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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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aus dem Gebirgsboden in die Ebene bringen, und eine entschlossene Vereinigung der Hauptmassen in der Ebene das danebenliegende Gebirge neutralisieren.
    Wir wollen jetzt das über diesen Gegenstand verteilte Licht noch einmal in einem Brennpunkte zu einem deutlichen Bilde sammeln.
    Wir behaupten und glauben erwiesen zu haben, daß das Gebirge, sowohl in der Taktik wie in der Strategie, der Verteidigung im allgemeinen [417] ungünstig sei, und verstehen dann unter Verteidigung die entscheidende, von deren Erfolg die Frage über den Besitz oder Verlust des Landes abhängt. Es raubt die Übersicht und hindert die Bewegungen nach allen Richtungen; es zwingt zur Passivität und nötigt jedes Loch zuzustopfen, woraus denn immer mehr oder weniger ein Kordonkrieg wird. Man soll also mit der Hauptmacht das Gebirge womöglich vermeiden und es seitwärts liegen lassen oder vor oder hinter sich nehmen.
    Hingegen glauben wir, daß für die untergeordneten Zwecke und Rollen im Gebirgsboden ein verstärkendes Prinzip liegt, und nach dem, was wir darüber gesagt haben, wird man es für keinen Widerspruch halten, wenn wir sagen, daß er ein wahrer Zufluchtsort des Schwachen ist, d. h. desjenigen, der eine absolute Entscheidung nicht mehr suchen darf. - Dieser Anspruch, den die Nebenrollen auf den Gebirgsboden haben, schließt die Hauptmacht von demselben zum zweiten Male aus.
    Aber alle diese Betrachtungen werden schwerlich dem Eindruck der Sinne das Gleichgewicht halten. Im einzelnen Fall wird die Einbildungskraft nicht allein aller Unerfahrenen, sondern auch aller in einer schlechten Kriegsmethode Erfahrenen so überwiegende Eindrücke von den Schwierigkeiten bekommen, welche der Gebirgsboden wie ein dichteres zäheres Element allen Bewegungen des Angreifenden entgegenstellt, daß sie Mühe haben werden, unsere Meinung nicht für die wunderlichste Paradoxie zu halten. Bei allen allgemeinen Betrachtungen aber wird die Geschichte des letzten Jahrhunderts mit seiner eigentümlichen Kriegskunst an die Stelle des sinnlichen Eindrucks treten, und sie werden z. B. sich nie entschließen, zu glauben, daß Österreich seine Staaten gegen Italien mit nicht mehr Leichtigkeit als gegen den Rhein sollte verteidigen können. Dagegen werden die Franzosen, die den Krieg zwanzig Jahre lang unter einer energievollen und rücksichtslosen Führung gemacht haben, und welche die glücklichen Folgen dieses Systems immer vor Augen gehabt haben, sich noch lange in diesem Fall, wie in andern durch den Takt eines geübten Urteils auszeichnen.
    So wäre also ein Staat mehr geschützt durch offene Gegenden als durch Gebirge; Spanien stärker ohne seine Pyrenäen, die Lombardei unzugänglicher ohne die Alpen, und ein ebenes Land, z. B. Norddeutschland, schwerer zu erobern als ein Gebirgsland, z. B. Ungarn. An diese falschen Folgerungen wollen wir unsere letzten Bemerkungen anknüpfen.
    Wir behaupten nicht, daß Spanien ohne seine Pyrenäen stärker wäre als mit denselben sondern daß eine spanische Armee, die sich stark genug fühlt, es auf eine entscheidende Schlacht ankommen zu lassen, besser tut, sich hinter dem Ebro vereinigt aufzustellen, als sich in die fünfzehn Pässe der Pyrenäen zu verteilen. Dadurch wird die Einwirkung der Pyrenäen auf den Krieg noch lange nicht aufgehoben. Dasselbe behaupten wir von einer italienischen Armee. Verteilte sie sich in den hohen Alpen, so würde sie von jedem entschlossenen Gegner überwunden werden, ohne die Alternative [418] eines Sieges oder einer Niederlage zu haben, während sie in der Ebene von Turin die Ansprüche jeder anderen Armee hat. Deswegen aber wird noch niemand glauben, daß es dem Angreifenden angenehm sei, eine Gebirgsmasse, wie die der Alpen zu durchziehen und hinter sich zu lassen. - Übrigens wird durch diese in der Ebene angenommene Hauptschlacht nicht einmal eine vorläufige Verteidigung des Gebirges mit untergeordneten Kräften ausgeschlossen, die bei solchen Massen, wie die Alpen und Pyrenäen sind, sehr zu raten ist. Endlich sind wir weit entfernt, die Eroberung eines ebenen Landes für leichter als die eines gebirgigen zu halten, es sei denn, daß ein einziger Sieg den Feind gänzlich entwaffnete. Nach diesem Siege tritt für den Erobernden ein Zustand der Verteidigung ein, bei welchem ihm der Gebirgsboden ebenso nachteilig und nachteiliger werden muß, als er es dem Verteidiger war. Dauert der Krieg also fort, kommen äußere Hilfen herbei, tritt das Volk unter die Waffen, dann werden alle

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