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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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schwöre es dir.«
    Er lehnte seinen Kopf gegen die Nackenstütze und schloss die Augen.
    Ich legte meinen Kopf an seine Schulter, umarmte ihn seitlich und fragte mich, was alles hätte passieren können, wenn irgendetwas anders gelaufen wäre.
    Was, wenn Vincent nicht schnell genug gewesen wäre und einer der Fußgänger mit seinem Leben bezahlt hätte? Was, wenn Vincent auf dem Weg zum Laster von ihm überrollt worden wäre? Statt hier im Streifenwagen zu sitzen, würde ich jetzt neben seiner übel zugerichteten Leiche knien. Es hatten nur wenige Zentimeter gefehlt und die Sache wäre anders ausgegangen.
    Auch ich schloss nun meine Augen und versuchte, mich auf das zu konzentrieren, was war, und nicht auf das, was hätte sein können.

 
    W ir mussten über eine Stunde auf dem Polizeipräsidium warten, bis unsere Aussagen aufgenommen wurden. Natürlich hatten die Ermittlungen schon begonnen, weshalb uns der Polizist, der irgendwann auftauchte, ein paar Neuigkeiten erzählen konnte. So hatten sie beim Fahrer des Lieferwagens einen Notfallpass mit dem Hinweis gefunden, dass er Epileptiker war. Sie hatten seine Frau kontaktiert, die bestätigte, dass er seit Kurzem seine Medikamente nicht mehr nahm.
    »Er war bewusstlos, als ich den Wagen erreichte«, bestätigte Vincent.
    »Er saß bewusstlos am Steuer?«, fragte der Polizist und machte sich gleichzeitig Notizen.
    »Nein, er war zusammengesackt und auf den Beifahrersitz gekippt. Sein Fuß war nicht mehr auf dem Gaspedal.«
    Drei kleine Klammerpflaster, durch die inzwischen schon wieder etwas Blut gesickert war, zierten Vincents Stirn; ein Sanitäter hatte die Wunde noch im Streifenwagen versorgt. Als der Polizist wieder aufsah, betastete Vincent gerade vorsichtig die Pflaster.
    Der Mann bemerkte es und klappte sein Notizbuch zu. »Mir wurde aufgetragen, Sie nicht lange aufzuhalten. Und mich für die lange Wartezeit zu entschuldigen. Obwohl das unentschuldbar ist.«
    Vor etwa einer Viertelstunde war er plötzlich hereingehastet gekommen und hatte sich fast ein Bein ausgerissen, um uns mit allem zu versorgen, was wir benötigten – Informationen inklusive. Er berichtete uns Einzelheiten zum Stand der Ermittlungen, die sicher nicht für unsere Ohren bestimmt waren. Das ließ nur den Schluss zu, dass Jean-Baptiste in der Zwischenzeit einen seiner Kontakte hier im Revier verständigt hatte.
    »Auch wenn Sie wiederholt unser Angebot abgelehnt haben, Sie in eine Notaufnahme zu bringen, rate ich Ihnen dennoch, einen Arzt aufzusuchen«, fuhr der Mann fort und sah aufrichtig besorgt aus. »Wer weiß, was Sie sich sonst noch für Verletzungen zugezogen haben, aber diese Platzwunde sieht auf jeden Fall so aus, als müsste sie genäht werden.«
    »Vielen Dank, aber gerade möchte ich nichts lieber als nach Hause. Die ganze Sache hat mich ziemlich mitgenommen.« Ich unterdrückte ein Lachen. Es war unglaublich, wie Vincent hier die Rolle eines gewöhnlichen Neunzehnjährigen spielte.
    Der Polizist nickte, legte den Stift auf sein Notizbuch und kam um den Tisch herum. Er streckte seinen Arm aus, doch weil Vincent zusammenzuckte, als er es ihm nachtun wollte, zog der Polizist schnell seine Hand zurück und klopfte Vincent stattdessen vorsichtig auf die Schulter. »Ich möchte Ihnen noch einmal für Ihr heldenhaftes Eingreifen danken, Monsieur Dutertre.«
    Nun musste ich meine Lippen richtig aufeinanderpressen, um nicht laut loszulachen. Vincent schien ein wahrer Profi darin zu sein, sich spontan falsche Namen einfallen zu lassen.
    »Versprechen Sie mir, dass Sie ihn zu einem Arzt bringen?«, sagte der Polizist an mich gewandt. »Und zwar heute noch.«
    Ich nickte. Wir folgten ihm durch das labyrinthische Präsidium und schüttelten ihm in der Vorhalle noch einmal die Hand.
    »Komm, verschwinden wir«, sagte Vincent an der Eingangstür. Wir ließen die lange Treppe vor dem Gebäude hinter uns und sprangen sofort auf die Rückbank eines wartenden Autos.
    »Gaspard hat uns von deiner Akrobatiknummer erzählt, Vin. Du bist ja ein echter James Bond. Gut gemacht«, begrüßte Ambrose uns und fädelte sich schnell in den fließenden Verkehr ein. Vincent machte sich klein, damit er seinen Kopf auf meine Schulter legen konnte. »Wie geht’s dir, Kumpel? Zur Klinik oder nach Hause?«
    »Ging mir schon mal besser. Hab mir wohl eine Rippe gebrochen, aber einen Arzt brauche ich nicht.« Sehr schön, dachte ich und war ein bisschen getroffen. Mir hatte er gesagt, die Rippe sei geprellt. Wann

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