Vom Geist der Dorsai
überlassen mußte – und der Zeit selbst. Ein Zeitpunkt, zu dem sich herausstellte, daß Vertrauen entweder gerechtfertigt oder ungerechtfertigt war – zu dem es aber zu spät war, noch etwas daran zu ändern. Es lag nicht an ihr, für Betta die letztendliche Entscheidung über die Verwendung des Namens Amanda für ihr Kind zu treffen. Betta selbst mußte sich darüber klarwerden, so wie Amanda zu ihrer Zeit ihre eigenen Entscheidungen getroffen hatte – und so wie auch alle kommenden Generationen ihre eigenen Entscheidungen zu fällen hatten.
„Über was lächeln Sie, Amanda?“ fragte Reiko, die neben ihr stand und sie aufmerksam beobachtete.
„Es ist nichts“, gab Amanda zurück. „Überhaupt nichts.“
Sie wandte sich den anderen zu.
„Ich gehe als erste“, sagte sie, „sobald Arvid und Bill mit ihrem Team vier Minuten Vorsprung haben. Ihr anderen folgt mir jeweils zu zweit in einem Gleiter und aus verschiedenen Richtungen. Wir benutzen Bettas Niederkunft als Vorwand dazu, uns in Foralie zu treffen – das ist am überzeugendsten, auch wenn die Art unseres Motivs eigentlich keine Rolle spielt …“
Ihr Blick glitt über die einzelnen Gesichter hinweg.
„Ich zuerst. Dann Mene und Reiko. Die Reihenfolge der anderen Gruppenangehörigen können Sie selbst bestimmen. Bleiben Sie in unmittelbarer Nähe, und eröffnen Sie das Feuer nach eigenem Ermessen. Dringen Sie nicht ohne Aufforderung zum Lager vor, es sei denn, Sie erhalten von einem von uns, die wir vorausgegangen sind, einen entsprechenden Befehl. Das betrifft auch die Senioren: Sie bleiben bei Ihren jeweiligen Einsatzgruppen. Sollte hier alles schiefgehen, dann obliegt es Ihrer Verantwortung, Ihr Team abzusetzen, sich damit in die Berge zurückzuziehen und es vor der Auslöschung zu bewahren. Alles klar?“
Sie nickten oder bekundeten mit einem Murmeln, daß sie verstanden hatten.
„In Ordnung …“ Sie unterbrach sich, als sie aus den Augenwinkeln einen zitternden, roten Fleck wahrnahm – eine Fahne, die unmittelbar jenseits der Hügelkuppe kurz geschwenkt wurde, von der aus man auf Foralie hinabsehen konnte. „In Ordnung. Der Konvoi ist in Sicht. Ich schätze, er wird in etwa fünf Minuten die Heimstatt erreichen. Gehen Sie am Hang dort in Stellung und bereiten Sie sich auf den Aufbruch vor.“
Als sie mit den anderen zusammen dicht hinter der Hügelkuppe lag, blickte sie durch das Gras, das ihnen Sichtschutz gab, auf den Konvoi hinunter. Selbst für ihr Auge schien sich die Fahrzeugkolonne irgendwie schleppend fortzubewegen. Zumindest jener Teil von Arvids Information – daß die Soldaten des Konvois krank waren – schien zu stimmen. In Gedanken drückte sie die Daumen in der Hoffnung, daß der Rest von dem, was er ihr erzählt hatte, ebenfalls zutraf – doch sie konnte sich einer gewissen bösen Vorahnung nicht erwehren. Was die Anzahl der Gruppenangehörigen betraf, so war ihre Dorsai-Streitmacht den Truppen des Konvois und denen, die bereits in Foralie stationiert waren, im Verhältnis von fast fünf zu eins überlegen – aber wenn man bedachte, daß in diesem Fall Kinder gegen kampferprobte Soldaten antreten mußten, so wurde diese scheinbare Überlegenheit zu einer Farce. Es war schon schlimm genug, wenn erwachsene Zivilisten erfahrenen Soldaten gegenüberstanden …
Der Konvoi hatte das Haus nun fast erreicht. Amanda kroch zurück und stand hinter dem Kamm des Höhenzugs auf. Als sie hinüberblickte, sah sie, wie die letzten Dorsai-Soldaten des Stabs von Bill und Arvid bereits verschwanden: Sie würden sich nun durch das hohe Gras heranpirschen, um so nahe wie möglich an das Haus zu gelangen, bevor sie zum Angriff übergingen. Sie blickte prüfend auf ihre Uhr und zählte die Minuten ab. Als die vereinbarte Zeitspanne verstrichen war, gab sie den anderen Zivilisten ein Handzeichen und stieg in ihren Gleiter. Sie steuerte ihn über die Hügelkuppe hinweg und den Hang hinunter, direkt auf den einzelnen Wachtposten zu, der vor dem Lager mit den Gebäuden aus aufgeblähtem Kunststoffschaum auf der anderen Seite des Hauses Aufstellung bezogen hatte. Als sie ihn erreichte, war der Konvoi gerade einige Augenblicke zuvor ins Lager hineingefahren und hinter den Baracken außer Sicht geraten, und der Kopf des Wachtpostens war noch immer zur Seite gewandt, um den letzten Fahrzeugen nachzublicken. Sie hatte ihren Gleiter bereits gelandet, noch bevor er sich aufgrund des Motorengeräuschs zu ihr umdrehte. Er hob hastig sein
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