Vom Kämpfen und vom Schreiben
hat. Als ich mir ihre Titel im Internet ansehe, fällt mir auf, dass beide Bücher in Druckkostenzuschussverlagen erschienen sind. Ich wundere mich, wie die Dame es geschafft hat, dem VS beizutreten. Als sie ein neues Buch präsentiert und mir dessen Daten zur Veröffentlichung auf der VS-Homepage schickt, sehe ich mir den Verlag an. Es ist wieder ein Zuschussverlag.
Ich frage den Vorsitzenden, ob es im Sinne des Verbandes Deutscher Schriftsteller ist, wenn wir auf einer offiziellen Seite des VS Bücher bewerben, die nicht den Richtlinien der Aufnahme in den Verband entsprechen. Der Vorsitzende zeigt sich unsicher.
Dann lese ich mir auf der Homepage der Dame die Leseprobe ihres Buches durch und bin erschüttert. Etwa fünfzig Rechtschreib- und Grammatikfehler finde ich nur in der Leseprobe. Erneut frage ich beim Vorsitzenden nach, ob der Verband Deutscher Schriftsteller so etwas bewerben sollte. Der Vorsitzende reagiert verhalten und wirkt auf mich wie jemand, der sich nicht unbeliebt machen will und ein bisschen sauer ist, dass der Dornröschenschlaf der Gruppe unterbrochen wurde.
Ich empfinde die Frage aber als berechtigt und wiederhole sie mehrfach.
Die Autorin der umstrittenen Bücher überhäuft mich daraufhin mit heftigen Beschimpfungen und bitterbösen Mails und versendet rechtfertigende Rundschreiben. Die Mitglieder diskutieren, streiten, telefonieren miteinander, die Autorin ist wirklich im Gespräch.
Mich kotzt das alles an, ich bin wütend über die Anfeindungen, Unverschämtheiten und Beleidigungen, denen ich plötzlich ausgesetzt bin. Sie kosten Zeit und Kraft, die ich nicht habe.
Ich erkenne: Das ist es nicht wert. Ich erinnere mich daran, wie ich mich vor Jahren, lange vor meinem ersten Buch, an den VS gewendet hatte, um Mitglied zu werden, damit ich von gestandenen Literaten das Schreiben lernen könnte. Das war nicht nur naiv, sondern geradezu dämlich.
Ich frage mich inzwischen, warum die erfolgreichen Schriftsteller nicht im VS auftreten, ihm vielleicht sogar nicht mal angehören. Als ich mich in einem virtuellen Autorenforum umhöre, kommentiert jemand den VS so: »Das sind doch die pensionierten Lehrer, die sich aus ihren erfolglosen Gedichtbänden immer gegenseitig was vorlesen, oder?« Das tut mir weh. Stimmt es womöglich? Nun, unsere Lesungen haben tatsächlich keine nennenswerte Beachtung gefunden. Gewerkschaftliche Themen kommen in unseren Sitzungen nicht vor, denn die Kollegen sind alle gut situiert, sie interessieren sich nicht für Lesehonorare, Verkaufszahlen, Folgeauflagen oder Versicherungsbeiträge.
Ich fühle mich beinahe schamlos und gierig, weil ich mich öffentlich dafür ausspreche, nicht ohne Honorar zu lesen und zu veröffentlichen. Als mich die Kollegin mit den selbst finanzierten Büchern auch noch fragt, ob ich mit ihr eine Lesung bestreiten wolle, für die es kein Geld gibt, aber das sei ja egal, man müsse ja kein Brot davon kaufen, kann ich meinen Ärger nicht verbergen: »Auch wenn ich zurzeit von Hartz IV lebe: Ich will mein Brot von verdientem Geld kaufen und ich will nicht umsonst arbeiten. Ich habe einen ehrenwerten Beruf und ich will dafür bezahlt werden.«
Sie kapiert es nicht. »Regen Sie sich doch nicht so auf! Ich nehme Ihnen doch nichts weg! Kann ich ja nicht ahnen, dass Sie so arm sind und es so nötig haben.«
Kann das wahr sein? Kellner ist ein Beruf. Jemand serviert Speisen und Getränke und bekommt Geld dafür. Friseur ist ein Beruf. Jemand schneidet Haare und bekommt Geld dafür. Putzfrau ist ein Beruf. Jemand macht sauber und bekommt Geld dafür. Schriftsteller ist ein Beruf. Jemand schreibt Bücher und liest daraus vor, und dann wundern sich viele, dass man Geld dafür haben will.
Ich bin wütend genug, um mich mit ihr auf eine Diskussion einzulassen. »Ich bin VS-Mitglied, und ich werde gewiss nicht genau gegen das verstoßen, wofür die Gründer gekämpft haben!«
Bei einer so lächerlichen Summe könne man nicht von Selbstfinanzierung reden, meint die Kollegin, und überhaupt, so viele Mitglieder des VS hätten Books on Demand und selbst bezahlte Bücher, sie kenne da einige im Vorstand und ich solle mal schön ruhig sein …
Nach vielem Hin und Her steht fest: Da die Kollegin schon mal Mitglied ist und man sowieso nicht prüfen kann, ob jede Veröffentlichung mit rechten Dingen zugeht, soll das Buch beworben werden.
Ich habe mich zum zweiten Mal geirrt.
Der Verband Deutscher Schriftsteller ist nicht mehr die Vereinigung für die
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