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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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kannte sie mich bisher nicht. Sie lächelte vorsorglich und antwortete in normal klingender Stimmlage: »Er wurde reingelassen. Von mir.«
    Ich nahm ihre Bereitschaft mitzumachen an und stellte die nächste Frage.
    »Weshalb? Kannten Sie ihn etwa?«
    »Nein, aber Friedrich hatte ihn angekündigt.«
    »Sie lassen einen Wildfremden in Ihre Millionenvilla? Sind Sie immer so gutgläubig?«
    Almut ließ die Arme in den Schoß fallen, dann wuchtete sie ihre Beine aus dem Bett und ließ sie einen Moment in der Luft baumeln. Sie sah mich wieder an, als wären wir Freundinnen, die sich zum Kaffee oder zum Kinobesuch verabredet hatten. Keine Spur von Rivalität. Es war ein imposantes, erneutes Kräftemessen zwischen uns, dem sie sich, das musste ich ihr zugute halten, ohne Wenn und Aber stellte.
    »Mein Mann hatte einen Boten mit einer wichtigen Akte angekündigt. Wir wollten am nächsten Tag für einige Tage ans Meer fahren. Er hatte vor, die Unterlagen mitzunehmen.«
    »Wenn Ihr Mann sowieso nach Hause kommen wollte, wie wir beide wissen, denn sonst wäre er nicht hier in seinem eigenen Haus kurz darauf erschossen worden, wieso hat er die Unterlagen dann nicht selbst mitgebracht?«
    »Weil sie beim Steuerberater lagen, er aber in der Firma war. Für ihn wäre es ein Umweg gewesen, dort vorbeizufahren.«
    »Welchen Inhalts waren die Papiere?«
    »Vertraulichen Inhalts.« Almut sah mich geradeheraus an, kein Hinweis auf Unsicherheit in ihrem Gesicht. Nichts an ihr begann sich unruhig zu winden. Ihre Stimme klang weder aggressiv noch defensiv, irgendwas dazwischen. Sie nagelte mich mit einem Blick fest und hielt ihn im Gewöhnlichen. Zumindest machte ich ihr die Freude und tat so, als nehme ich es ihr ab.
    »Außerdem«, sprach Almut weiter, »das kurze Intermezzo zu Hause konnte Friedrich nicht vorhersehen. Das stand nicht in seinem Terminplaner.«
    Ich stieg darauf ein, gespannt, was sie mir bieten würde. »Was hatte ein viel beschäftigter Mann wie Friedrich Lohmann plötzlich in seinen eigenen vier Wänden zu suchen? Am helllichten Tag?«
    »Ich hatte ihn angerufen und ihn gebeten, mich zu bumsen.«
    Ich sah einen Moment pikiert zu Boden, verärgert über mich selbst. »Tja, verstehe«, meinte ich nur und schwieg dann. Sex zwischen Almut und Friedrich Lohmann schien zwar ausgemacht – wie auch immer man so etwas minutiös planen und danach erfolgreich umsetzen mochte –, dazu kommen sollte es dann aber nicht mehr. Eine absurde Situation, wenn man stattdessen einem Pistolenlauf entgegensehen musste, dachte ich mir.
    »Wie sah er aus? Der Mann, dem Sie die Tür öffneten?« Ich ließ ihr keine Zeit zum Nachdenken, sondern schoss meine Frage kurz und präzise ab. Almut war eine kluge Taktikerin. Ich würde mich anstrengen müssen, ihr beizukommen. Aber das machte mir nichts aus. Ich war mit einem robusten Ego ausgestattet, wenn’s ums Berufliche ging.
    Ein letzter Lichtschimmer stahl sich von draußen zu uns hinein und ließ Almuts Gesicht wie in Bronze gegossen erscheinen. Unten im Parterre hörte ich Norma hantieren. »Warum lassen Sie eigentlich nicht die Alarmanlage reparieren oder gleich austauschen?« Die Frage lag mir schon lange auf der Zunge. Ich spürte regelrecht ihren Geschmack im Mund.
    »Friedrich und ich wollten immer ganz gewöhnlich leben. Wir hassten dieses ganze Tamtam, von wegen Wohl und Sorge um Leib und Leben.« Ihre Antwort kam mir derart makaber vor, dass ich schon glaubte, sie wolle sich über mich oder sogar über sich selbst lustig machen. Aber das tat sie offenbar nicht. Sie hatte sich in eine fragwürdige Normalität hineingeredet, die ihr keiner abgekauft hätte, außer mir, die ich als Psychologin an die seltsamsten Argumentationen gewöhnt war. »Friedrich meinte, es bedeute Schutz, wenn man nicht an Überfälle denkt. Wer sich nicht mit Schutzmaßnahmen und all dem Zeug beschäftigt, kriegt auch nichts ab.« Almut sah mich mit einem Blick von fragwürdiger Euphorie an. »Das Ganze war wohl Blödsinn. Aber auf einen Versuch kam’s uns an.«
    Normas ansonsten federnd-unhörbare Schritte schleppten sich heute mühevoll die Treppe hinauf. Ich hörte, wie sie an der Balustrade stehen blieb, um was zu tun?
    »Die Spurentechniker haben keine brauchbaren Fingerabdrücke im Haus gefunden. Nur die Ihres Mannes, Ihre, Frau Lohmann, die der Haushälterin und des Gärtners. Und auch sonst war nichts zu entdecken. Keine Fluse, kein Hauch von irgendwas. Ich frage mich, wie ist das möglich?«
    »Er trug

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