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Vom Himmel hoch

Vom Himmel hoch

Titel: Vom Himmel hoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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einmal den Kopf.
    Anna hatte nicht das geringste Interesse an seiner
Arbeit gezeigt, nicht versucht, ihn auszuhorchen.
    Und warum sollte die Assistentin eines Husumer Arztes
Kurt Schönborn ermordet haben? Bisher waren sie auch nicht auf eine einzige
Verbindung zwischen Anna und dem Toten gestoßen.
    Nein! Es war ein zu abwegiger Gedanke.
    Aber wer war sonst die Frau, die Schönborn besucht
hatte?
    Christoph wollte noch einmal mit der alten Vermieterin
sprechen und fuhr mit Mommsen nach Bredstedt.
    Sie mussten mehrfach klingeln, bis sich jemand mit
schlurfenden Schritten und einem gemurmelten »Ja, ja, ich komme schon« von der
anderen Seite der Tür näherte.
    Sie hörten, wie eine Sperrkette vorgelegt wurde, dann
öffnete sich die Tür einen Spalt, und es erschien das zerfurchte Gesicht der
Greisin.
    »Wer ist da?«
    »Hauptkommissar Johannes, Kripo Husum.«
    Sie entsicherte die Sperrkette und gab die Tür frei.
    Ihre weißen Haare waren zerzaust, und auf dem
altertümlichen Sofa lag eine Wolldecke.
    »Ich habe ein wenig geschlafen«, erklärte sie, als sie
Christophs Rundblick bemerkte.
    »Sie haben uns bei der ersten Vernehmung gesagt, der
letzte Besuch bei Kurt Schönborn sei eine Frau gewesen. Sind Sie sich da ganz
sicher?«
    Empörung lag in dem Blick, den sie ihm zuwarf. »Junger
Mann, zweifeln Sie an meinem Verstand?«
    »Es ist für die Polizei von entscheidender Bedeutung,
ob es sich um einen Mann oder eine Frau gehandelt hat«, erklärte er. »Wenn wir
das Geschlecht sicher wissen, können wir schon einmal fünfzig Prozent der
Menschheit ausschließen.«
    Sie lächelte jetzt milde. »Das verstehe sogar ich«,
stimmte sie mit ihrer dünnen Greisinnenstimme zu. »Aber wenn ich Ihnen sage,
dass es eine Frau war, dann stimmt es auch. Eine sehr große Frau.«
    »Es war dunkel, und Sie haben sie nur kurz gesehen.
Hatten Sie eine Brille auf?«
    »Den jungen Leuten heute fehlt es ganz offensichtlich
an breiter Bildung«, amüsierte sie sich. »Alte Menschen können nicht mehr
lesen, dafür werden sie mit den Jahren aber weitsichtig. Und das betrifft nicht
nur die Augen …«, ergänzte sie mit einem leicht spöttischen Unterton. »Es war
eine Frau. Eine große, stattliche Frau.«
    »Dick? Rundlich?«, warf Mommsen jetzt ein.
    Sie war etwas irritiert über die Unterbrechung, sparte
sich aber einen Kommentar zu der aus ihrer Sicht unhöflichen Anmerkung.
    »Nein! Sie war eher schlank. Besonders an ihren Haaren
habe ich erkannt, dass es eine Frau war. Sie hatte einen Pferdeschwanz. Ein
untrügliches Zeichen dafür, dass es sich um eine Frau gehandelt hat.«
    Selbstbewusst sah sie von einem Beamten zum anderen.
Wie konnten diese Polizisten an ihrer Beobachtung zweifeln?
    »Wirklich weitergebracht hat uns das nicht«, stellte
Christoph später im Auto resigniert fest.
    Mommsen stimmte zu. »Eher im Gegenteil. Nach dem, was
wir eben gehört haben, könnte es auch ein Mann gewesen sein. Es ist doch keine
Seltenheit, dass ein Mann mit längeren Haaren oder mit einem Pferdeschwanz
unterwegs ist.«
    Doch plötzlich hatte Christoph eine Idee. »Wir wollen
noch einen Versuch machen«, sagte er zu Mommsen, ließ jedoch dessen Frage, wem
der Besuch gelten sollte, unbeantwortet.
    Christoph hielt vor dem markanten Backsteinhaus. Als
sie ausstiegen und Mommsen das Namensschild sah, sagte er nur: »Na, so was.«
    Ihnen wurde geöffnet, und man bat sie ins Haus. Sie
wurden in die Bibliothek geführt und nahmen dort gegenüber von Pastor Hansen
Platz.
    Christoph schilderte in einer kurzen Zusammenfassung,
was sie bisher an Informationen zum Tod von Kurt Schönborn zusammengetragen
hatten.
    Er beschränkte sich dabei auf sachliche Fakten, die
Beschreibung des Fundortes, die Gedanken zum fehlenden Tatwerkzeug, zur
Ungewissheit, ob es ein rätselhafter Selbstmord oder ein raffiniert eingefädelter
Mord war.
    Er berichtete auch von den in Schönborns Wohnung
gefundenen bisher nicht identifizierten Fingerabdrücken.
    Hansen sah seine Besucher an. Er hatte die Lippen
zusammengepresst und war Christophs Ausführungen kommentarlos gefolgt.
    »Können Sie uns in diesem Punkt weiterhelfen?«, fragte
Christoph.
    Es war zu offensichtlich. Das hatte auch der Mann
erkannt. Statt zu antworten bewegte er in einer nichts sagenden Geste beide
Hände und legte sie dann wieder gefaltet in seinen Schoß.
    »Sie waren der letzte Besucher Schönborns. Durch Ihren
Pferdeschwanz glaubte die Vermieterin, eine Frau gesehen zu haben. Sie haben
vieles bedacht,

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