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Vom Kriege

Vom Kriege

Titel: Vom Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl von Clausewitz
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dem Angreifenden zu einem wahren Vorteil, denn ihre übernatürliche Ausdehnung widerspricht noch mehr als die unmittelbare Fluß- oder Gebirgsverteidigung allen Erfordernissen einer [539] entscheidenden Schlacht. Eugens Linien von Denain 1712 sind wohl hierher zu zählen, denn ihr Verlust glich einer verlorenen Schlacht vollkommen; schwerlich aber hätte Villars in einer konzentrierten Stellung gegen Eugen diesen Sieg erfochten. Wo die Mittel zu einer entscheidenden Schlacht nicht im Angriff liegen, da sind selbst Linien respektiert, wenn sie nämlich von der feindlichen Hauptarmee besetzt sind; wie die von Stollhofen unter Ludwig von Baden im Jahre 1703 selbst von Villars respektiert wurden. Sind sie aber nur von einer untergeordneten Streitkraft besetzt, so kommt freilich alles auf die Stärke des Korps an, welches man zu ihrem Angriff verwenden kann. Der Widerstand ist dann meistens nicht groß, aber freilich das Resultat des Sieges auch selten viel wert.
    Die Zirkumvallationslinien der Belagerer haben einen eigenen Charakter, wovon in dem Kapitel vom Angriff eines Kriegstheaters gesprochen werden soll.
    Alle kordonartigen Aufstellungen, z.B. verstärkte Vorpostenlinien usw., haben immer das Eigentümliche, daß sie leicht zu sprengen sind; aber wenn es nicht geschieht, um weiter vorzudringen und eine Entscheidung daraus zu nehmen, so geben sie nur einen schwachen Erfolg, der meistens nicht der Mühe wert ist, die man darauf gewendet hat.
Dreizehntes Kapitel: Manövrieren
    1. Schon im dreißigsten Kapitel des sechsten Buchs ist dasselbe berührt. Es ist aber allerdings, obgleich dem Verteidiger und Angreifenden gemeinschaftlich, doch immer etwas mehr angreifender als verteidigender Natur, daher wir es hier näher charakterisieren wollen.
    2. Das Manövrieren steht nicht der gewaltsamen Ausführung des Angriffs durch große Gefechte, sondern jeder solchen Ausführung des Angriffs entgegen, die unmittelbar aus den Mitteln desselben hervorgeht, wäre es auch eine Wirkung auf die feindlichen Verbindungslinien, auf den Rückzug, eine Diversion usw.
    3. Halten wir uns an den Sprachgebrauch, so liegt in dem Begriff des Manövrierens eine Wirksamkeit, welche gewissermaßen aus nichts, d. h. aus dem Gleichgewicht, erst hervorgerufen wird durch die Fehler, welche man dem Feinde ablockt. Es sind die ersten Züge im Schachspiel. Es ist also ein Spiel gleichgewichtiger Kräfte, um eine [540] glückliche Gelegenheit zu Erfolgen herbeizuführen und diese dann als eine Überlegenheit über den Gegner zu benutzen.
    4. Diejenigen Interessen aber, welche teils als das Ziel, teils als die Stützpunkte des Handelns hierbei betrachtet werden müssen, sind hauptsächlich:
    a) Die Verpflegung, welche man dem Gegner abzuschneiden oder zu beschränken sucht.
    b) Die Vereinigung mit anderen Korps.
    c) Die Bedrohung anderer Verbindungen mit dem Innern des Landes oder mit anderen Armeen und Korps.
    d) Die Bedrohung des Rückzuges.
    e) Der Angriff einzelner Punkte mit überlegenen Kräften.
    Diese fünf Interessen können sich in den allerkleinsten Einzelheiten der individuellen Lage festsetzen, und diese dadurch zu dem Gegenstand werden, um den sich eine Zeitlang alles dreht. Eine Brücke, eine Straße, eine Schanze spielen dann oft die Hauptrolle. Es ist leicht, in jedem Fall darzutun, daß nur die Beziehung, die sie zu einem der eben genannten Gegenstände haben, ihnen die Wichtigkeit gibt.
    f) Das Resultat eines glücklichen Manövers ist dann für den Angreifenden oder vielmehr für den aktiven Teil, welches allerdings auch der Verteidigende sein kann, ein Stückchen Land, ein Magazin usw.
    g) Bei dem strategischen Manöver kommen zwei Gegensätze vor, die das Ansehen verschiedener Manöver haben, und auch wohl zu Ableitung falscher Maximen und Regeln gebraucht worden sind, wovon vier Glieder, aber im Grunde alle, notwendige Bestandteile der Sache sind und als solche betrachtet werden müssen. Der erste Gegensatz ist das Umfassen und das Wirken auf inneren Linien, der zweite das Zusammenhalten der Kräfte und das Ausdehnen in vielen Posten.
    h) Was den ersten Gegensatz betrifft, so kann man durchaus nicht sagen, daß eins der beiden Glieder vor dem andern einen allgemeinen Vorzug verdiene; denn teils ist es natürlich, daß das Bestreben der einen Art die andere als sein natürliches Gegengewicht, als seine wahre Arznei hervorruft; teils ist das Umfassen dem Angriff, das Bleiben auf den inneren Linien aber der Verteidigung homogen, und

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