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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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keine eigentliche Verteidigungsschlacht lieferte, hatte doch der Angriff die geometrische Form, von welcher wir hier sprechen, nämlich von dem Mittelpunkt nach dem Umkreis; es ist bekannt, in welcher Verlegenheit sich das verbündete Heer durch seine Trennung befand, eine Verlegenheit, aus welcher sie nur der Sieg an der Katzbach riß, weil auf die Nachricht davon Bonaparte mit den Garden nach Dresden zurückkehrte.
    Diese Schlacht an der Katzbach selbst ist ein ähnliches Beispiel; es ist ein Verteidiger, der im letzten Augenblick zum Angriff übergeht und folglich exzentrisch wirkt; die französischen Korps wurden dadurch auseinandergedrückt, und mehrere Tage nach der Schlacht fiel die Division Puthod als eine Frucht des Sieges den Verbündeten in die Hände.
    Wir schließen hieraus, daß, wenn der Angriff durch die ihm homogenere Form ein Mittel hat, seinen Sieg zu steigern, dem Verteidiger durch die ihm homogenere Form der Exzentrizität gleichfalls ein Mittel wird, seinem Sieg größere Folgen zu geben, als bei einer bloß parallelen Stellung und senkrechten Wirkung der Kräfte der Fall sein würde, und wir glauben, daß das eine Mittel wenigstens ebensoviel gelten könne als das andere.
    Wenn wir aber in der Kriegsgeschichte aus der Verteidigungsschlacht selten so große Siege hervortreten sehen, als aus der Angriffsschlacht, so beweist das nichts gegen unsere Behauptung, daß sie an sich dazu ebensosehr geeignet sei, sondern die Ursache liegt in den sehr verschiedenen Verhältnissen des Verteidigers. Der Verteidiger ist meistens der Schwächere, nicht bloß in der Streitkraft, sondern seinen ganzen Verhältnissen nach, er war oder glaubte sich meistens nicht imstande, seinem Siege eine große Folge zu geben, und begnügte sich dann mit der bloßen Zurückweisung der Gefahr und mit der geretteten Waffenehre. Daß der Verteidiger durch seine Schwäche und seine Verhältnisse in dem Maße gebunden sein kann, ist keine Frage; aber allerdings hat man auch oft das, was nur die Folge einer Notwendigkeit sein sollte, für die Folge der Rolle genommen, die man als Verteidiger spielt, und so ist es denn wirklich törichterweise eine Grundansicht über die Verteidigung geworden, daß ihre Schlachten nur auf das Abwehren, nicht auf das Vernichten des Feindes gerichtet wären. Wir halten dies für einen der schädlichsten Irrtümer, für eine wahre Verwechslung der Form mit der Sache und behaupten unbedingt, daß in der Kriegsform, welche wir Verteidigung nennen, nicht allein der Sieg wahrscheinlicher sei, sondern auch eben die Größe und Wirksamkeit erlangen könne, wie beim Angriff, und daß dies nicht bloß in dem summarischen Erfolg aller Gefechte, die einen Feldzug ausmachen, der Fall sei, sondern such in der einzelnen Schlacht, wenn es nicht an dem gehörigen Maß von Kraft und Willen fehlt.
Zehntes Kapitel: Festungen
    Früher und bis zur Zeit der großen stehenden Heere herunter waren Festungen, d. i. Schlösser und befestigte Städte, nur zum Schutz ihrer Einwohner da. Der Edelmann, wenn er sich von allen Seiten bedrängt sah, rettete sich in sein Schloß, um Zeit zu gewinnen, einen besseren Augenblick abzuwarten; die Städte suchten durch ihre Befestigungen die vorüberziehende Wetterwolke des Krieges von sich abzuhalten. Bei dieser einfachsten und natürlichsten Bestimmung der Befestigungen ist es nicht geblieben; die Beziehungen, welche ein solcher Punkt zum ganzen Lande und wieder zu dem Kriegsvolk hatte, welches sich im Lande hier und dort bekämpfte, gaben den befestigten Punkten bald eine erweiterte Wichtigkeit, eine Bedeutung, die sich außerhalb ihrer Mauern erstreckte, zur Einnahme oder Behauptung des Landes, zum glücklichen oder unglücklichen Ausgang des ganzen Kampfes beitrug und auf diese Weise selbst ein Mittel wurde, den Krieg mehr zu einem zusammenhängenden Ganzen zu verbinden. So haben die Festungen ihre strategische Bedeutung bekommen, die eine Zeitlang für so wichtig angesehen wurde, daß sie die Grundlinien zu den Feldzugsplänen abgab, die mehr darauf gerichtet waren, eine oder ein paar Festungen zu erobern, als die feindliche Streitkraft zu vernichten. Man kehrte zu der Veranlassung dieser Bedeutung zurück, nämlich zu den Beziehungen, welche ein befestigter Punkt zur Gegend und zum Heere hat, und glaubte nun in der Bestimmung der zu befestigenden Punkte nicht sorgfältig, fein und abstrakt genug sein zu können. Über dieser abstrakten Bestimmung wurde die ursprüngliche fast ganz aus

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