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Vom Kämpfen und vom Schreiben

Vom Kämpfen und vom Schreiben

Titel: Vom Kämpfen und vom Schreiben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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Verleger nach. Der will sich kümmern.
    Es melden sich weitere Leser. Auch ihnen fehlen Seiten in den Büchern. Walter Dauer erklärt mir am Telefon, dass ein Karton mit hundert Büchern Mängelexemplare enthalte. Er habe keine Ahnung, wie das passiert sein könne. Mir ist egal, wie das passiert ist! Ich verlange von ihm, dass er diese Bücher vom Markt nimmt und durch vollständige ersetzt. Er sagt, das könne er nicht, denn das könne er sich nicht leisten.
    Ich bin außer mir. Er lässt nicht mit sich reden. Beim Druck müsse was schiefgegangen sein, dafür könne er nichts. Es wäre doch nicht so schlimm, ich solle mich nicht so aufregen.
    Ich nehme keine Lesungen, keine Workshops, keine Anfragen von Schulen mehr an. Das kann man nicht machen, in Schulen mit fehlerhaften Büchern arbeiten. Die Rechte an den Geschichten liegen bei mir, die Rechte am Titel und am Cover bleiben jedoch beim WD-Verlag. Ich erlaube ihm keine zweite Auflage, bekomme natürlich keinen Pfennig für die bisher verkauften Bücher und bin ziemlich verzweifelt.
    Aber ich gebe nicht auf, natürlich nicht.
    Ich habe das Gefühl, nie zu schlafen, denn nachts, nach der normalen Arbeit, schreibe ich. Kurze Geschichten. Satiren, kleine Erzählungen, querbeet. Ich hinterfrage nicht, warum ich schreibe, was ich schreibe, warum ich wann was schreibe. Ich schreibe einfach.
    Abends sitzen Hardy und ich am Esstisch, und ich lese ihm vor. Er sagt mir immer und immer wieder, ich habe Talent. Er lehrt mich unermüdlich, weiter an mich zu glauben und nie aufzugeben. Oft hat er Tränen in den Augen, und ich bin überwältigt, weil es mir gelingt, ihn so berühren.
    Auch Kamilla Jansen liest meine neuen Texte. Sie gefallen ihr. Und sollen schon im November 2001 erscheinen. Das wird das dritte Buch in fünfzehn Monaten sein. Wahnsinn. Aber so weit ist es noch lange nicht.
    Meine Redaktionsleiterin kennt eine Redakteurin von der Lokalzeit des WDR. So erfährt diese von meinem Ratgeberbuch und will einen Beitrag für die »Aktuelle Stunde« bei uns drehen. Nächste Woche.
    »Wir brauchen für den Dreh mit allem drum und dran etwa drei Tage«, sagt die Redakteurin am Telefon.
    »Muss ich was vorbereiten?«, frage ich.
    »Nein, nein, es kommt ein Dreierteam, die machen das jeden Tag, Sie brauchen nichts vorzubereiten!«
    Wenn die wüsste. Ich muss nämlich vorher putzen, denn in den letzten Monaten hat der Haushalt schwer gelitten. Fürs Fernsehen muss man schon richtig saubermachen.
    Ich frage, ob wir Geld für den Dreh bekommen, denn wenn ich drei Tage bei der Zeitung ausfalle, verdiene ich dort drei Tage lang nichts. Die Redakteurin sichert mir vierhundert Mark zu.
    Das Team bleibt wirklich drei Tage. Ein Kameramann, ein Tontechniker und die Redakteurin drehen uns beim Essen, vor dem Aldi, mit traurigen Gesichtern und verneinendem Kopfschütteln vor dem Kino und den Aushängen einiger Restaurants. Sie drehen uns auf dem Weihnachtsmarkt und ich habe das Gefühl, die halbe Stadt schaut dabei tuschelnd zu. Sie interviewen uns zusammen und befragen dann Hardy, die Kinder und mich einzeln. Sie stellen Fragen, die wir beim Antworten wiederholen müssen, damit die Fragen später herausgeschnitten werden können.
    Drei Tage, damit der Beitrag zehn Minuten dauert – und dafür wird so ein Aufwand betrieben. Wir müssen die halbe Wohnung umräumen, weil sich die Scheinwerfer und die Kamera nicht in unseren Bildern und Fensterscheiben spiegeln dürfen. Die Weihnachtsdekoration muss verschwinden, denn es kann sein, dass der Beitrag Ostern wiederholt wird. Von wegen, ich brauchte nichts vorzubereiten!
    Die Lokalzeitungen kündigen die Reportage groß an, ich kann nirgends mehr hingehen, ohne gefragt zu werden, wann der große Auftritt sei. Jemand sagt sogar: »Ich hab’ Sie im Fernsehen gesehen!«, obwohl die Sendung noch gar nicht ausgestrahlt wurde.
    Wir müssen unterschreiben, dass jetzt und in Zukunft alle Rechte für die Reportage beim Sender liegen und dass mit den vierhundert Mark alle Ansprüche abgeglichen wurden.
    Gesendet wird einen Tag vor Weihnachten. Zwischen den Feiertagen gibt es einen Zusammenschnitt meiner Sätze im Radio, in einem Verbrauchermagazin bei WDR 2.
    Der Fernsehsender aus Berlin ruft noch einmal an und lädt mich zu einer Advents-Talkshow ein. Diesmal bin ich ganz entspannt, als ich Rede und Antwort zum Thema »Sparen« stehe, und ich sehe auch nicht mehr so bieder aus wie beim ersten Auftritt. Ich habe mich nämlich selbst geschminkt und mich

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