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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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anders war als das, was Almut an ihrem Mann kannte. Doch all das war Vergangenheit. Damit wollte sie abschließen.
    Bogdan gaffte sie an und grinste. »Du siehst wie ’ne verdammte Heilige unter der Lampe aus, Baby.« Er pellte sich aus der Garnitur, stellte die Musik einen Tick leiser und kam mit wenigen, bedächtigen Schritten auf sie zu. Dabei deuteten seine Schultern eine Rundung an, zogen eine kaum wahrnehmbare Spur zueinander, ein Zeichen, dass er angespannt war, es sich aber nicht anmerken lassen wollte.
    Almut sah die leeren Tablettenschachteln auf dem Beistelltisch. Darin hatte sich das Mittel befunden, das er ihr gegeben hatte, bevor Friedrich erschossen worden war. Und sie misshandelt. »Hast du Lust auf meine Gesellschaft, oder auf was anderes?«, fragte er leise gegen das Schlagzeug ansäuselnd. Er blieb vor Almut stehen, ohne sie anzufassen. Seine Hände staken wie Mikadostäbe von ihm ab, Werkzeuge, die er nur ausfahren musste. Der weich fließende Jogginganzug, der seine Muskeln verbarg, und die Mikadostäbe, die wirkten wie aus Blei gegossene Arme einer Kampfmaschine.
    Hier unten gab es keine Fenster. Nur teure Einrichtungsgegenstände, die sie besorgt hatte. Eine L-förmige Couch, davor ein Tisch aus Edelstahl. An der Wand Regale und ein Schrank. Dazu, als Wandschmuck, Poster von Boxern. Lebende und Verstorbene. Ein Bild von Max Schmeling, nachkoloriert. Eine B & O–Anlage, CDs, einen Flachbildfernseher, überdimensioniert, einen Heimtrainer, eine Kletterwand, daneben eine riesige Dusche. Des Weiteren eine kleine Küche, weiß. Sie schien in den riesigen Raum eingepasst wie ein zusätzlicher Kleinwagen für die Tochter in die Doppelgarage der Eltern, die dafür das Gartenzeug und die Regale mit allerhand Krimskrams hatten opfern müssen.
    Almut stand noch immer vor ihm. Die Arme an den Körper gepresst, als sei dort ihre Steckdose, an der sie Kraft tankten, um später wer weiß was tun zu können. »Warum?«, fragte sie nur und sah ihm dabei unnachgiebig in die Augen. Solche, die ein Loch zu haben schienen, aus denen aller Saft, alles Lebenswerte rann.
    »Baby, what happened? Red Klartext, sonst müssen wir diskutieren, und das haben wir nur einmal getan. Aber selbst das war kurz und bündig, wenn man’s ins Scheinwerferlicht hält. Schnell geregelt und schnell ausgeführt. So, wie wir’s beide mögen.« Seine Worte, die normal, ganz gewöhnlich wirken sollten, einten sich zu einer Parade der Missgunst, klangen unterschwellig sperrig und brüchig. Seine Schultern, breit wie ein Schrank, taten sich vor Almut auf, als er die Ärmel des Jogginganzugs nach oben schob.
    Vielleicht hatte sie geglaubt, Bogdan könne für sie die Kleinlichkeit des Lebens wegwischen wie einen lästigen Fleck vom Tischtuch. Der Mann für die oberen Stockwerke, der, der sich nach den Sternen reckte und das Geld für sie nach Hause brachte, Geld und Sicherheit, den hatte sie ja schon. Ihren Mann. Friedrich. Bogdan war der Kerl für die untere Etage, der ihr die Tage versüßte, bis sie genug vom Nachschlag des Lebens hatte und die Trägheit der Nächte mit Friedrich gefahrlos überstand. Ohne ihm Vorwürfe zu machen, ohne an Scheidung zu denken und sein Geld und ihr Ansehen zu verlieren.
    Doch plötzlich hatte sich das Blatt gewendet. Als Bogdan auf sie eingedroschen hatte, war ihr etwas in seinen Augen aufgefallen, das zuvor nicht da gewesen war. Wut und Hass. Das Gefühl, vom Leben vernachlässigt worden zu sein, und jetzt auf einmal all das Versäumte nachzuholen. Sich zu nehmen, was man brauchte.
    Die Tabletten, die er ihr in den Rachen gezwungen hatte, fast so, als öffne sie freiwillig den Mund, hatten ihr den Rest gegeben. Friedrich um die Ecke zu bringen und dann, endlich, zu zweit oben hausen, das war völliger Blödsinn. Wie hatte sie auch nur einen Moment darüber nachdenken können?
    Friedrich Lohmanns Frau, sein Geld und seine Firma wären seins. Mit einem Streich. So hatte Bogdan sich das vorgestellt und eine Zeit lang Almut auch. Doch wie so oft hatte sie einen Gedanken nicht gründlich zu Ende gesponnen. Und nun musste sie das Ruder herumreißen, die Richtung ändern.
    Bogdan musste weg, denn neuerdings war er der falsche Mann am falschen Platz.

Einunddreißig

    Ich hatte die Tür zu einem Kellerzimmer geöffnet, als sich plötzlich jemand hinter mir befand. Ich drehte mich um und da stand er. Ein Mann wie einer dieser übermächtigen Riesen, die im Märchen nichts Gutes im Schilde führen. Einer

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