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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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Feldzügen, wo ein gleichgewichtiges Hin- und Herspielen der Kräfte stattfindet, wird man sich dem fortdauernden Nachteil eines Gebirges, in dessen Besitz der Feind geblieben ist, nicht aussetzen; man wird also den Teil desselben, welchen man nach der Richtung der Hauptlinien unseres Angriffs braucht, einzunehmen und festzuhalten suchen; und darum findet sich gewöhnlich, daß in solchen Fällen das Gebirge der Haupttummelplatz der einzelnen kleinen Kämpfe ist, die beide Heere miteinander bestehen. Aber man hüte sich, diesen Gegenstand zu überschätzen und ein solches Gebirge in allen Fällen wie den Schlüssel zum Ganzen, und seinen Besitz wie die Hauptsache zu betrachten. Wo es auf einen Sieg ankommt, ist dieser die Hauptsache, und wenn er errungen ist, kann die Einrichtung der übrigen Verhältnisse nach den herrschenden Bedürfnissen stattfinden.
    3. Das Gebirge als strategische Barriere betrachtet. Hier müssen wir zwei Beziehungen unterscheiden.
    Die erste ist wieder eine entscheidende Schlacht. Man kann nämlich das Gebirge wie einen Fluß, also als eine Barriere mit gewissen Zugängen betrachten, die uns dadurch zu einem siegreichen Gefecht Gelegenheit gibt, daß sie die feindliche Macht im Vorschreiten trennt, sie auf gewisse Wege einschränkt, und uns also in den Stand setzt, mit unserer hinter dem Gebirge vereinigt aufgestellten Macht über einen einzelnen Teil der feindlichen herzufallen. Da der Angreifende beim Vorgehen durch ein Gebirge, wenn er auch alle anderen Rücksichten beiseite setzen wollte, schon deswegen nicht in einer Kolonne bleiben kann, weil er sich der entscheidenden Gefahr aussetzen würde, sich mit einer einzigen Rückzugsstraße in eine entscheidende Schlacht einzulassen: so ist allerdings diese Methode auf sehr wesentliche Umstände gegründet. Da aber die Begriffe von Gebirgen und Gebirgsausgängen sehr unbestimmt sind, so kommt bei dieser Maßregel alles auf die Gegend selbst an, und sie kann daher nur als eine mögliche angedeutet werden, bei der auch noch zweier [216] Nachteile gedacht werden muß: das erste, daß der Feind, wenn er einen Stoß erhalten hat, im Gebirge sehr bald Schutz findet; das zweite, daß er die überhöhende Gegend innehat, welches zwar kein entscheidender, aber doch immer ein Nachteil für den Verteidiger ist.
    Uns ist keine Schlacht bekannt, die unter solchen Umständen geliefert worden wäre, wenn man nicht die Schlacht gegen Alvinzi 1796 dahin rechnen will. Aber daß der Fall eintreten kann, macht Bonapartes Übergang über die Alpen im Jahre 1800 deutlich, wo ihn Melas vor der Vereinigung seiner Kolonnen mit der ganzen Macht hätte anfallen können und sollen.
    Die zweite Beziehung, welche das Gebirge als eine Barriere haben kann, ist die auf die feindlichen Verbindungslinien, wenn es diese nämlich durchschneidet. Abgesehen von der Befestigung der Durchgänge durch Forts und von Wirkungen einer Volksbewaffnung können schlechte Gebirgswege in schlechter Jahreszeit die Verzweiflung einer Armee ausmachen, und sie haben nicht selten den Rückzug veranlaßt, nachdem sie dem Heere zuvor Mark und Blut ausgesogen hatten. Kommt ein häufiges Streichen der Parteigänger oder gar ein Volkskrieg hinzu, so wird die feindliche Armee zu großen Entsendungen und zuletzt zur Aufstellung fester Posten im Gebirge genötigt und so in die nachteiligste Lage verwickelt, die es im Angriffskrieg geben kann.
    4. Das Gebirge in Beziehung auf den Unterhalt der Heere. Dieser Gegenstand ist sehr einfach und an sich verständlich. Der größte Nutzen, welchen der Verteidiger in dieser Beziehung davon haben kann, wird eintreten, wenn der Angreifende entweder im Gebirge stehenbleiben oder wenigstens es hinter sich nehmen muß.
    Man wird diese Betrachtungen über die Gebirgsverteidigung, welche im Grunde den ganzen Gebirgskrieg umfassen, insofern ihre Reflexe auch auf den Angriffskrieg in dieser Beziehung das nötige Licht werfen, nicht deswegen für unrichtig oder unpraktisch halten, weil man im Gebirge nicht Ebenen und aus der Ebene kein Gebirge machen kann, und die Wahl des Kriegstheaters durch so viele andere Dinge bestimmt wird, daß es scheint, es könne nur wenig Spielraum für Gründe dieser Art bleiben. Bei großen Verhältnissen wird man finden, daß dieser Spielraum so gering nicht ist. Ist von der Aufstellung und Wirksamkeit der Hauptmacht, und zwar im Augenblick der entscheidenden Schlacht die Rede, so können einige Märsche mehr vorwärts oder rückwärts das Heer

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