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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Mark?« Ich kam nicht dazu, weitere Details zu erläutern, denn Mark antwortete augenblicklich. »Deine Mutter ist vor einigen Jahren ganz plötzlich verstorben!«, entgegnete er. Mein Blick fuhr gehetzt, wie der eines Tieres, am Armaturenbrett meines Wagens entlang, dann stolperten meine Augen wieder nach oben, als könne ich Mark irgendwo in der Höhe des Rückspiegels wahrnehmen. »Sie lässt dich von Herzen grüßen. Ihre Liebe, die unendlich ist, umhüllt dich seit dem Tag, an dem sie gegangen ist. Wenn du dich darauf konzentrierst, spürst du es, Lea.« Mark schwieg. Doch am liebsten hätte ich ihm weiter Wort um Wort aus seinem Leib gesogen, den er nicht mehr hatte. »Deine Mutter bittet dich darum, deinem Vater mit Milde zu begegnen. Alles, was er sagt und was dich verletzt, verletzt ihn selbst am meisten. Er glaubt an die Dominanz der Macht und der Stärke. Er nimmt an, er müsse der Tonangebende sein, denn er kennt nichts anderes. Du weißt insgeheim, dass es anders ist, und deshalb bist du die Stärkere. Du wirst einen Weg zu ihm finden, denn er braucht dich. Allein deshalb ist er bei dir.« Ich schwieg lange, nachdem Mark mir diese Informationen über die Gefühlsebene mitgeteilt hatte. Ich schaffte es gerade so, meine Tränen zurückzuhalten, denn ich spürte ganz unmissverständlich nicht nur Marks Anwesenheit, sondern auch die meiner Mutter. Sie saß neben mir auf dem Beifahrersitz, den ich immer frei hielt und streichelte mir besänftigend übers Haar. Wie sehr hatte ich ihre weichen, warmen Hände vermisst, all die Jahre. Ich hatte sie sehr geliebt und es ihr, als sie noch lebte, viel zu selten gesagt. Warum bloß? Ich ließ die wenigen Tränen, die aus meinen Augen rannen, auf meinen Wangen trocknen.
    »Was ist mit der Liebe?«, wollte ich von Mark wissen, endlich bereit, ihm auch bei diesem Thema zuzuhören.
    »Sie ist der Schlüssel zu allem, Lea. Doch alles geschieht freiwillig, denn der freie Wille ist unantastbar.«
    Ich schloss meine Augen und hörte draußen leise den Wind rauschen. Ich hatte Kontakt zu meiner Mutter aufgenommen, wenn auch nur für einen kurzen Moment. Doch in diesem Augenblick hatte ich mich so viel besser gefühlt als die Monate zuvor. Als Psychologin wusste ich, dass nur zählte, wie man sich fühlte. Es waren Momente, auf die es ankam. Dass man ruhig atmen konnte. Sich sicher wähnte. Dass man sich zu lachen traute und beizeiten übermütig war. Ein erwachsenes Kind unter lauter Versteinerten. So drückte ich es gern aus.
    »Die Liebe ist dein Thema, Lea. Beruflich und privat. Ich kann dir dabei helfen, einen Weg zur wirklich existierenden Liebe zu finden. Der Liebe, die alles umfasst«, schlug Mark mir vor. Es klang wie eine Freikarte ins Paradies.
    »Die Liebe ist oft genug eine Sackgasse«, brach es aus mir heraus, während ich ein weiteres Mal an meine Enttäuschungen dachte, die aus der Liebe hervorgegangen waren. »Meistens verursacht Liebe doch nur Ärger. Versteht ein Geist wie du so etwas überhaupt?«
    Ich nahm draußen plötzlich ein planenverhängtes Baugerüst wahr. Der Wind fuhr hinein und drückte die Plane vor dem Gerüst nach innen. Es sah aus, als schmiege sie sich ans Haus. ›Selbst die Plane liebt das Baugerüst‹, durchzuckte es mich.
    Mark lächelte und es fühlte sich so an, als wickle er mich damit in ein feuchtes, kühlendes Tuch, das in Momenten, wenn draußen der klebrige Wind vorbeizog, nur zu angenehm war. Ich merkte, wie mir leichter wurde, und entspannte mich. Mein Wagen stand auf einem Parkplatz, während ich mit einem Geist kommunizierte, den ich nicht kannte, der mir aber Zugang zu meiner Mutter gewährte. Ich hatte sie neben mir gespürt. Auf dem Beifahrersitz meines Wagens. Ob ich nun zehn Minuten früher oder später bei Frank eintraf, wen interessierte es und was spielte es für eine Rolle, angesichts dessen, was hier gerade vorging. Die Zeit schlich sich plötzlich aus meinem Wagen und nichts blieb übrig, außer Mark und tausend Fragen, mit denen ich ihn am liebsten überfallen hätte.
    Doch ich legte den ersten Gang ein, parkte geschickt aus und fädelte mich, vom zweimaligen Benutzen meiner Hupe unterstützt, energisch in die Autoschlange ein. Ich war fest entschlossen, mich den Dingen zu stellen.

Neun

    Noch während der Fahrt rief Frank an und teilte mir mit, dass ich zur Lohmann-Villa kommen solle. Er selbst und zwei Kollegen seien bereits dort.
    Ich drehte um und fuhr stadtauswärts, bereit, Almut erneut

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