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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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vorgesetzten Zwecken, so entsteht jenes Spiel von glänzenden Schlägen und vorsichtiger Zurückhaltung, welches wir in Friedrichs des Großen Kriegen bewundern müssen.
    Je weniger aber diese Mäßigung und Behutsamkeit vermögen, um so vorherrschender muß die Spannung und Energie der Kräfte werden. Wo das Mißverhältnis der Macht so groß ist, daß keine Beschränkung des eigenen Ziels vor dem Untergang sichert, oder die wahrscheinliche Dauer der Gefahr so groß, daß die sparsamste Verwendung der Kräfte nicht mehr ans Ziel führen kann, da wird oder soll sich die Spannung der Kräfte in einen einzigen verzweiflungsvollen Schlag zusammenziehen; der Bedrängte wird, kaum Hilfe mehr erwartend von Dingen, die ihm keine versprechen, sein ganzes und [262] letztes Vertrauen in die moralische Überlegenheit setzen, welche die Verzweiflung jedem Mutigen gibt, er wird die höchste Kühnheit als die höchste Weisheit betrachten, allenfalls noch kecker List die Hand reichen und, wenn kein Erfolg ihm werden soll, in einem ehrenvollen Untergange das Recht zu künftiger Auferstehung finden.
Viertes Kapitel: Waffenverhältnis
    Wir werden nur von den drei Hauptwaffen reden: dem Fußvolk, der Reiterei und der Artillerie.
    Man verzeihe folgende Analyse, die wesentlicher in die Taktik gehört, uns aber zum bestimmteren Denken nötig ist.
    Das Gefecht besteht aus zwei wesentlich zu unterscheidenden Bestandteilen: dem Vernichtungsprinzip des Feuers und dem Handgemenge oder persönlichen Gefecht. Das letztere ist wieder entweder Angriff oder Verteidigung (Angriff und Verteidigung sind hier, wo von Elementen die Rede ist, ganz absolut zu verstehen). Die Artillerie wirkt offenbar nur durch das Vernichtungsprinzip des Feuers, die Reiterei nur durch das persönliche Gefecht, das Fußvolk durch beides.
    Bei dem persönlichen Gefecht ist das Wesen der Verteidigung, fest zu stehen wie eingewurzelt im Boden; das Wesen des Angriffs ist die Bewegung. Die Reiterei entbehrt die erstere Eigenschaft ganz und genießt die letztere vorzugsweise. Sie ist also nur zum Angriff geeignet. Die Infanterie hat die Eigenschaft des festen Standes vorzugsweise, entbehrt aber die Bewegung nicht ganz.
    Aus dieser Verteilung der kriegerischen Elementarkräfte unter die verschiedenen Waffen ergibt sich die Überlegenheit und Allgemeinheit des Fußvolks im Vergleich mit den beiden anderen Waffen, da sie die einzige ist, die alle drei Elementarkräfte in sich vereinigt. Ferner wird hieraus klar, wie die Verbindung der drei Waffen im Kriege zu einem vollkommeneren Gebrauche der Kräfte führt, weil man dadurch in den Stand gesetzt ist, das eine oder das andere Prinzip, welches in dem Fußvolk auf eine unveränderliche Weise verbunden ist, nach Belieben zu verstärken.
    Das Vernichtungsprinzip des Feuers ist in unseren jetzigen Kriegen offenbar das überwiegend wirksam, demungeachtet aber ist ebenso offenbar der persönliche Kampf, Mann gegen Mann, als die eigentliche selbständige Basis des Gefechtes anzusehen. Darum wäre also ein Heer von bloßer Artillerie im Kriege [263] ein Unding; ein Heer von bloßer Reiterei aber wäre denkbar, nur würde es von sehr geringer intensiver Stärke sein. Nicht bloß denkbar, sondern auch schon viel stärker wäre ein Heer von bloßem Fußvolk. Die drei Waffen haben also in Beziehung auf Selbständigkeit diese Ordnung: Fußvolk, Reiterei, Artillerie.
    So ist es aber nicht in Beziehung auf die Wichtigkeit, die jede hat, wenn sie in Verbindung mit den andern ist. Da das Vernichtungsprinzip viel wirksamer ist als das Bewegungsprinzip, so würde die gänzliche Abwesenheit der Reiterei ein Heer weniger schwächen als die gänzliche Abwesenheit der Artillerie.
    Ein Heer von bloßem Fußvolk und Artillerie würde zwar, gegenüber einem andern von allen drei Waffen gebildet, sich in einer unangenehmen Lage befinden, aber wenn es, was ihm an Reiterei abgeht, durch eine verhältnismäßige Menge des Fußvolks ersetzte, so würde es bei einem etwas anders eingerichteten Verfahren doch mit seinem taktischen Haushalt fertig werden können. Es würde sich wegen der Vorposten in ziemlicher Verlegenheit befinden, niemals den geschlagenen Feind mit großer Lebhaftigkeit verfolgen können und einen Rückzug mit mehr Mühseligkeiten und Anstrengungen machen; aber diese Schwierigkeiten würden doch wohl an und für sich nicht hinreichen, es ganz aus dem Felde zu vertreiben. - Dagegen würde ein solches Heer, gegenüber einem anderen von bloßem

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