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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Streifenlicht bis zum Eingang des Büros. Alle Türen, die vom Zentrum des Kellers abgingen, waren ordentlich verschlossen. Doch hinter einer dieser Türen spielte sich etwas ab, das ich mir nicht erklären konnte. Etwas Verrücktes, angesichts Almuts momentaner körperlicher und seelischer Verfassung. Etwas, das mich ihrer Geschichte und dem Tod ihres Mannes einen gewaltigen Schritt näher bringen würde. Ich musste mich nur noch trauen, nachzusehen.

Neunundzwanzig

    Mitten in diese prekäre Situation platzte Mark. Ein Retter, nach dem man nicht rufen konnte, der aber kam, wenn er es für richtig hielt. Ich hatte irgendwann wieder mit ihm gerechnet. Am ehesten in einer ruhigen Stunde, während einer Autofahrt, einer Grübelei oder nach einem Streit mit meinem Vater. Doch mitten in den Ermittlungen eines Mordfalls bestimmt nicht.
    »Lea! Ich bin’s«, flüsterte er. Mark!« Ich fasste mir ans Herz. »Du hast mich zu Tode erschreckt.« Meine Hand suchte sich in einem Reflex einen Weg über die Stirn. Ich spürte, dass meine Finger auf der verschwitzten Fläche unterhalb des Haaransatzes festklebten.
    »Tut mir leid. Das wollte ich nicht. Wir müssen miteinander reden.«
    »Das ist der völlig falsche Zeitpunkt. Ich muss dringend nachsehen, was sich im Keller abspielt, Mark.«
    »Lass es bleiben. Es könnte gefährlich werden«, hob Mark warnend an. »Du könntest sogar deinen Körper verlieren, Lea.« Ich musste plötzlich daran denken, dass das Leben viel zu oft eine verplante Angelegenheit war, ohne Möglichkeit auszuscheren. Doch diesmal lag es an mir. Ich konnte mich entscheiden. Ich hatte die Wahl.
    »Na und?«, sagte ich trotz besseren Wissens. »Ich hab von dir gelernt, dass es nicht unbedingt auf einen Körper ankommt. Lebt sich doch ganz gut ohne.« Es klang sarkastisch und im Grunde meinte ich es gar nicht ernst. Ich wollte mir selbst nur nicht eingestehen, wie viel Angst ich vor dem hatte, was vor mir lag.
    »Deine Zeit ist noch nicht gekommen, Lea. Nimm meinen Rat an und verlass das Haus. Geh nicht mit dem Verstand vor, sondern benütze deine Intuition.«
    »Was spielt sich da unten ab? Wenn du etwas weißt, sag es mir«, verlangte ich energisch.
    Doch anstatt mich mit näheren Informationen zu versorgen, schwieg Mark. »Meine Güte, du bist so hilfreich wie’n Traumschuh in der falschen Größe.« Kaum hatte ich den Satz ausgesprochen, da fiel mir auf, wie verrückt er sich für einen Toten anhören musste. »Hör zu, Lea«, begann Mark. »Ich hab mit Friedrich Lohmann gesprochen.« Ich spürte, dass er felsenfest hinter seinen Aussagen stand, denn da war kein Zögern oder eine letzte, hastige Überlegung, wie ich es von anderen kannte. Ich hockte auf Friedrich Lohmanns akkurat aufgeräumtem Schreibtisch und spürte, wie sich meine Muskeln anspannten.
    »Du hast mit einem Toten gesprochen?«, brachte ich irritiert heraus. Ich schüttelte den Kopf.
    »Du hättest ebenso gut mit ihm reden können«, meinte Mark leichthin.
    »Und wie sollte das gehen? Ich lebe und Friedrich Lohmann ist tot «, fasste ich es zusammen.
    »Über die Gefühlsebene kannst du mit jedem Menschen Kontakt aufnehmen. Auch mit solchen, die ihren Körper bereits abgelegt haben«, erwiderte Mark, als hätte ich zuvor eine unstatthafte Frage gestellt.
    Ich spürte meinen Hintern, aber vor allem das dünne Fleisch unter den beiden Sitzhöckern, die sich auf der harten Fläche von Friedrich Lohmanns Schreibtisch nicht besonders wohl fühlten. Was Mark erzählte, klang ganz danach, als habe er mit dem toten Friedrich ein Bündnis gegen die Welt geschlossen. Zumindest gegen die materielle, die ich kannte.
    »Bitte sag mir, was du herausgefunden hast, Mark«, flehte ich geradezu. »Almut ist da unten und vermutlich ist jemand bei ihr. Ich vermute, es ist der Mann, der sie so übel zugerichtet hat. Er heißt Bogdan. Könnte sein, dass bei ihm jeden Moment die Sicherungen durchbrennen. Und ich habe vor, genau das zu verhindern.«
    »Friedrich Lohmann möchte, dass du dein Leben schützt, Lea. Das soll ich dir von ihm ausrichten.«
    »Und was ist mit dem Leben seiner Frau. Soll ich das nicht schützen?«, fragte ich aufgewühlt nach.
    »Natürlich sollst du das«, antwortete Mark. Er klang ein kleines bisschen verärgert. »Aber nicht um den Preis, dass du dabei draufzahlst.«
    »Ich werd schon nicht draufzahlen, aber ohne Risiko geht es nun mal nicht.« Es ging mir nicht darum, unbeugsam zu sein, aber meine innere Unruhe, was Almuts Schicksal

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