Vom Kämpfen und vom Schreiben
Manuskript an Agenturen schicken – das erscheint mir inzwischen der bessere Weg zu sein.
Ich mache mich schlau und lerne, dass seriöse Agenturen nur im Erfolgsfall Provisionen nehmen, das heißt, wenn sie das Manuskript an einen Verlag vermitteln können.
Eine Agentur antwortet, das Buch sei gut geschrieben, professionell konzipiert und klasse aufgebaut. Ich schnappe beim Lesen nach Luft und könnte vor Freude hüpfen. Dann lese ich weiter: Aber, leider, leider, sei das Thema zu heiß für diese Agentur und das Manuskript somit nicht verkäuflich.
Nein, ich lasse mich nicht beirren, ich bin ein Kampfschwein.
Den Satz des Agenten zitiere ich, als ich das Manuskript dann doch selbst an Verlage schicke. Auch an den Seitenblick-Verlag, einen kleinen, aber renommierten Verlag, der sich auf SM-Literatur spezialisiert hat.
Die Verlegerin von Seitenblick ruft mich nach ein paar Tagen an: Sie will den Roman veröffentlichen. Bedingung: Es muss ein Happy End geben. Mein Roman hat aber kein Happy End. Wahrscheinlich hat sie recht, denke ich, und schreibe ein neues Ende, es fällt mir auch gar nicht schwer.
Ich gebe das Manuskript ab und erhalte einen fairen und gut dotierten Vertrag.
Der Titel »Im Netz der Meister« ist die Idee der Verlegerin, ich stimme begeistert zu. Er ist eingängig und zweideutig und passt perfekt.
Gemeinsam suchen wir das Cover aus. Vorgabe des Verlags: Es muss schwarz-weiß sein und SM-Bezug haben. Ich will es dezent, nicht ordinär oder zu freizügig. Wir wählen gemeinsam ein Foto aus: Es zeigt den nackten Rücken und den Po einer Frau, die auf dem Bauch liegt.
Diesmal bin ich nicht mehr so eitel wie bei den ersten Büchern und weiß, wie wichtig Privatsphäre ist. Deswegen entscheide ich mich dafür, das Pseudonym zu benutzen.
Entsetzen im VS
Um nicht in der fiktiven Welt meines Buches zu versinken, nehme ich während der Arbeit daran Kontakt zur örtlichen Gruppe des Verbandes Deutscher Schriftsteller auf.
Bisher hatte ich ein paar Mal die Rechtsberatung in Anspruch genommen, die mir durch die Zugehörigkeit kostenlos zusteht. Zu einer Autorengruppe des VS, den es in vielen Städten gibt, hatte ich bisher nur einmal Kontakt: Ein einziges Mal ging ich zu einem der monatlichen Treffen – und fand mich zu jung für diese Runde. Das Durchschnittsalter lag nach meiner Schätzung über sechzig. Zudem saßen dort viele studierte Leute mit Doktor- und Professorentiteln, ich fühlte mich unter ihnen wie ein dummes, junges Kind, denn ich habe nicht einmal Abitur.
Als ich nach meinen Werken gefragt wurde und »Märchen, Satire, Sachbuch« angab, deutete ich die Reaktionen darauf als Geringschätzung. Hier saßen ausnahmslos Dichter, die Gedichte schrieben, die ich nicht verstand.
Dennoch gehe ich ein Jahr später wieder hin. Die Schreiberei ist eine einsame Sache, und ich muss einfach ab und zu darüber reden.
Einmal im Monat treffen sich die Schriftsteller. Es sind noch immer dieselben wie vor einem Jahr. Sie nehmen mich freundlich, aber auch ein wenig herablassend auf. Fast alle haben inzwischen neue Bücher veröffentlicht, mit beeindruckend klingenden Titeln und Klappentexten.
Ich fühle mich wieder dumm und unbedeutend.
Als ich ein bisschen recherchiere, finde ich heraus, dass die meisten dieser Schriftsteller winzige Auflagen in kleinen Verlagen publiziert haben. Einer erzählt mir irgendwann hinter vorgehaltener Hand, dass von seinem Gedichtband im letzten Jahr fünf Exemplare verkauft worden sind. Na toll. Die anderen Autoren dichten auch alle und ich habe das Gefühl, dass es viel mehr Leute gibt, die Gedichte schreiben als solche, die welche lesen oder gar kaufen. Ich fühle mich nicht wohl in der Gruppe und gehe bald nicht mehr zu den Treffen.
Eines Tages bekomme ich jedoch eine offizielle Einladung zu einer festlichen Veranstaltung wegen irgendeines Jubiläums des VS. Es gibt ein buntes Programm und ein Menü und freie Getränke.
Zuerst will ich nicht hin. Ich fühle mich trotz meiner Therapie noch nicht sicher in Gesellschaft. Dennoch raffe ich mich auf, Martin begleitet mich. Initiatorin des Abends ist die Schriftstellerin Helga Semola. Sie empfängt die Besucher an der Tür, ich stelle mich vor, sie hakt meinen Namen auf ihrer Liste ab.
Wir sitzen mit fremden Leuten an runden Tischen und ich beteilige mich verkrampft am Smalltalk.
Nach dem Essen führt Frau Semola durch das Programm. Sie interviewt jemanden auf der Bühne, kündigt einen Schriftsteller an, der etwas
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