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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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das günstigste in diesem Falle ist, wenn der Verteidiger dadurch verleitet wird, ihn als eine taktische Barriere [534] zu betrachten und aus seiner eigentlichen Verteidigung den Hauptakt seines Widerstandes zu machen, so daß der Angreifende den Vorteil in die Hände bekommt, den entscheidenden Schlag auf eine leichte Art zu tun. - Freilich wird dieser Schlag im ersten Augenblick niemals eine vollständige Niederlage des Gegners sein, aber er wird in einzelnen vorteilhaften Gefechten bestehen, und diese dann beim Gegner sehr schlechte allgemeine Verhältnisse herbeiführen wie 1796 bei den Österreichern am Niederrhein.
Neuntes Kapitel: Angriff von Defensivstellungen
    Im Buche von der Verteidigung ist hinreichend auseinandergesetzt, inwiefern Defensivstellungen zwingen werden, sie entweder anzugreifen oder sein Vorschreiten aufzugeben. Nur solche, die das tun, sind zweckmäßig und geeignet, die Angriffskraft ganz oder zum Teil zu verzehren oder zu neutralisieren, und insoweit vermag der Angriff nichts dagegen, d. h. es gibt in seinem Bereich kein Mittel, diesen Vorteil aufzuwiegen. Aber nicht alle Defensivstellungen, die vorkommen, sind wirklich so. Sieht der Angreifende, daß er sein Ziel verfolgen kann, ohne sie anzugreifen, so wäre der Angriff ein Fehler; kann er sein Ziel nicht verfolgen, so fragt es sich, ob er den Gegner durch Flankenbedrohung herausmanövrieren kann. Nur wenn diese Mittel unwirksam sind, entschließt man sich zum Angriff einer guten Stellung, und dann pflegt der Angriff von der Seite her immer etwas weniger Schwierigkeit darzubieten; aber die Wahl zwischen beiden Seiten entscheidet die Lage und Richtung der gegenseitigen Rückzugslinien, also die Bedrohung des feindlichen Rückzugs und die Sicherung des eigenen. Zwischen beiden kann dann Konkurrenz entstehen, und dabei gebührt der ersten Rücksicht ein natürlicher Vorzug, denn sie ist selbst offensiver Natur, also mit dem Angriff homogen, während die andere defensiver Natur ist. Aber es ist gewiß und muß hier als eine Hauptwahrheit betrachtet werden, daß einen tüchtigen Gegner in einer guten Stellung anzugreifen ein mißliches Ding ist. Es fehlt freilich nicht an Beispielen solcher Schlachten, und zwar glücklicher, wie Torgau, Wagram (Dresden nennen wir nicht, weil wir den Gegner in derselben nicht tüchtig nennen mögen); aber im ganzen ist die Gefahr sehr gering und verschwindet gegen die Unzahl der Fälle, wo wir die entschlossensten Feldherren vor guten Stellungen salutieren sahen.
    Aber man muß mit dem Gegenstand, den wir hier im Auge haben, nicht die gewöhnlichen Schlachten verwechseln. Die meisten Schlachten sind wahre rencontres, in denen zwar der eine steht, aber in einer unzubereiteten Stellung.
Zehntes Kapitel: Angriff verschanzter Lager
    Es war eine Zeitlang Mode, sehr geringschätzend von Schanzen und ihren Wirkungen zu sprechen. Die kordonartigen Linien der französischen Grenzen, welche oft gesprengt worden waren, das verschanzte Lager von Breslau, in dem der Herzog von Bevern die Schlacht verlor, die Schlacht bei Torgau und mehrere andere Fälle hatten dies Urteil herbeigeführt, und die durch Bewegung und Offensivmittel errungenen Siege Friedrichs des Großen hatten auf alle Verteidigung, alles stehende Gefecht, und namentlich alle Schanzen einen Reflex geworfen, der diese Geringschätzung noch vermehrte. Freilich, wenn ein paar tausend Mann mehrere Meilen Land verteidigen sollen, oder wenn Schanzen nichts anderes sind als umgekehrte Laufgräben, so sind sie für nichts zu rechnen, und es entsteht also durch das Vertrauen, welches man auf sie setzt, eine gefährliche Lücke. Aber ist es denn nicht Widerspruch oder vielmehr Unsinn, wenn man dies, im Geist eines gemeinen Schwadroneurs, wie Tempelhoff es tut, auf den Begriff der Verschanzung selbst ausdehnt? Wozu wären dann überhaupt Schanzen, wenn sie nicht geeignet wären, die Verteidiger zu stärken? Nein! - nicht nur die Vernunft, sondern auch hundert und tausend Erfahrungen zeigen, daß eine gut eingerichtete, gut besetzte, gut verteidigte Schanze als ein in der Regel unnehmbarer Punkt zu betrachten ist, und auch so von den Angreifenden betrachtet wird. Von diesem Element der Wirksamkeit einer einzelnen Schanze ausgegangen, ist es wohl nicht zu bezweifeln, daß der Angriff eines verschanzten Lagers eine sehr schwierige, meistens eine unmögliche Aufgabe für den Angreifenden ist.
    Es liegt in der Natur der verschanzten Lager, daß sie schwach besetzt sind;

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