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Vom Himmel das Helle

Vom Himmel das Helle

Titel: Vom Himmel das Helle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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Haustür und setzte ihren Fuß hastig nach draußen. Doch seltsam, ihr Gewissen meldete sich schneller und vor allem lauter, als ihr lieb war. Durfte sie Frau Lohmann mit dem Mann allein lassen? Stimmte es, dass die beiden befreundet waren? Was wäre, wenn der Kerl etwas vorhatte? Norma konnte nicht anders. Sie entschied sich um, ließ laut die Tür vor sich ins Schloss fallen, schlüpfte aus ihren Schuhen und huschte auf Strümpfen und flink wie ein Wiesel in den Abstellraum neben der Gästetoilette. Dort würde sie auch bei geschlossener Tür mitbekommen, wenn Frau Lohmann und der Mann aufeinander trafen. Sie blieb einen Moment mit ihrem breiten Gesäß in der Luft hängen, bevor sie sich sachte und ohne einen Laut auf einen umgedrehten Putzeimer setzte. Im Grunde war sie davon überzeugt, das Falsche zu tun. Doch was machte es schon, wenn sie einige Minuten hier ausharrte? Sie könnte sich davon überzeugen, dass Frau Lohmann und der Mann Bekannte waren und danach beruhigt unbemerkt das Haus verlassen. Norma spürte, wie ihr Herz wild pochte. Dann hörte sie Almuts Schritte auf der Treppe.

Dreiundvierzig

    Almut stand auf halber Höhe zwischen Erd- und Kellergeschoss vor Bogdan. Einige Atemzüge lang lag eine beklemmende Stille zwischen ihnen. Dann begann er, als Erster zu sprechen.
    »Hi, da bist du ja!«, sagte er, und es klang wider Erwarten vertraut. »Ja, da bin ich«, erwiderte Almut. Es war eine zurechtgelegte knappe Antwort und sie zwang sich zu einem Lächeln, um die Situation aufzulockern. Es gelang ihr erstaunlich gut.
    Bogdan schien ebenfalls darum bemüht, einen vertrauenerweckenden Eindruck zu hinterlassen, fand Almut. Er fasste sie unterm Arm und nahm sie mit sich, nach unten.
    Die letzten Stunden hatte Bogdan dazu genutzt, im Internet zu recherchieren. Dort war er auf verschiedene Artikel über Lynchjustiz, vor allem im amerikanischen Süden, gestoßen. In diesem Zusammenhang war er auf eine effiziente Technik des Hängens aufmerksam geworden, die »fliegende Demoiselle« .
    Unter der »fliegenden Demoiselle« hatte er sich nichts Rechtes vorstellen können, aber der Name war hübsch, fand er. Er klang wie der Titel eines netten, französischen Romans, mit dem man sich die Zeit vertreiben konnte. Als er weiter forschte, erfuhr er, dass man den Körper der oder des zu Erhängenden an einem Seil in die Höhe ziehen musste. Eine Laufschlinge, die sich unter dem starken Zug zusammenzieht, ein Hondaknoten verbunden mit dem Truckerknoten, ein Ast, ein Deckenbalken, ein Rohr oder stabiler Haken in der Decke, das war schon alles, was man brauchte.
    Wenn das Opfer erst ein oder besser zwei Meter hochgezogen war – für ihn kein Problem, wirklich nicht! –, zog sich der Truckerknoten zusammen und hielt derart fest, dass nichts mehr zu machen war. Der Körper stieg dann direkt gen Himmel auf.
    Meine Güte, hatte er bei sich gedacht, wie es wohl wäre, wenn Almut irgendwo baumelte und sich in andere Sphären aufmachte. Ihr Lächeln, ihr Bild überhaupt würde vor ihm verwischen. Der Code ihres gemeinsamen Lebens würde sich auflösen. Sie wäre tot, genauso wie ihr Mann Friedrich.
    Er würde dieses Haus verlassen und irgendwo, egal wo, Hauptsache weit weg, neu beginnen. Mit der Zeit würde sich der Schauplatz ihres vergangenen Zusammenseins auf einige verstreut auftauchende, lästige Gedanken beschränken und das wär’s dann gewesen.
    Sie waren endlich vor der Tür zu seinem Reich angekommen. Almuts Atem ging stoßweise und er spürte plötzlich, dass er es hasste, ihren süßen Atem mit seinem aufzumischen.
    Ihre Luft einzuatmen, kam ihm hier und jetzt wie ein Verrat an seinen Empfindungen vor. Sie wusste es nicht, aber er spürte seit dem Tag, als er ihren Mann getötet und, weil alles echt aussehen sollte, auch sie geschlagen hatte, die Veränderung zwischen ihnen. Ihr Wesen hatte nun etwas Bösartiges. Da war keine Liebe mehr für ihn, nur Gleichgültigkeit.
    Demnächst in seinem neuen Leben würde er versuchen, ein unbeschriebenes Blatt zu sein. Eines, das an keinem Baum flatterte, denn dann wäre er erneut gefangen, sondern das allein im Wind tanzte.
    »Bogdan!«, sagte Almut und spürte endlich, dass er den Atem anhielt, als gäbe es dort, wo sie sich befanden, nicht genügend Sauerstoffreserven für zwei. Das letzte Mal, dass sie seinen Namen in diesem Haus und in ihrem Leben hören mochte, war dieser Moment. Was immer in diesem Mann vorging, es ließ sie kalt, denn sie hatte längst für sich,

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