Vom Kämpfen und vom Schreiben
die neue Wohnung betritt, verzieht sie den Mund und sagt: »Na, das ist ja schön. Kann ich mir nicht leisten, sowas.«
Ich bekomme ein schlechtes Gewissen, weil es mir besser geht als ihr, und rede ihr gegenüber meine eigene Situation klein. Ein großer Fehler, wie sich später herausstellen wird.
Die monatlichen Treffen des VS machen mir jetzt Spaß, weil ich wieder irgendwo dazugehöre. Ich habe Kollegen, das gefällt mir. Auch Marita ist jedes Mal dabei.
Ab und zu organisieren die Mitglieder Lesungen. Auch ich lese vor, obwohl ich kein aktuelles Buch habe. Im Publikum sitzen dann die Autoren des Schriftstellerverbandes und deren Freunde und Verwandte. Für meine Texte aus dem alten Satirebuch bekomme ich wohlwollende Kommentare und freundlichen Beifall. Ich denke, dass ich eben keine große literarische Kunst schaffen kann, aber ich kann die Menschen zum Lachen bringen. Das finde ich gar nicht schlecht.
Eine der Frauen des VS, Alma, lädt uns zu einer Lesung in ihrem Haus ein. An einem Sommerabend sitzen wir in ihrem prächtigen Rosengarten um einen großen Tisch herum, trinken Sekt aus edlen Gläsern, essen köstliche Kanapees und tragen reihum unsere Texte vor. In dieser Runde fühle ich mich wohl, weil alles so liebevoll inszeniert ist.
Marita nimmt mich später mit nach Hause. Im Auto schimpft sie über die dekadente Bonzen-Gattin, die uns ihren Reichtum auf widerliche Weise auf die Nase gebunden habe. Die könne doch gar nicht schreiben, das sei doch bloß eine beschissene Hausfrau, die sich in den Texten ihre Verbitterung von der Seele schreibe, sagt Marita. Ich sehe sie an und bin ihrem Hass gegenüber reichlich hilflos. In Gedanken beginne ich, sie »Frusthenne« zu nennen.
Beim monatlichen Treffen im Verband Deutscher Schriftsteller bin ich an der Reihe: Mein »Werk« soll ich vorstellen. Zum ersten Mal erzähle ich dort von meinem Roman, und da ich inzwischen wieder ein bisschen selbstbewusster geworden bin, bereitet es mir großes Vergnügen, die entgeisterten Gesichter der Kollegen zu sehen, als ich die Worte »Sado-Maso« benutze.
Als ich erkläre, dass ich mit dem Roman schon fertig bin, heben sich ein paar Augenbrauen in den Gesichtern der Kollegen. Ein Roman, soso. Ich fühle mich nicht ernst genommen.
So ein Thema, ist das denn Literatur? Gehört das hierher? In den seriösen Verband Deutscher Schriftsteller? Das ist doch Porno, oder? Ich glaube, die Fragen in ihren Gesichtern lesen zu können. Niemand sagt etwas. Keiner fragt nach.
Als ich eröffne, dass ich sogar einen Verlagsvertrag habe, und zwar einen »ordentlichen«, und dass ich für die Veröffentlichung keinen Cent dazubezahlen muss, lächeln alle süßsauer. Alma gratuliert mir mit schlaffer Hand und sieht mir dabei nicht in die Augen. Seitdem hat sie mir nie mehr in die Augen gesehen und den bis dahin freundschaftlich kollegialen Mail-Kontakt rasch beendet.
Als wir nach diesem Abend noch in die Kneipe um die Ecke gehen, sagt Marita mit harter Stimme: »Wieso schreibst du denn einen Roman und sagst nix?« Ich zucke die Schultern. Sie hätte ja mal fragen können, was ich so mache, anstatt immer nur zu jammern.
Fast alle VS-Kollegen haben bisher in kleinen und kleinsten Verlagen publiziert. Manche dieser Verlage werden von einer Gruppe Autoren betrieben, die dann dort ihre eigenen Texte veröffentlichen. Viele entscheiden sich für kleine Verlage, obwohl es meist kein Honorar gibt. Sie werden dort veröffentlicht, weil sie eine Mindestanzahl ihrer eigenen Bücher selber kaufen. Bezeichnungen wie »Eigenverlag« oder »Druckkostenzuschussverlag« weisen sie aber entrüstet von sich. Ein richtiger Autor habe das nicht nötig, für seine Arbeit zu bezahlen, sagen sie und außerdem: In den Verband deutscher Schriftsteller wird man ja nur aufgenommen, wenn man mindestens eine eigene Buchveröffentlichung vorweisen kann, die nicht selbst finanziert wurde.
Inzwischen habe ich mich im VS engagiert: Zusammen mit Martin habe ich eine aufwändige neue Homepage entworfen. Jedes Mitglied der Ortsgruppe des Schriftstellerverbandes kann sich dort mit Bild, Biografie und Werken ausführlich vorstellen. Martin pflegt die Seite, erweitert sie ständig, hält sie auf dem neuesten Stand, gibt Termine, Neuerscheinungen, Lesungen etc. bekannt. Jedes Mitglied zahlt einmalig als Aufwandsentschädigung fünf Euro an ihn.
Bei den monatlichen Treffen der Schriftsteller taucht immer wieder eine Frührentnerin auf, die zwei Bücher veröffentlicht
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