Vom Kriege
erste Blick zeigt, daß mit diesem Verfahren der Unterhalt für beträchtliche Heere niemals zu beschaffen ist. Die Ausbeute aus den Vorräten des Landes wird viel geringer sein, als wenn die Truppen in demselben Bezirk Quartiere bezogen hätten; denn wo 30 oder 40 Mann dem Bauer in das Haus dringen, werden sie, wo es fehlt, auch das letzte beizutreiben wissen; ein Offizier aber, der mit ein paar Leuten abgeschickt wird, um Lebensmittel beizutreiben, hat weder Zeit noch Mittel, alle Vorräte so aufzusuchen; oft wird es auch an Transportmitteln fehlen; er wird also nur einen geringen Teil des Vorhandenen herbeischaffen können. Von der andern Seite sind in Lagern die Truppenmassen dergestalt auf einen Punkt gehäuft, daß die Bezirke, aus denen in der Geschwindigkeit beigetrieben werden kann, zu unbedeutend für das ganze Bedürfnis sind. Was will es sagen, wenn 30000 Mann in der Runde von einer Meile, also von einer 3 bis 4 Quadratmeilen betragenden Oberfläche, Lebensmittel herbeitreiben, und doch werden sie das selten können, denn die meisten der nächsten Dörfer werden von einzelnen Truppenteilen belegt sein, die nichts verabfolgen lassen wollen. Endlich wird bei dieser Art am meisten verschwendet, weil einzelne über das Maß bekommen, viel ungenossen verloren geht usw.
Das Resultat ist also, daß die Verpflegung durch solche Beitreibungen nur mit Erfolg stattfinden kann bei nicht zu großen Truppenmassen, etwa bei einer Division von 8000 bis 10000 Mann, und daß man sie auch hier nur als ein notwendiges Übel eintreten lassen wird.
Unvermeidlich ist sie gewöhnlich bei allen unmittelbar vor dem Feinde stehenden Abteilungen, wie Avantgarde und Vorposten, im Fall der vorschreitenden Bewegung, weil diese auf Punkte kommen, wo gar keine Vorbereitungen getroffen werden konnten, und gewöhnlich von den für das übrige Heer gesammelten Vorräten zu entfernt sind, ferner bei Streifkorps, die sich selbst überlassen sind; endlich in allen Fällen, wo zufällig keine Zeit und Mittel zu einer anderen Verpflegung waren.
Je mehr die Truppe zu einer regelmäßigen Ausschreibung eingerichtet ist, je mehr Zeit und Umstände erlauben, zu dieser Verpflegungsweise überzugehen, um so besser wird das Resultat sein. Aber es ist meistens die Zeit, welche fehlt, denn was die Truppen sich unmittelbar verschaffen, geht ihnen viel schneller zu.
Durch regelmäßige Ausschreibungen
Dies ist unstreitig das einfachste und wirksamste Mittel der Verpflegung, welches auch die Grundlage aller neueren Kriege ausgemacht hat.
Von der vorigen Art unterscheidet sich diese vorzüglich durch die Mitwirkung der Landesbehörden. Es soll nicht mehr der Vorrat gewaltsam genommen werden, wo er sich gerade findet, sondern vermittelst einer ver- [317] nünftigen Verteilung ordnungsmäßig geliefert. Diese Verteilung können nur die Landesbehörden machen.
Hier kommt alles auf die Zeit an. Je mehr Zeit vorhanden ist, um so allgemeiner kann die Verteilung werden, um so weniger wird sie drücken, um so regelmäßiger wird der Erfolg sein. Selbst Ankäufe mit barem Gelde können zu Hilfe genommen werden, und diese Verpflegungsart wird sich dadurch der folgenden nähern. Bei allen Versammlungen der Streitkräfte im eigenen Lande hat dies keine Schwierigkeit, und in der Regel auch nicht bei rückgängigen Bewegungen. Dagegen bleibt bei allen Bewegungen in eine Gegend hinein, in deren Besitz wir noch nicht sind, sehr wenig Zeit zu solchen Einrichtungen übrig, gewöhnlich nur der eine Tag, welchen die Avantgarde dem Heere voraus zu sein pflegt. Mit diese ergehen dann an die Landesbehörde die Aufforderungen, wieviel Portionen und Rationen sie hier und dort in Bereitschaft halten soll. Da diese nur aus der nächsten Gegend, d. h. ein paar Meilen im Umkreise des bestimmten Punktes herbeigeschafft werden können, so würden bei beträchtlichen Heeren diese in der Eile gemachten Anhäufungen bei weitem nicht hinreichen, wenn das Heer nicht auf mehrere Tage mitbrächte. Es ist also Sache der Kommissariate, mit dem Erhaltenen zu wirtschaften und nur denjenigen Truppenteilen zu geben, welche nichts haben. Mit jedem der folgenden Tage aber wird die Verlegenheit abnehmen; denn wachsen die Entfernungen, aus denen die Lebensmittel herbeigeschafft werden können, wie die Anzahl der Tage, so wächst die Oberfläche und folglich das Resultat wie die Quadrate. Haben am ersten Tag nur 4 Quadratmeilen liefern können, so können am folgenden 16, am dritten 36 liefern; also
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