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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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ich hab da so ein Gefühl.«
    »Fängst du an, deine Intuition zu trainieren wie deine Muskeln im Fitnesscenter, die du für Carmen und sonstige weibliche Nachtische brauchst?«, scherzte ich.
    »Frauen sind bei mir immer als Hauptgang gemeint, Lea. Was anderes hab ich nie behauptet. Aber jetzt mal ernst. Dieser Bogdan, Serbe aus Belgrad, hat bei Lohmann in der Buchhaltung gearbeitet und ist eines Tages verschwunden. Einfach so, ohne erkennbaren Grund und ohne Hinweis auf ein Verbrechen. Ich hab mal alle auf ihn angesetzt, um möglichst schnell fündig zu werden. Der Kerl hat sich ausgepustet wie `ne Kerze. Kam wie ’n Geist aus der Flasche daher, praktisch aus dem Nichts. Gut, das Nichts war für ihn sein Vorleben in Serbien. Heuert dann mal eben, nach Pantomime und so ’nem Zirkus, bei Friedrich Lohmann an. Ist bei allen beliebt, bei den Ladies sogar heiß begehrt. Der Typ Schokosahnebecher bei dreißig Grad Außentemperatur. Da greift doch jede zu.« Frank hatte seinen Bericht ohne Punkt und Komma beendet.
    »Hast du Hinweise? Irgendeine Spur von ihm?«, fragte ich brennend interessiert.
    »Pulverkaffee, Lea. Nichts, was uns schmecken oder bekommen würde. Er ist wie ausradiert. Ich sag doch, der Geist aus der Flasche, der wieder in selbige zurückgekehrt ist. Nur, wo steht die Flasche, in der wir ihn finden können …?«
    »Das wissen wir vielleicht bald, Frank!«, deutete ich an.
    »Ach, und wieso?« Er horchte auf, als ginge es um ein Date mit einer seiner Traumfrauen: einer Frau, blond, mit prallem Vorbau und aufgeschlagener Bettdecke, auf dem Nachttisch eine Auswahl Kondome.
    »Dolly Österreich. Der Dachboden-Liebhaber. Erinnerst du dich daran?«
    »Den Fall kennt doch jeder in der Branche.« Frank schien nicht zu begreifen, worauf ich hinauswollte.
    »Bogdan könnte der neue Attic-Lover sein. Der von Almut Lohmann.«
    »Lea, mach keinen Scheiß. Hebel mir nicht den Rest Verstand aus dem Hirn.«
    »Würde mir nie einfallen«, entgegnete ich und grinste die Bäume in der Straße an. Bevor ich genauer werden konnte, gab mein Akku den Geist auf und Franks Stimme verschwand aus meiner Realität wie jener Bogdan Ivanovic von der Bildfläche des Lohmann-Imperiums. Ich schickte einen kurzen Fluch durch die Allee, drehte um und verbarg mich für einige Augenblicke im Park der Lohmanns. Hinter üppig wuchernden Hortensien, die in trauter Nachbarschaft mit einem roten Ahorn und einer Trauerweide lebten, überlegte ich, wie ich zurück ins Haus kommen sollte, ohne dass es Almut auffiel.

Sechsundzwanzig

    Ich hielt mich in einem kaum einsehbaren Teil des Lohmann-Parks auf. Während ich es mir auf dem Ast eines Baums bequem machte, ging mir alles Mögliche durch den Kopf. Zuerst der befremdende Blick, mit dem Almut mich keine anderthalb Stunden zuvor gestreift hatte. Ihre Augen hatten mein Gesicht regelrecht unter Beschuss genommen. Als sie es bemerkte, eine Spur zu spät, ging sie an eine rasche Korrektur und schickte dem Beschussblick einen normalen hinterher, den ich ihr sowieso nicht abkaufte. Was war nur los mit ihr, grübelte ich zum wiederholten Mal.
    War sie tatsächlich darangegangen, das Leben jener Deutsch-Amerikanerin nachzustellen, die 1961 in Los Angeles gestorben war und die ohne Schranken und ohne Limit gelebt hatte? Hatte sie sich Bogdan Ivanovic ins Haus geholt, als Liebhaber, als Mann neben dem eigenen, und hatte Friedrich Lohmann tatsächlich nichts davon mitbekommen? Schon früher war Almut ein Mädchen ohne Grenzen gewesen. Sie hatte Vollgas gegeben und im freien Fall gelebt und genau das hatte sie so verführerisch für uns gemacht. Die Vorstellung, dass sie einen viel beschäftigten Erfolgstypen, der kaum Zeit für Privates abzweigte, heiraten würde, wäre mir nie gekommen. Das entsprach ihr nicht. Zumindest nicht in meiner Vorstellung von ihrer Zukunft. Aber natürlich wurde man im Lauf der Jahre ruhiger, man wurde erwachsen. Wenn Friedrich Almut irgendwann zu langweilig geworden war, hätte es eine Scheidung auch getan. Almut hätte sicher eine ansprechende Abfindung bekommen, um sorglos weiterzuleben. Doch als ich versuchte, mich in Bogdan hineinzuversetzen, kam mir ein Gedanke. Ein Mensch, der nie Erfolg zu schmecken bekommen hatte, könnte es unter Umständen auf Friedrichs Firma abgesehen haben. Zwei Fliegen mit einer Klappe. Die Frau, die man liebte, an sich binden, auch öffentlich, und eine Erfolgsfirma führen, in der man ohnehin schon gearbeitet hatte und in der man sich ein Stück

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