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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Handschuhe. Solche, wie Ärzte sie tragen.«
    »Wie sah er denn aus? Größe, Haarfarbe, besondere Merkmale?«
    Norma konnte sich anscheinend nicht dazu durchringen, weiterzugehen und wuchs an der Balustrade fest wie ein Kaugummi an eleganten Stilettos nach einem kräftigen Schritt.
    »Keine Ahnung. Mittelgroß, unauffällig. Er trug eine Maske.«
    »Wie sah die aus, die Maske?«
    »Wie diese altmodischen Skimützen, die lediglich Löcher für Augen, Nase und Mund frei lassen.«
    »Farbe?«
    »Weiß ich nicht mehr. Schwarz, grau, dunkelblau.«
    »Geruch!«
    »Unauffällig.«
    »Wie unauffällig? Jeder riecht doch nach irgendwas. Parfüm, Seife, Aftershave, Schweiß, Essensgerüche? Versuchen Sie sich zu erinnern.« Ich gab nicht nach. Irgendwann musste sie einen Fehler machen und dann wäre ich zur Stelle.
    »Vielleicht hatte er, bevor er mein Leben in Unordnung bringen wollte, geduscht? Was weiß ich! Er roch nicht parfümiert, nicht nach Schweiß, auch nicht nach Essen oder so. Unauffällig, wie ich schon sagte.«
    »Was hatte er an?«
    »Jeans, weißes Hemd, kein Gürtel.«
    »Das ist Ihnen aufgefallen?«
    Sie nickte. »Die Hose rutschte manchmal nach unten. Nicht viel, nur ein kleines bisschen. Ein Gürtel hätte geholfen.«
    Sie hatte Nerven.
    »Jetzt mal vom Gürtel abgesehen«, fing ich an und grinste ungewollt, weil Almuts Gürtelhinweis einfach irre war. »Wie erklären Sie es sich, dass nichts gestohlen wurde? Für uns ergibt das keinen Sinn. Niemand wird grundlos überfallen und schon gar nicht grundlos ermordet.«
    »Ich weiß es nicht.« Almuts Stimme hatte einen Ton angenommen, als müsse sie damit etwas wegätzen. Einfach schauerlich. Sie reckte ihren Kopf aus den Laken, als wäre ich vor ihren Augen geschrumpft. Einen Moment saßen wir in Stille vereint da. Selbst von Norma war kein Laut zu hören. »Vielleicht ist er einfach nur in Panik geraten, als Friedrich ins Haus kam.«
    »Sie meinen, er könnte es nur auf Sie abgesehen haben?«
    »Ich hab etliche Männer zurückgelassen, als ich Friedrich heiratete. Nicht immer auf die feine Art. Könnte doch sein, dass einer von denen es auf mich abgesehen hatte.«
    »Sie sprechen von einem Psychopathen, der sich an Ihnen rächen wollte, um einen Teil Ihrer gemeinsamen Geschichte zu verarbeiten? Hat einer Ihrer Verflossenen etwas Derartiges angedeutet? Hat jemand je eine Drohung ausgesprochen? Selbst die kleinste Kleinigkeit könnte uns helfen.«
    »Nein, niemand hat etwas Derartiges anklingen lassen.« Almut seufzte und ich schüttelte den Kopf. »Sie sind seit über zehn Jahren verheiratet, Frau Lohmann«, presste ich hervor. »Weshalb hätte ein ehemaliger Liebhaber, einer, der sich zutiefst getroffen fühlte und in eine Psychose schlitterte, so lange mit seiner Rache warten sollen? Nein, an diese Geschichte glaube ich nicht.« Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen und unterdrückte ein Gähnen, das mir im Magen lag. An der Tür klebten Normas kleine Finger fest und versuchten schließlich ein leises Klopfen. Almut antwortete unvermittelt: »Jetzt nicht, Norma. Später!« Mit Almut und mir, das war ein seltsam zu erzählendes Kammerspiel. Nach einer Zeit der Verweigerung antwortete sie mir nun endlich. Sogar prompt und aussagekräftig. Doch ihre Worte hinterließen keine Spuren. Zwar wirkte nichts einstudiert, das nicht, trotzdem konnte ich das, was sie sagte, nicht mit Bildern zusammenfügen und so ein Ganzes werden lassen. Alles blieb Fragment. Sogar wenn ich ihre Antworten in meinem Kopf rasch sezierte und überprüfte, kam nichts dabei heraus als heiße Luft, die gleich verpuffte.
    Almut hatte sich wieder ins Bett gelegt, die Beine feinsäuberlich nebeneinander, die Decke halb darüber gebreitet. Ihre von seltsamen Schatten bewachten Augenlider blickten mir entgegen. So saßen wir da, schweigsam und angespannt, während ich darüber nachsann, was ich noch einsetzen könnte, um sie zu knacken. Nach einer Weile fiel mir etwas ein. Es wäre gewagt und auch nicht mit Frank abgesprochen. Ich würde im Alleingang und ohne Rückendeckung arbeiten. Aber es wäre eine Möglichkeit. Meine Muskeln spannten sich an, als ich mir vorstellte, wie es wäre, die Nacht in der Villa zu verbringen. Ich lächelte zu Almut hinüber, um sie in Sicherheit zu wiegen. Ich hatte mich dazu durchgerungen, hierzubleiben. Mit nichts außer meiner Angst als Begleiter.

Fünfundzwanzig

    Ich hatte gerade das Haus verlassen und schritt durch den Park, als mein Handy läutete. Es

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