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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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z. B. kann und wird seinen Entschluß des Innehaltens oder Aufgebens durch das Geständnis motivieren, daß er fürchtet, mit seiner Kraft nicht bis ans Ende zu reichen, oder sich neue Feinde zu erwecken, oder daß er seinen Bundesgenossen nicht will zu stark werden lassen usw. Alle solche Dinge bleiben lange verschwiegen, oder bleiben es wohl auf immer; für die Welt aber soll doch das Handeln im Zusammenhange dargestellt werden, und so wird denn der Feldherr genötigt, entweder für eigene Rechnung oder für Rechnung seiner Regierung ein Gewebe von falschen Gründen geltend zu machen. Diese immer wiederkehrenden Spiegelfechtereien der Kriegsdialektik haben sich in der Theorie zu Systemen verknöchert, die natürlich ebensowenig Wahrheit haben. Nur indem die Theorie, wie wir es versucht haben, dem einfachen Faden des innern Zusammenhangs folgt, kann sie auf das Wesen der Dinge zurückkommen.
    Sieht man die Kriegsgeschichte mit diesem Mißtrauen an, so sinkt ein großer Angriffs- und Verteidigungsapparat, der nur in Hin- und Herreden besteht, in sich zusammen, und die einfache Vorstellungsart, welche wir davon gegeben haben, tritt von selbst hervor. Wir glauben also, daß sie durch das ganze Gebiet der Verteidigung durchgreifend ist, und daß man nur, [373] indem man fest an ihr hält, imstande ist, die Masse der Ereignisse mit klarer Einsicht zu beherrschen.
    Jetzt haben wir uns noch mit der Frage über den Gebrauch dieser verschiedenen Formen der Verteidigung zu beschäftigen.
    Da sie sämtlich Steigerungen derselben sind, die durch immer steigende Opfer erkauft werden, so würde dadurch, wenn andere Umstände nicht mitwirkt, die Wahl des Feldherrn schon hinlänglich bestimmt. Er würde diejenige Form wählen, welche ihm eben zureichend schiene, seine Streitkraft auf den erforderlichen Punkt der Widerstandsfähigkeit zu führen; aber er würde nicht weiter in die Verteidigung zurückgehen, um keine unnützen Opfer zu bringen. Allein man muß sagen, daß die Wahl dieser verschiedenen Formen meistens sehr beschränkt ist, weil die anderen Hauptdinge, welche in der Verteidigung vorkommen, zu der einen oder andern notwendig hindrängen. Für den Rückzug ins Innere des Landes ist eine beträchtliche Oberfläche erforderlich oder Verhältnisse, wie die in Portugal 1810, wo ein Verbündeter (England) im Rücken den Anhalt gab, und ein anderer (Spanien) mit seiner weiten Länderfläche die Stoßkraft des Feindes beträchtlich schwächte. Die Lage der Festungen, mehr an der Grenze oder mehr im Innern des Landes, kann ebenfalls für oder gegen einen solchen Plan entscheiden, noch mehr aber die Natur des Landes und Bodens, der Charakter, die Sitten, die Gesinnung der Einwohner. Die Wahl zwischen Angriffs- und Verteidigungsschlacht kann durch den Plan des Gegners, durch die Eigentümlichkeit beider Heere und Feldherren entschieden werden; endlich kann der Besitz einer vorzüglichen Stellung oder Verteidigungslinie oder der Mangel daran zu dem einen oder andern führen; - kurz, es ist genug, diese Dinge zu nennen, um fühlen zu lassen, daß die Wahl bei der Verteidigung in vielen Fällen mehr durch sie als durch das bloße Machtverhältnis bestimmt werden wird. Da wir die wichtigsten hier berührten Gegenstände noch näher kennenlernen werden, so wird sich der Einfluß, welchen sie auf die Wahl haben, auch dann erst bestimmter entwickeln lassen, und zuletzt alles in dem Buche vom Kriegs- und Feldzugsplan zu einem Ganzen sich zusammenstellen.
    Aber jener Einfluß wird meistens nur bestimmend werden, wenn das Machtverhältnis nicht zu ungleich ist, im entgegengesetzten Fall aber, sowie in der Allgemeinheit der Fälle, wird dieses Machtverhältnis durchgreifen. Daß es dies getan hat, ohne daß eine solche Vorstellungsreihe, wie wir sie hier entwickelt haben, vorhanden war, also dunkel nach dem bloßen Takt des Urteils, wie das meiste, was im Kriege geschieht, beweist die Kriegsgeschichte hinlänglich. Es war derselbe Feldherr, dasselbe Heer, welche auf demselben Kriegstheater einmal die Schlacht von Hohenfriedberg lieferten und ein andermal das Lager von Bunzelwitz bezogen. Also auch Friedrich der Große, der, was die Schlacht betrifft, der offensivste aller Feldherren war, sah sich zuletzt bei großem Mißverhältnis der Macht zu einer eigentlichen [374] Verteidigungsstellung gezwungen, und Bonaparte, der früher wie ein wilder Eber seinen Gegner anging, sehen wir ihn nicht, als das Machtverhältnis sich gegen ihn wandte, im

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