesetzeslosen Söldner die neuen Siedlungen auf Dorsai heimgesucht hatten, das Ausschicken der jungen Männer jeder Generation, die in den Kriegen anderer Welten starben und im Kampfe jene Zahlungskredite erwarben, die all ihren Freunden und Verwandten auf Dorsai das Überleben überhaupt erst ermöglichten – so wie sie waren und zu sein wünschten.
    Wie sie waren.
    Das waren die Schlüsselworte. Sie hatten ein Recht darauf, so zu sein, wie sie waren – und es war ein Recht, das zu verteidigen alle Opfer wert war. Niemand sonst hatte diese rauhe Welt haben wollen. Aber sie hatten diesen Planeten zu ihrer neuen Heimat gemacht, sie, Amanda, und andere wie sie. Sie hatten ihr neues Zuhause mit eigener Hände Arbeit aufgebaut, mit ihrem Schweiß und Blute bezahlt. Es gehörte ihnen. Man liebt das, dachte sie plötzlich, was man selbst geschaffen hat – und in dem Maße, in dem man es geschaffen hat.
    Das war alles, was sie hatte sagen wollen. Aber als sie sich nun umsah und die jugendlichen Gesichter der jungen Gruppenangehörigen betrachtete, die erwachsenen Frauen anblickte, den alten Jer Walker … in diesen Augenblicken begriff sie, daß es nie notwendig gewesen war, den anderen das zu sagen. Sie wußten es bereits, vom Jüngsten bis zum Ältesten. Es gehörte zu ihrem Wesen, war in ihnen verankert, in Fleisch und Blut – so wie auch in ihr. Vielleicht hatten es noch nicht alle von ihnen gedanklich in Worte formuliert, so wie sie gerade – aber sie wußten es.
    Sie musterte sie. Und sie glaubte, inmitten ihrer lebenden Körper die Geister der Toten zu sehen – von Berthe Haugsrud, von Bhaktabahadur Rais, auch von Jimmy, die Seelen all der Toten anderer Haushalte, die für Dorsai gestorben waren, sowohl hier als auch auf fernen Welten. Sie erhoben sich wie die Berge um sie herum und warteten geduldig.
    Und es wurde ihr einer Offenbarung gleich bewußt, daß all jenes nicht von Bedeutung war – ihre persönlichen Schwächen, die Dinge, an denen es ihnen zu mangeln schien und die sie, Amanda, entweder von Geburt an besessen oder sich im Laufe der Zeit durch Erfahrungen angeeignet hatte. Sie hatte sich des Amandaismus schuldig gemacht und geglaubt, nur jemand, der genauso war wie sie, könne jene Qualifizierungsmerkmale aufweisen, die ihn dazu befähigten, auch nur eine Zeitlang jene komplexe Rolle zu übernehmen, die sie ein Leben lang gespielt hatte. Aber diese Vorstellung entbehrte jeder Grundlage. Die Tatsache, daß keine zwei Menschen genau gleich waren, hatte nichts mit dem Fakt zu tun, daß zwei Menschen in gleichem Ausmaß tüchtig sein konnten.
    Für jeden kam einmal der Zeitpunkt, an dem er das Fällen grundlegender Entscheidungen anderen

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