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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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Lieblingsfilms Harold und Maude das Café Sainte-Lucie an. Wir teilten uns eine Platte von vorzüglichem, geschmolzenen Käse und einen Korb voller knuspriger Baguettescheiben. Violette erzählte mir von den alten Zeiten, in denen Numa und Bardia noch nicht so schlimm verfeindet gewesen waren. Es war ungewöhnlich, die alte Bezeichnung für Revenants aus ihrem Mund zu hören, als gehörte sie zur alltäglichen Ausdrucksweise.
    Damals sahen sie ihre Aufgabe offenbar als ein und dieselbe: Es ging um Menschenleben. Man erhielt Leben oder nahm Leben ... im Grunde lief es auf das Gleiche hinaus. »Es geht ja um Gleichgewicht«, sagte sie. »Zu jener Zeit verständigten sich Numa und Bardia noch offen miteinander.«
    »Ich verrate dir was«, fuhr sie fort und lehnte sich vertraulich zu mir herüber. »Arthur hat den Kontakt zu ein paar unserer alten Bekanntschaften aus Numa-Kreisen gehalten, worüber ich sehr froh bin. Meine Recherchen hätten sonst sehr gelitten.« Als sie sah, wie schockiert ich über diese Information war, fügte sie schnell hinzu: »Kate, man kann doch nicht einen kompletten Zweig seiner eigenen Art negieren, nur weil er in den letzten Jahrzehnten aus der Mode gekommen ist.«
    »Eurer eigenen Art? Ihr seid euch nicht mal ähnlich!«, entfuhr es mir. Der Vergleich ekelte mich.
    »Oh, da hast du unrecht. Wir sind uns mehr als ähnlich. Hat Vincent dir erklärt, wie ein Revenant entsteht? Oder auch ein Numa, wenn wir schon bei dem Thema sind?«
    »Ein Mensch wird zum Revenant, indem er für einen anderen Menschen stirbt. Ein Numa entsteht, wenn ein Mensch stirbt, der einen anderen in den Tod getrieben hat.«
    »Das ist wahr«, sagte sie. »Aber wenn du es anders betrachtest, gehören Numa und Bardia zur gleichen Spezies: Wir alle sind Revenants. Viele, ich eingeschlossen, glauben, dass Revenants ein bestimmtes Gen haben. Dass wir eine Mutation sind.
    Doch egal, welche Theorie man zugrunde legt, in einem sind sich alle einig: Jeder Revenant wird als Mensch mit der Prädisposition geboren, einmal ein Revenant zu werden. Ob er ein Numa oder Bardia wird, hängt davon ab, wie er sein Leben führt. Und wem sich nie die Gelegenheit bietet, jemanden zu retten oder zu verraten, der verbringt ein ganz normales Leben auf der Erde, ohne zu wissen, dass er anders ist.«
    »Man wird also nicht als Numa oder Bardia geboren?«
    »Nein, außer du legst die calvinistische Doktrin der Vorherbestimmung zugrunde.« Und wieder klingt sie viermal älter ; als sie aussieht , dachte ich. »Aber damit bewegen wir uns auf theologischem Gebiet, auf der Suche nach einer Antwort auf die Frage nach der Natur des Menschen. Und darauf gibt es nur eine Antwort: Wer weiß das schon? Was ich dir aber mit Sicherheit sagen kann, ist, dass Numa und Bardia nicht immer die Feinde waren, die sie heute sind.«
    »Jean-Baptiste hat mal erwähnt, dass es früher weit mehr Revenants in Paris gab.«
    Violette nickte. »Wie bei den meisten kriegerischen Auseinandersetzungen entstanden während des Zweiten Weltkriegs unzählige Revenants beider Gruppen. Und da viele von ihnen ihre persönlichen Fehden aus Menschenzeiten mit in die Unsterblichkeit nahmen, brach daraufhin ein gewaltiger Vergeltungskrieg zwischen den Numa und Bardia aus. Er fand etwa ein Jahrzehnt später sein Ende, seither besteht eine Art Waffenstillstand.«
    »Wieso?«, fragte ich, ganz gebannt von diesen neuen Erkenntnissen.
    Sie zuckte mit den Schultern. »Das ist mir nicht bekannt. Wie schon erwähnt, leben Arthur und ich sehr zurückgezogen in unserem Schloss an der Loire. Aus der Pariser Politik habe ich mich stets herausgehalten.«
    »Wie ich gehört habe, bist du die erste Anlaufstelle für alle, die Fragen zu Revenants oder Numa haben«, sagte ich. »Wenn es jemand weiß, dann wohl du.«
    »Touché«, sagte sie lachend. »Mein Renommee besteht darin, sämtliche relevanten Informationen zu haben – oder zumindest Zugang zu ihnen. Gleichzeitig brüste ich mich damit, Geheimnisse wahren zu können. Sollte ich dir also etwas verschweigen, habe ich dafür sicher einen guten Grund.«
    »Wenn ich dich jetzt fragen würde, womit Vincent sich gerade beschäftigt ...?«, versuchte ich es mit einem verschlagenen Grinsen.
    »Würde ich antworten: ›Ich weiß nicht, wovon du sprichst!‹«, erwiderte sie mit ebenso verschlagenem Lächeln.
    Ich hatte gehofft, meine neue Freundin wäre offener zu mir. Andererseits hätte ich mich auch schuldig gefühlt, wenn ich über Violette etwas

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