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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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wertvoller ist als das von anderen? Dass mein einzelnes Leben kostbarer ist als die Vielzahl, die du retten könntest, wenn du keine Rücksicht auf mich nehmen würdest? Denn das wäre, um ganz ehrlich zu sein, ziemlich schwer zu ertragen.«
    Vincent nahm meine Hand. »Kate, wie lang dauert in der Regel ein menschliches Leben?«
    »Keine Ahnung. Achtzig, neunzig Jahre vielleicht?«
    »Und du bist siebzehn. Es ist furchtbar, das auch nur zu denken, aber ...«
    Mir wurde langsam klar, worauf er hinauswollte. »Mir bleiben noch ungefähr sechzig Jahre. Höchstens siebzig. Du musst dich also nur so lange zurückhalten, bis es mich nicht mehr gibt.«
    Sein Schweigen war so gut wie ein Ja. »Es ist sehr unwahrscheinlich, dass in dieser Zeit ein Mensch sein Leben verliert, nur weil ich nicht für ihn sterbe. Ich bin doch immer mit einem Anverwandten unterwegs. Selbst wenn sich eine Situation ergeben sollte, in der jemand sterben müsste, ist da immer noch mindestens ein anderer Revenant, der für mich einspringen kann.
    Gemessen an meiner Unsterblichkeit, bleibt uns sowieso nur eine sehr kurze Zeit zusammen. Danach ... kann ich ja den Rest meiner Tage nutzen, die in diesem Punkt verlorenen Jahre wieder aufzuholen. Wenn das mehr in deinem Sinne ist.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen zwischen uns. Die Bilder, die seine Worte bei mir ausgelöst hatten, verstörten mich so sehr, dass ich gar nicht laut darüber sprechen konnte.
    »Gut, Vincent«, sagte ich endlich. »Das würde trotzdem immer noch bedeuten, dass du so lange leiden musst, wie ich lebe. Tut mir leid, aber das sind für mich nicht gerade rosige Aussichten. Um ehrlich zu sein, möchte ich das nicht und würde am liebsten unsere Abmachung aufheben.«
    Seine Augen weiteten sich vor Schreck. »Nein.«
    »Mir gefällt es nicht, dass du meinetwegen deinem Wesen und deiner Natur zuwider leben musst. Ich möchte dich nicht leiden sehen. Wenn du weiter für andere stirbst – wie es deine Bestimmung ist haben wir die einfachste Lösung für dieses ganze Desaster. Ich bin stark, Vincent. Ich glaube, ich halte das aus.« Das Zittern in meiner Stimme strafte mich Lügen.
    Seine Überraschung wandelte sich in Entschlossenheit. Er rutschte näher zu mir und umschlang mich fest. »Kate, ich glaube, ich kenne dich jetzt schon ziemlich gut. Allein beim Gedanken an meine möglichen Tode wirst du dich emotional von mir entfernen. Lass uns noch ein bisschen an unserem eigentlichen Plan und unserer Absprache festhalten. Zumindest so lange, bis ich eine andere Möglichkeit gefunden habe. Ich suche doch gerade nach einem Weg, wie das alles funktionieren kann. Gib mir noch etwas Zeit.«
    In seiner Umarmung schmolzen schließlich auch die letzten Zweifel dahin. Ich zuckte mit den Schultern, irgendwie fühlte ich mich machtlos. »Vincent, wenn du glaubst, dass du eine Lösung für all unsere Probleme finden kannst, dann such sie, um Himmels willen. Ich will dich doch nur von deinem Versprechen entbinden, ich will dich ja nicht verlassen.«
    »Ich fürchte aber ernsthaft, dass du mich verlassen wirst – und das sogar mit gutem Grund und aus purem Selbsterhaltungstrieb –, wenn du weißt, dass ich sterben könnte«, beharrte Vincent. »Deshalb werde ich nicht sterben. Die Abmachung steht. In Ordnung?«
    Ich nickte. Erleichterung durchströmte mich, worüber ich mich im selben Moment ärgerte. »In Ordnung.«
    Er lockerte seine Umarmung, um mir in die Augen sehen zu können. Ein reumütiges Lächeln lag auf seinen Lippen und er spielte mit einer meiner Haarsträhnen, die mir ins Gesicht gefallen war. »Kate, ich gebe ja zu, dass das hier außerordentliche Umstände sind, aber ich muss das fragen. Bist du immer so ... kompliziert?«
    Mein Mund öffnete sich, doch bevor ich etwas sagen konnte, schüttelte Vincent schon grinsend den Kopf. »Ach, du brauchst gar nicht zu antworten. Natürlich bist du das. Wenn du’s nicht wärst, würde ich dich ja gar nicht so sehr mögen.«
    Ich lachte. Urplötzlich waren jegliche Angst und Sorge verflogen und ich küsste ihn. Und er küsste mich. Während wir uns berührten, schien auf einmal alles ganz einfach. Es gab nur noch Vincent und mich. Die Welt mit all ihren unlösbaren Problemen verlor an Wichtigkeit. Ich zog ihn näher zu mir.
    »Du ...«, setzte er an.
    »Ja?«, fragte ich und neigte meinen Kopf wieder zu ihm.
    »... tust mir weh«, schnaufte er mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Oh nein! Was hab ich gemacht?«, fragte ich

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