Vom Mondlicht berührt
historische Thriller schreibt, oder? Ich glaube, ich hab mal eins seiner Bücher am Flughafen gelesen. Das ist also Arthurs Pseudonym?«
Vincent nickte. »Ja, und außerdem noch Aurelie Saint-Onge, Henri Cotillon und Hilaire Benois.«
Mir klappte die Kinnlade runter. Da saß mir also der Autor, der hinter ein paar der berühmtesten Pseudonyme der französischen Literatur steckte, gegenüber und kritzelte etwas in ein Notizbuch.
»Dieses Desaster von einer Sitzung ist vertagt«, knurrte Jean-Baptiste, womit er darauf aufmerksam machte, dass ihm niemand mehr Beachtung schenkte. »Ich werde mit jedem von euch unter vier Augen das weitere Vorgehen besprechen. Vincent«, sagte er und steuerte auf uns zu, »du fliegst morgen nach Berlin. Ich möchte, dass du mit Charles’ Informanten sprichst. Versuche, vor Ort herauszufinden, was sie wissen und wo sie ihre Quellen haben.« Vincent nickte und schon knöpfte sich Jean-Baptiste als Nächstes Jules vor.
»Wow, so mir nichts, dir nichts musst du weg«, sagte ich. »Was meinst du, wie lange du unterwegs sein wirst?«
»Ein paar Tage, schätze ich. Kommt ganz darauf an, was ich dort herausfinde. Wie viele Informationen überhaupt zu holen sind. Aber irgendwie glaube ich, dass JB mich aus einem anderen Grund nach Berlin schickt – ich könnte schließlich auch einfach anrufen. Wahrscheinlich will er, dass ich mir ein Bild von Charles mache.«
Ich nickte. Und obwohl der Gedanke, dass er wegfahren würde, mir einen kleinen Stich versetzte – es war so viel passiert, seit er geruht hatte, wir hatten kaum Zeit füreinander gehabt –, war ich gleichzeitig ein wenig erleichtert. Denn das Einzige, was mir gerade pausenlos durch den Kopf schwirrte, war die Frage, wann ich den nächsten Besuch bei Le Corbeau wagen konnte.
A ls Georgia und ich am nächsten Morgen aus dem Haus kamen und Jules uns mit seinem Wagen erwartete, machte mein Herz einen kleinen Satz. Vincent war also schon aufgebrochen? Ich warf einen Blick auf mein Handy, wo ich seine Abschieds-SMS vorfand, und sofort fing mein Herz an, schneller zu schlagen.
Heute war es so weit.
»Was verschafft uns denn die Ehre dieses Chauffeurservices?«, fragte ich und schwang mich in den Beifahrersitz, während Georgia auf die Rückbank kletterte.
»Eigentlich wollte Vincent euch abholen, aber er ist schon um sechs abgeflogen, ergo musste er schon um fünf am Flughafen sein.«
»Was für ein Glück, dass ihr nicht schlafen müsst«, sagte ich.
Aus Gewohnheit warf Jules einen schnellen Blick in den Rückspiegel, um sich zu vergewissern, dass Georgia nichts mitbekommen hatte. Dann sah ich, dass es ihm wieder einfiel – sie weiß ja Bescheid –, und er entspannte sich.
Für ihn gehöre ich also mittlerweile wirklich dazu, schoss es mir durch den Kopf. Lächelnd tastete ich nach dem Anhänger unter meinem T-Shirt.
»Das wollte ich aber eigentlich gar nicht wissen, sondern eher, womit wir es verdienen, schon wieder zur Schule gebracht zu werden? Gab es in der Nacht erneut Zwischenfälle mit den Numa?«
Das war eigentlich als Witz gemeint, doch Jules’ unveränderte Miene konnte nur bedeuten, dass ich den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. »Oh nein!«, schnaufte ich.
»Es wurde bei zwei weiteren Revenants hier in Paris eingebrochen. Bei dem einen gestern Nacht, bei dem anderen heute am frühen Morgen. Beide Male waren die Bewohner nicht zu Hause.«
»Aber was hat das mit uns zu tun?«, meldete sich Georgia vom Rücksitz. »Wobei ich natürlich nicht wirklich was gegen diesen Tür-zu-Tür-Service einzuwenden habe.«
Jules blickte wieder in den Spiegel zu Georgia. »Erst der Angriff nach dem Konzert und eine Woche darauf vier Einbrüche – das bedeutet in erster Linie, dass die Numa wieder aktiv sind. Vincent macht sich Sorgen, dass sie auch dich im Visier haben könnten, Kate.«
»Mich? Wieso denn mich?«
»Die Numa wissen, dass Vincent JBs Stellvertreter ist. Und sie wissen, dass du mit ihm zusammen bist. Dich zu entführen – oder Schlimmeres wäre eine ideale Möglichkeit, ihn zu provozieren. Vincent möchte einfach, dass jemand auf dich aufpasst, bis er zurück ist und das selbst übernehmen kann.«
Das musste ich erst einmal verdauen. »Eigentlich würde ich gern sagen, dass ich mich selbst verteidigen kann. Aber nachdem ich es neulich mit vier von diesen Typen in der Gasse zu tun hatte, halte ich lieber meine Klappe und lehne mich zurück.«
»Sag mal, Jules«, riss Georgia das Wort an sich und lehnte
Weitere Kostenlose Bücher