Vom Kämpfen und vom Schreiben
ich lese auch.
Wir haben einen alten, ledernen Ohrensessel, in dem die Autoren Platz nehmen. Ich liebe diese Abende. In der Küche steht ein Sparschwein, ich hoffe, dass jemand was hineinwirft, damit wenigstens das Porto wieder reinkommt, denn wir sind noch immer arm, aber irgendwie steht das Schwein wohl an der falschen Stelle.
Hardy findet endlich wieder Arbeit, diesmal freie Mitarbeit im Eventmanagement der Kurverwaltung. Nun hat er nicht mehr so viel Zeit fürs Marketing meiner Bücher, aber er knüpft gute Kontakte, die wir natürlich nutzen. Zum Beispiel lernt er einen Reiseveranstalter kennen, der sich auf Wellnessreisen spezialisiert hat. Sein zweites Standbein sind Bahnreisen nach Prag und Budapest. Hardy hat die Idee, im Zug zu lesen: Vielleicht finden die Leute es während langer Bahnfahrten toll, von mir mit Satiren unterhalten zu werden? Wir schreiben ein Konzept, der Reiseveranstalter nimmt es in sein Programm auf, und die lokalen Zeitungen berichten darüber. Aber niemand bucht mich. Die Idee war wohl doch nicht so toll.
Wir überlegen uns andere Kombinationen und erarbeiten ein Lesekonzept für ein Kaffee-Filial-Unternehmen. »Atempausen« nennen wir es. Die Idee: landesweite Lesungen in den Filialen, in Verbindung mit Kaffeepausen. Leider will niemand dieses Konzept umsetzen.
Dennoch bekomme ich Lesungen in unserer Stadt: zu Jubiläen, bei Feuerwehrfesten, Stadtfesten, beim Kreiskirchentag. Geld gibt es dafür fast nie, aber ein paar Bücher, die ich zuvor beim Verlag einkaufe, gehen immer weg.
Ich brüte über der Idee zu einem Literaturpreis. Das Theater würde den Preis stiften, wenn ich das Konzept erstelle und eine Jury engagiere, einen Titel und eine aktuelle Ausschreibung entwerfe, die eingehenden Texte empfange, sichte, ordne, vorsortiere und an die Jury verteile, die Auswertung manage, die Teilnehmer benachrichtige, die Werbung übernehme, die Pressearbeit mache. Ich versuche es.
Zuerst entwerfe ich das Konzept. Dann suche ich im Internet und in überregionalen Telefonbüchern die Adressen bekannter Schriftsteller und Verleger heraus, stelle ihnen das Projekt in sorgfältig formulierten Briefen vor und bitte sie um Mitarbeit. Auf die ersten zwanzig Anfragen erhalte ich keine Antwort. Ich gebe auf, schaffe es zeitlich nicht. Ich muss ja bei der Zeitung weiterarbeiten, und meine Söhne brauchen mich auch. Die Idee des Literaturpreises wandert in die Schublade.
Seit Anfang des Jahres macht mir eine rätselhafte, extrem juckende Hautkrankheit zu schaffen, und es dauert eine gefühlte Ewigkeit, bis nach einer Odyssee durch mehrere Arztpraxen jemand die Diagnose stellt: Lichen Ruber Planus.
Zweimal in der Woche muss ich zum Arzt, bekomme Spritzen, Pillen, Bestrahlungen, Salben, nichts hilft, im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Meine Haut hängt in Fetzen an den Händen oder Füßen, Arme und Beine sind befallen, die Pusteln jucken quälend und hinterlassen Narben, wenn sie nach etlichen Wochen abheilen. Ich wechsele die Ärzte, mehrmals. Keiner kennt sich wirklich mit dieser Krankheit aus, alle versuchen irgendetwas, ohne Erfolg.
Natürlich arbeite ich weiter, bei der Zeitung, an meiner Vermarktung, an neuen Texten. Ich trage weite Hosen und immer lange Ärmel, die bis über die Handrücken reichen, damit man nichts sieht.
Im Sommer finde ich einen Verlag, der das Kinderbuch neu auflegt. Ich hatte ja nur die Rechte für eine Auflage von fünfhundert Stück an den WD-Verlag gegeben, deswegen kann ich das Buch neu herausbringen. Allerdings darf ich nicht denselben Titel verwenden, denn der »gehört« dem WD-Verlag.
Mit dem Lübbecker Terminus Verlag vereinbare ich eine Auflage von zweihundert Stück, für die ich aber kein Honorar bekomme. Der Verlag ist klein, wird von Udo Scheel betrieben. Bisher gibt es zwei Anthologien im Programm, und ich weiß von Kamilla Jansen, warum kleine Verlage gern Anthologien ausschreiben.
Sie hat mir mal erklärt: »Nimm ein Thema, das alles und nichts bedeutet. Zum Beispiel: Nachts, wenn alles schläft, oder etwas anderes Nichtssagendes. Dann schreibst du einen Wettbewerb aus, der mindestens sechs Monate dauert. Du nimmst alles zu dem Thema an: Geschichte, Erzählung, Gedicht, Lied. Die Gewinner werden in der Anthologie veröffentlicht und erhalten je ein Belegexemplar. Wenn du fünfzig Autoren ins Buch kriegst, kannst du sicher sein, dass jeder mindestens fünf Exemplare kauft, um damit anzugeben, um sie zu verschenken. Schon ist eine Auflage
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