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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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hoffte, blieb ihr in der Kehle stecken. Sie riss den Mund auf, um zu schreien. Doch da war kein Laut. Nur diese unbändige Stille. Und ihre Augen, die weit aufgeklappt waren, dass man Angst darum haben musste, sie zu verlieren, um stattdessen fahle, breiig weiße Löcher zurückzubehalten.

Einundvierzig

    Ich brachte meinen Wagen wenige Meter vor Almuts Villa zum Stehen. Als ich mich umsah, um die Gegend zu checken, registrierte ich, dass ein auffälliger Pick-up gleich gegenüber anhielt. Ungewöhnliches Modell, ein bisschen dreckig, senfgelb. Der Wagen passte zu gewissen Boots, Jeans, Lederjacken und der dazugehörigen Einstellung. Es war Frank Kasteins Auto. Die Fahrertür öffnete sich. Frank stieg aus, warf sich seinen überdimensionalen Schlüsselbund in die Jackentasche und schlenderte auf mich zu. Er hatte einen Kaugummi im Mund und strahlte bis zu den Ohrläppchen.
    »Carmen hat zugestimmt, mich heute zu treffen. Besprechung von wegen Heirat und so«, meinte er anstatt des üblichen ›Hallo‹ zur Begrüßung.
    »Muss ein wichtiger Tag für dich sein«, entgegnete ich und freute mich für ihn. »In letzter Zeit denke ich viel über Beziehungen nach und darüber, wie man es hinkriegen kann«, verriet ich. Meine Stimmung war so gut, dass ich mir diesen privaten Hinweis erlaubte. »Sei froh«, grinste Frank. »Liebe gibt ein besseres Thema ab als der Tod. Apropos, gibt’s eigentlich was Neues bei dir? Privat. Zum Thema Liebe und Leidenschaft.«
    Ich sah noch immer Marks Körper vor mir. Die feine Narbe auf der Wange, die schmalen, schönen Lippen und seine Hände, diese gerade richtig großen Beschützer, mit denen er mich sanft an sich gezogen hatte, damit ich mich dort einen kurzen Abschnitt lang ausruhen konnte. Wie gern würde ich jetzt tief Luft holen und mich in aller Stille an seiner Brust regenerieren. Und wie gern würde ich jemandem von ihm erzählen.
    Ich spürte, wie mein Herz pochte und sich ein schmerzliches Ziehen in meinen Brüsten bemerkbar machte. Marks Lächeln und sein sanftmütiges Wesen fehlten mir. Wenn ich an ihn dachte, wich der Zorn, den ich in letzter Zeit auf das Leben verspürt hatte. Ich wurde ruhiger, duldsamer. Ich begann wieder, daran zu glauben, dass mehr gute Neuigkeiten ins Haus stünden als schlechte. Und ich hätte Valerie oder jetzt Frank am liebsten alles haarklein erzählt und erlebt, wie sie sich mit mir freuten.
    »Er heißt Mark«, gab ich Frank gegenüber plötzlich zu und schwärmte regelrecht. »Und er ist fantastisch.« Kaum ausgesprochen, erschrak ich über mich selbst. Wie sollte ich jetzt, wo ich angefangen hatte zu erzählen, wieder aus der Nummer rauskommen? Frank würde mir unzählige Fragen stellen, von denen ich die meisten nicht beantworten konnte, ohne schamlos zu lügen.
    »Klingt wie aus einer dieser amerikanischen Soaps.« Frank schenkte mir einen Blick, der zeigte, dass ihn die Information beeindruckte. So oft brachte ich nun mal keinen neuen Mann zur Sprache. »Alter, Aussehen, Job, familiärer Hintergrund?«, verlangte er neugierig, als lechze er nach weiterem emotionalen Futter. Na also, er wollte alles über Mark und mich wissen. Jetzt saß ich in der Patsche.
    »Alles was ihn anbelangt ist nicht übel, Frank«, versuchte ich den Fragen nach Marks Alter, seiner familiären Geschichte und anderen verfänglichen Themen auszuweichen. Was hätte ich auch sagen sollen? Mark ist 134, aber so genau weiß ich es gar nicht? Ich wusste ja noch nicht mal, wann sein Körper offiziell aufgehört hatte zu existieren.
    »Und sonst? Bringt er’s?« Sein Grinsen wurde unverschämt und er ließ nicht davon ab, denn täte er es, hätte sich sein Charakter von einer Nacht zur anderen geändert, und das hätte mich erst recht gewundert.
    »Im Bett?« Ich lachte kurz amüsiert auf, und schüttelte dann leise den Kopf.
    Frank hielt die Ohren gespitzt wie ein Luchs. Er liebte pikante Details. Durchaus auch einen unerlaubten Blick durchs Schlüsselloch.
    »Keine Ahnung. So weit sind wir noch nicht« schummelte ich. »Wird auch so schnell nichts werden.« Ich spürte, wie meine Freude anwuchs, als mir Marks Hände auf meinem Körper, sein wissender Griff, seine geschmeidige, willige Zunge wieder einfielen.
    »Och neee! Schon wieder so ’n verkorkster Typ. Ist er impotent, frisch beschnitten, hat er Filzläuse oder ist sein Marky-Mark zu klein?« Frank hatte einen Gesichtsausdruck aufgesetzt, den sonst Valerie für sich gepachtet hatte. Die pure Neugierde lugte ihm

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