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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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nicht, wenn sein Name in Zusammenhang mit etwas Negativem fiel. Auch wenn er, wie im Fall Bogdan, gar nicht wirklich was damit zu tun hatte.«
    »Und auf die Idee, dass Bogdan tot sein könnte … Ist da keiner drauf gekommen?«
    Irene schüttelte vehement den Kopf. »So einer wie der fällt immer wieder auf die Füße. Der lebt. Und wenn er tatsächlich irgendwo als Leiche geendet ist, hätte man ihn schließlich irgendwann finden müssen, oder etwa nicht, Herr Kommissar?«
    »Weibliche Intuition, nehme ich an. Der Tipp, dass Bogdan noch lebt?« Irene Rudik unterdrückte ein Nicken und lächelte zustimmend. Er nahm ihr sogar ab, dass sie auf ihr Gefühl vertraute. Verdammte weibliche Intuition, die würde er manchmal zu gern auch für sich in Anspruch nehmen. Aber an dieser seltenen und irgendwie auch seltsamen Gabe mangelte es ihm seit jeher. »Dann werde ich mich mal an die Sache ranhängen. Vielleicht finde ich diesen Bogdan. Falls ich das hinkriege, konfisziere ich mit Vergnügen Ihr Sparschwein und lade Sie selbstverständlich als Erstes zum Inder, Italiener, Griechen, Japaner oder Chinesen zum Essen ein.«
    »Sorry. Weder noch. Sie sind kein Einzahler, außerdem sind Sie Profi. Sie fallen durch den Rost.«
    »Kommt mir bekannt vor, Frau Rudik. Viel zu bekannt. Trotzdem, nichts für ungut und danke für Ihre Informationen. Ich melde mich, wenn ich noch was brauche.«
    Irene Rudik stand auf und verabschiedete Hauptkommissar Kastein wie einen seltenen Staatsgast. Mit einstudiert wirkendem Lächeln, das ihre makellosen Zähne bloßlegte, und einer plötzlich unangreifbaren Ausstrahlung, die sie für die Politik ausgezeichnet hätte, hielt sie ihm die weiche Haut ihrer Hand entgegen. Nachdem er davon gekostet hatte, holte Frank seine Zigaretten aus der Jacke, klemmte sich eine Weiße zwischen die schmalen Lippen, deutete die Geste eines freundschaftlichen Nickens an und verließ das Büro. Er hatte nichts Wichtiges herausgefunden außer, dass alle auf diesen verdammten Bogdan scharf gewesen waren. Er würde sich die Akte aus der Personalabteilung holen und sich an den Kerl ranhängen. Wer war schon so meschugge, viertausend Euro auf einen Verschwundenen zu wetten? Sicher hockte der Typ gerade irgendwo rum und wusste noch nicht mal, wieviel er wert war.
    Frank schlenderte inzwischen mit der Akte unterm Arm den hell erleuchteten Gang entlang, stieg an der Stirnseite des Gebäudes in den gläsernen Aufzug und fuhr ins Erdgeschoss. Draußen presste ihm die heiße Luft die Stimme aus dem Kehlkopf. Er zog die Zigarette aus dem Mund und steckte sie zurück in die Packung. Dann schlug er die Akte auf und warf einen Blick hinein. Dieser Bogdan begann ihn zu interessieren.

Dreiundzwanzig

    Ich hatte die Straßen des Nobelvorortes, wo Almut residierte, wie ein Bettler auf der Suche nach Almosen abgesucht, aber nichts zu fassen gekriegt. Alles, was ich gebraucht hätte, wäre ein Hinweis aus der Nachbarschaft gewesen. Es war zwar unwahrscheinlich, aber nicht gänzlich ausgeschlossen, dass jemand gesehen hatte, wie ein Mann aus dem Haus gekommen war. Die Schüsse, die abgefeuert worden waren, hätte ebenfalls jemand hören können oder sonst etwas Verdächtiges hätte bemerkt werden können. Vielleicht hatte sogar jemand zufällig beobachtet, wie Almut dem Mörder ihres Mannes bereitwillig die Tür öffnete. Doch außer einigen völlig unbrauchbaren Nichtigkeiten, die mir mit argwöhnischem Unterton entgegengebracht worden waren – (»Jetzt wo Sie fragen, klar hab ich was gehört, aber ob das ein Schuss war? Da war dieser Mann, ach entschuldigen Sie, das war nur der Postbote.«) –, hatten meine Befragungen nichts gebracht. Wenn es um zwischenmenschliche Wechselwirkungen, um dubiose Verhältnisse oder seltsame Konstellationen ging, schien hier jeder taub und blind zu sein. Hier schwieg man. Es war die Krankheit der feinen Gegenden. Trotzdem hatte ich es auf einen Versuch ankommen lassen.
    Wie ich so durch die Straßen irrte, fiel mir wieder mein Sehnen nach Objektivität ein. Diesem seltsamen Begriff war ich seit Beginn meines Studiums auf der Spur wie ein ausgebildeter Jagdhund einem Fuchs. Aber was war das schon, Objektivität, Wahrheit, Gerechtigkeit? Alles Worte, die für die meisten von uns zu groß waren.
    Wenn ich an Mark dachte, sah ich jemanden vor mir, der die Arme für mich öffnete, um mich in seinen Lichtkreis hineinzuziehen. Marks Sinnen schien allein darin zu bestehen, mich vor allem zu schützen, was wehtun

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