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Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
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Band heraus und legte ihn behutsam in meine Handfläche.
    Es war eine flache goldene Scheibe, etwa so groß wie eine Dollarmünze. Am äußeren Rand des Schmuckstücks befanden sich zwei ineinanderliegende Kreise, geformt aus winzigen Goldkügelchen. In der Mitte der münzähnlichen Scheibe befand sich ein dunkelblauer, dreieckiger Stein, dessen glatte Oberfläche leicht gewölbt war. Der Platz zwischen den Kreisen und dem Stein war mit feinen Golddrähten in der Form von Flammen verziert. Es sah so alt und wertvoll aus wie die griechischen Schmuckstücke in Papys Antiquitätengeschäft.
    »Mein Gott, Vincent. Das ist wunderschön.« Ich konnte kaum sprechen, mein Hals war ganz eng vor lauter Rührung.
    »Das ist ein signum bardia. Es soll anderen Revenants zeigen, dass du zu uns gehörst. Dass du weißt, was wir sind, und dass wir dir trauen. Jeanne hat auch eins – und sie legt es nie ab.«
    Mir standen Tränen in den Augen. Ich umschloss den Anhänger fest mit der Hand, umschlang dann Vincent mit beiden Armen und gab ihn erst nach ein paar Sekunden wieder frei, bevor ich mir die Tränen wegwischte.
    Ein vorsichtiges Lächeln lag auf seinen Lippen. »Es gefällt dir also?«
    »Vincent, das Wort ›gefallen‹ trifft es so was von gar nicht. Es ist einfach unbeschreiblich schön. Wo hast du das bloß her?«, fragte ich, ohne meine Augen von diesem erlesenen Schmuckstück lösen zu können.
    »Aus unserer Schatzkammer.«
    Ich warf ihm einen schnellen Seitenblick zu. »Dann gehört es also Jean-Baptiste?«
    »Nein«, beruhigte Vincent mich. »Die Schatzkammer befindet sich zwar in seinem Haus, was darin aufbewahrt wird, gehört jedoch den Revenants von ganz Frankreich. Die Gegenstände werden seit Jahrtausenden weitervererbt. Dieses hier wurde laut Aufzeichnungen das letzte Mal im neunten Jahrhundert von einem unserer Boten auf seinem Weg nach Konstantinopel getragen.«
    Meine Augen wurden groß. »Bist du sicher, dass ich das haben darf? Ich meine, sind wirklich alle einverstanden?«
    »Ich habe es Jean-Baptiste und Gaspard gezeigt. Sie haben mich zu dieser Wahl beglückwünscht und gesagt, dass es perfekt zu dir passt. Der Anhänger gehört jetzt dir, du musst ihn mir nie mehr zurückgeben. Und ich hoffe, das willst du auch nicht.« Er klang bei diesen Worten zwar fröhlich, aber in seinen Augen spiegelte sich Ernst.
    Wow. Mein Blick wanderte wieder zu dem Anhänger. Ich fuhr vorsichtig die Flammen mit meinem Zeigefinger nach. Vincent betrachtete das Schmuckstück mit mir. »Es gibt eine ganze Menge verschiedener Deutungen der einzelnen Teile, aus denen sich das Symbol zusammensetzt. Ganze Bücher sind schon über die signa bardia geschrieben worden. Eine Theorie geht davon aus, dass die Pyramide das Leben nach dem Tod symbolisiert. Angeblich steht jede Ecke für einen der drei Ruhetage. Die Flammen stellen unsere Aura dar und den einzigen Weg, uns permanent auszulöschen. Und der Kreis steht für unsere Unsterblichkeit.«
    Ich starrte Vincent wortlos an, unfähig zu verstehen, dass dieser antike Anhänger, dieses Symbol seiner Spezies, nun mir gehören sollte. Er nahm ihn mir aus der Hand und streifte mir behutsam das Band über den Kopf. Der Ausdruck, der sich auf seinem Gesicht abzeichnete, als er sich zurücklehnte, um mich zu betrachten, war so unbezahlbar wie das Schmuckstück selbst.
    »Tausend Dank.«
    »Eigentlich sollte ich jetzt ›gern geschehen‹ sagen, aber es ist ja nicht von mir allein. Es ist ein Geschenk von uns allen.
    Ich weiß, wie sehr es dich getroffen hat, als Arthur dir das Gefühl vermittelt hat, du würdest nicht zu uns gehören. Ich möchte, dass du eins weißt: Du bist kein Außenseiter. Du bist zwar kein Revenant, aber du gehörst trotzdem zu uns. Dieses signum macht dich zu einer Anverwandten.«
    Ich ließ mich in seine Arme sinken. Und als er sich mit seiner Wange an meinen Kopf schmiegte, schloss ich die Augen und wünschte mir, dass die Zeit anhalten würde und wir für immer so bleiben könnten.

 
    D ie zwei Wochen seit meinem letzten Besuch bei Le Corbeau hatten sich ewig hingezogen. Endlich war wieder Dienstag und ich konnte es gar nicht erwarten, mich nach der letzten Stunde schnurstracks auf den Weg nach Saint-Ouen zu machen.
    Als ich durch das Schultor trat und Jules erblickte, hatte ich allerdings das Gefühl, jemand hätte meine Handgelenke gepackt und mir ein paar Handschellen angelegt. »Jules«, sagte ich mit unverhohlener Enttäuschung, »was machst du denn

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