Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
Vom Netzwerk:
Kartoffelgratin.
    »Gibt’s keine Fragen? Keine Kommentare? Oder existenzielle Grübeleien?«, fragte Vincent schließlich.
    »Mir gehen gerade so viele Gedanken durch den Kopf, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll«, antwortete ich.
    »Dann fang mit den einfachen an. Zu den existenziellen können wir ja immer noch kommen.« Er stellte seinen leeren Teller neben sich und schaute mich erwartungsvoll an.
    »Also gut. Wer war das – also, die Braut und der Bräutigam?«
    »Georges und Chantal. Er stammt aus dem achtzehnten Jahrhundert, sie aus den 1950ern. Er ist Franzose, sie Belgierin.«
    »Wie haben sie sich denn kennengelernt? Ihr reist ja nicht gerade viel, wie ich weiß.«
    »Sie sind sich bei der internationalen Versammlung unseres Konsortiums begegnet, die alle paar Jahre stattfindet. Zu den großen Versammlungen kommen Repräsentanten aus der ganzen Welt. Wir nehmen meist nur an den kleineren, europäischen Versammlungen teil.«
    »Eine internationale Versammlung von Revenants? Wie muss ich mir das vorstellen? So was wie die Vereinten Nationen der Untoten?« Ich verkniff mir mein Lachen, als ich sah, wie ernst Vincent geworden war.
    »Das ist eine ganz alte Tradition. Diese Treffen sind natürlich streng geheim – aus Sicherheitsgründen. Sonst würden wir uns ja selbst zu Numa-Ködern machen.«
    »Und bei einem solchen politischen Termin haben die beiden sich kennengelernt?«
    »Ja. Abgesehen vom Informationsaustausch, dienen diese Versammlungen auch ein wenig als Partnerbörse. Es ist eben nicht gerade leicht, einen Lebensgefährten zu finden, wenn die Auswahl so eingeschränkt ist.«
    Das hatte Charlotte auch schon mal erwähnt. Damals war das ihre Begründung dafür gewesen, dass sie keinen Freund hatte. Mittlerweile kannte ich aber den wahren Grund. Sie war schon seit Jahren in Ambrose verliebt. Ich fragte mich flüchtig, wie es ihr wohl ohne Charles ging. Wir hatten ein paarmal gemailt, aber seit ihr Zwillingsbruder verschwunden war, hatte ich nichts mehr von ihr gehört.
    Vincent spielte gedankenverloren mit meinen Fingern, was mich wieder ins Hier und Jetzt holte. »Haben die meisten Revenants Partner?«, fragte ich. »Wobei ... Ambrose und Jules wirken nicht gerade unglücklich mit ihrem Singledasein.«
    »Die sind ja auch noch ›neu‹. Wenn die beiden jetzt eine Familie gründen wollen würden, wäre das ungefähr so ungewöhnlich wie für einen heutigen Teenager, früh zu heiraten. Wieso sollten sie sich an eine Person binden, wo sie doch gerade erst anfangen, ihr Leben zu genießen? Beziehungsweise ihr Nachleben«, berichtigte er sich, »oder was auch immer.«
    »Dir macht es aber scheinbar nichts aus, dich an nur eine Person zu halten.« Eigentlich wollte ich ihn mit dieser Bemerkung aufziehen, aber plötzlich machte sie mich unsicher.
    Doch Vincent lächelte. »Ich bin eben anders. Weißt du noch, ich war kurz davor zu heiraten, als ich gestorben bin. Vielleicht bin ich einfach von der treuen Sorte«, sagte er und blickte eine Weile nachdenklich ins Nichts, bevor er mich erneut ansah.
    »Aber ich will mal wieder zum Thema zurückkommen«, fuhr er mit einem schüchternen Lächeln fort. »Nach ein paar Hundert Jahren des Junggesellendaseins wollen auch Männer wie Georges eine Beziehung. Ich glaube, das ist etwas grundsätzlich Menschliches, was uns auch nach unserem Tod erhalten bleibt. Das Bedürfnis, jemanden zu lieben und geliebt zu werden.« »Und was ist mit Jean-Baptiste? Der ist doch immer noch Single.«
    Vincent starrte wieder ins Nichts und grinste. »Er zeigt seine Zuneigung vielleicht einfach nur nicht sehr deutlich.«
    »Wie bitte?«, entfuhr es mir. »Jean-Baptiste hat eine Freundin?«
    Vincent hob eine Augenbraue, grinste mich von der Seite an und schüttelte den Kopf.
    »Was dann? Eine Geliebte? Einen Knaben ... Oh!«, sagte ich, als endlich der Groschen fiel. »Gaspard!«
    Jetzt grinste Vincent übers ganze Gesicht. »Jetzt sag bloß nicht, du hast das wirklich nicht geahnt.«
    Ich konnte nur den Kopf schütteln. Dabei gab es nichts Einleuchtenderes – die beiden passten einfach perfekt zusammen.
    Vincent sprang auf und brachte unsere leeren Teller zurück ins Zelt. Als er wieder da war und sich neben mich gesetzt hatte, sagte er: »Ich habe etwas für dich, Kate.« Er griff in seine Manteltasche und brachte ein rotes Samtbeutelchen zum Vorschein, das mit einem Zugband verschlossen war.
    Er zog den Beutel oben auseinander, holte einen Anhänger an einem schwarzen

Weitere Kostenlose Bücher