Vom Kriege
Sache und kann nur die ihrige sein, zu bestimmen, welche Ereignisse und welche Richtung der Begebenheiten dem Ziele des Krieges entsprechen.
Mit einem Wort, die Kriegskunst auf ihrem höchsten Standpunkte wird zur Politik, aber freilich eine Politik, die, statt Noten zu schreiben, Schlachten liefert.
Mit dieser Ansicht ist es eine unzulässige und selbst schädliche Unterscheidung, wonach ein großes kriegerisches Ereignis oder der Plan zu einem solchen eine rein militärische Beurteilung zulassen soll; ja, es ist ein widersinniges Verfahren, bei Kriegsentwürfen Militäre zu Rate zu ziehen, damit sie rein militärisch darüber urteilen sollen, wie die Kabinette wohl tun; aber noch widersinniger ist das Verlangen der Theoretiker, daß die vorhandenen Kriegsmittel dem Feldherrn überwiesen werden sollen, um danach einen rein militärischen Entwurf zum Kriege oder Feldzuge zu machen. Auch lehrt die allgemeine Erfahrung, daß trotz der großen Mannigfaltigkeit und Ausbildung des heutigen Kriegswesens, die Hauptlineamente des Krieges doch immer von den Kabinetten bestimmt worden sind, d. h. von einer, wenn man technisch sprechen will, nur politischen, nicht militärischen Behörde.
Dies ist vollkommen in der Natur der Dinge. Keiner der Hauptentwürfe, welche für einen Krieg nötig sind, kann ohne Einsichten in die politischen Verhältnisse gemacht werden, und man sagt eigentlich etwas ganz anderes, [608] als man sagen will, wenn man, was häufig geschieht, von dem schädlichen Einfluß der Politik auf die Führung des Krieges spricht. Es ist nicht dieser Einfluß, sondern die Politik selbst, welche man tadeln sollte. Ist die Politik richtig, d. h. trifft sie ihr Ziel, so kann sie auf den Krieg in ihrem Sinn auch nur vorteilhaft wirken; und wo diese Einwirkung vom Ziel entfernt, ist die Quelle nur in der verkehrten Politik zu suchen.
Nur dann, wenn die Politik sich von gewissen kriegerischen Mitteln und Maßregeln eine falsche, ihrer Natur nicht entsprechende Wirkung verspricht, kann sie mit ihren Bestimmungen einen schädlichen Einfluß auf den Krieg haben. Wie jemand in einer Sprache, der er nicht ganz gewachsen ist, mit einem richtigen Gedanken zuweilen Unrichtiges sagt, so wird die Politik dann oft Dinge anordnen, die ihrer eigenen Absicht nicht entsprechen.
Dies ist unendlich oft vorgekommen, und dies macht es fühlbar, daß eine gewisse Einsicht in das Kriegswesen von der Führung des politischen Verkehrs nicht getrennt werden sollte.
Aber ehe wir ein Wort weiterreden, müssen wir uns vor einer falschen Deutung verwahren, die sehr nahe liegt. Wir sind weit entfernt, zu glauben, daß ein in Akten vergrabener Kriegsminister oder ein gelehrter Ingenieur oder auch selbst ein im Felde tüchtiger Soldat darum den besten Staatsminister abgeben würde, wo der Fürst es nicht selbst ist; oder mit andern Worten, wir wollen durchaus nicht, daß diese Einsicht in das Kriegswesen die Haupteigenschaft desselben sei; ein großartiger, ausgezeichneter Kopf, ein starker Charakter, das sind die Haupteigenschaften; die Einsicht in das Kriegswesen läßt sich auf eine oder die andere Art wohl ergänzen. Frankreich ist in seinen kriegerischen und politischen Händeln nie schlechter beraten gewesen als unter den Gebrüdern Belleisle und dem Herzog von Choiseui, obgleich alle drei gute Soldaten waren.
Soll ein Krieg ganz den Absichten der Politik entsprechen, und soll die Politik den Mitteln zum Kriege ganz angemessen sein, so bleibt, wo der Staatsmann und der Soldat nicht in einer Person vereinigt sind, nur ein gutes Mittel übrig, nämlich den obersten Feldherrn zum Mitglied des Kabinetts zu machen, damit dasselbe teil an den Hauptmomenten seines Handelns nehme. Dies ist aber wieder nur möglich, wenn das Kabinett, d. h. also die Regierung, selbst sich in der Nähe des Schauplatzes befindet, damit die Dinge ohne merklichen Zeitverlust abgemacht werden können.
So hat es der Kaiser von Österreich im Jahre 1809, und so haben es die verbündeten Monarchen in den Jahren 1813, 1814 und 1815 gemacht, und diese Einrichtung hat sich vollkommen bewährt.
Höchst gefährlich ist der Einfluß eines anderen Militärs als des obersten Feldherrn im Kabinett; selten wird das zum gesunden tüchtigen Handeln führen. Frankreichs Beispiel, wo Carnot 1793, 1794 und 1795 die Kriegsangelegenheiten von Paris aus leitete, ist durchaus verwerflich, weil der Terrorismus nur revolutionären Regierungen zu Gebote steht.
[609] Wir wollen jetzt mit
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