Vom Himmel hoch
lasse.«
Christoph sah förmlich das Augenzwinkern, mit dem der
kleine Mann ihm diesen Freundschaftsdienst erläuterte.
»Ich schicke dir den Text per E-Mail«, schloss
Jürgensen das Gespräch.
Kurz darauf hatte Christoph das angekündigte Dossier
auf seinem Computer.
Voller Spannung klickte er die Datei an.
Banzer hatte die von ihm zusammengetragenen
Informationen nach Namen sortiert. Hinter dem Vor- und Zunamen standen das
Geburtsdatum und weitere Angaben zur Person wie Anschrift, Familienstand und
ähnliche für ihn zugängliche Daten.
Christoph fiel auf, dass Banzer anscheinend nach dem
Zufallsprinzip gesammelt hatte, denn die Struktur war nicht für alle gleich.
Bei manchen war die Krankenversicherung genannt, bei anderen die Bankverbindung
aufgezeigt.
Angaben zum Gesundheitszustand unter Nennung von
Diagnosen fehlten ebenso wenig wie Christoph bislang unbekannte Namen mit in
Klammern dahinter gesetzten Hinweisen wie »Freund«, »Schwager«, »Sportpartner«,
»Steuerberater« etc.
Christoph staunte, dass beim dicken Carsten Fröhlich,
bei der jungen Ellen und Volker Schwarz sogar Kontostände vermerkt waren.
Bei den einzelnen Namen standen kurze Beurteilungen
der Arbeitsleistung und der Persönlichkeit aus Banzers Sicht.
Für Carsten Fröhlich sah Banzer keine beruflichen
Perspektiven.
Das steht, überlegte Christoph, im Widerspruch zu dem,
was ihnen der Dicke bei der ersten Vernehmung erzählt hatte. Der hatte davon
gesprochen, dass ihm Banzer Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen avisiert
hatte.
Wer hatte hier wen belogen? Hatte Banzer Fröhlich
wirklich solche Andeutungen gemacht, um ihn auf seine Seite zu ziehen und die
eigenen Bataillone zu verstärken, oder gab der Dicke Unwahres von sich?
Doris Landwehr wurde als reservierte Frau gezeichnet.
Sie erledigte die ihr übertragenen Arbeiten mit Umsicht und absolut
zuverlässig. Banzer hatte Gedanken skizziert, dass in dieser Mitarbeiterin
Entwicklungspotenzial stecke und sie sich bei angemessener Förderung zu einer
wertvollen Stütze der Geschäftsleitung entwickeln könnte, der auch eine
Leitungsfunktion zuzutrauen sei. Das müsste allerdings mit einem Höchstmaß an
Sensibilität beobachtet werden, merkte Banzer weiter an, weil …
Und an dieser Stelle staunte Christoph.
Doris Landwehr hatte vor zwei Jahren einen
Selbstmordversuch unternommen. Sie hatte eine Überdosis Tabletten geschluckt,
war aber rechtzeitig entdeckt und gerettet worden. Trotzdem hatte sie das
darauf folgende Halbjahr in der Psychiatrie zugebracht.
Über die Gründe, die zu dieser Verzweiflungstat
geführt hatten, war in Banzers Aufzeichnungen nichts ausgeführt.
Keine Angaben fand Christoph zu Roth, dem
kaufmännischen Leiter, und zu Bardolic, den Banzer als gewerblichen Mitarbeiter
anscheinend für zu unbedeutend hielt. Auch über den Externen, Kurt Schönborn,
hatte Banzer keine Rubrik angelegt.
Christoph lehnte sich in seinem Stuhl zurück und
schloss die Augen. Die Hände hatte er vor seinem Bauch zusammengefaltet.
Warum hatte Banzer diese Informationen gesammelt?,
fragte er sich. Dass jemand, der an der Übernahme der Führungsposition
arbeitete, sich Gedanken zu den Mitarbeitern machte, war nachvollziehbar. Und
Macht im Arbeitsleben basierte zum Teil auch auf dem Vorsprung an
Informationen, darauf, eigenes Wissen nicht an die Untergebenen weiterzuleiten.
Banzer kannte selbstverständlich dieses Prinzip und
hatte versucht, es zu seinem Vorteil zu nutzen.
Mit dem Wissen um die kleinen und großen, ganz
persönlichen Geheimnisse des einzelnen Individuums konnte er geschickt in
seinem Sinne Einfluss nehmen, die Menschen in die von ihm gewollte Richtung
steuern und gegebenenfalls auch mehr oder weniger Druck ausüben, wenn jemand
nicht freiwillig seinen Vorstellungen folgte. Die wohl gesetzten Nadelstiche
waren perfide kleine Erpressungen, die man sicher nicht im strafrechtlichen
Sinne hätte ahnden können.
Christoph musste anerkennen, dass der Mann das
Handwerk der Intrige voll beherrscht hatte.
Aber, so fragte er sich, woher hatte Banzer seine
Informationen? Ließ man einmal die Daten außen vor, die er aus den ihm
zugänglichen Personalunterlagen hatte, ebenso seine ganz persönlichen
Einschätzungen, so blieben immer noch Fakten zu den einzelnen Menschen, auf die
eine regulär arbeitende Personalabteilung keinen Zugriff hatte, wie
Kontostände, Krankheitsdiagnosen und ganz private Verbindungen.
Mitten in seine Überlegungen hinein klingelte
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