Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Vom Mondlicht berührt

Titel: Vom Mondlicht berührt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amy Plum
Vom Netzwerk:
Licht im Laden brannte, und sofort schlug mein Herz wie verrückt. Der geschnitzte Rabe auf dem Schild schien uns drohend zu betrachten, während wir uns langsam näherten. Vor der Tür blieben wir stehen und Jules warf mir einen ungläubigen Blick zu. »Jetzt sag nicht, ich habe dich durch halb Paris gekarrt, damit du eine ...« Er schaute kurz ins Schaufenster und dann zurück zu mir.» ... Marienstatue aus Plastik kaufen kannst?«
    »Nein.«
    »Was dann?« Wieder blickte er in die Auslage. »Ein Nachtlicht mit Papst Johannes Paul? Kate, was zum Henker wollen wir hier?«
    »Die Frage ist, was ich hier will. Und die Antwort darauf lautet: Das geht dich nichts an, Jules. Es tut mir sehr leid, dass ich dich mit hierhergeschleppt hab, aber ich muss da jetzt allein rein. Mir wär es lieber, wenn du hier draußen wartest.«
    »Wie bitte?«, rief Jules.
    »Ich muss die Besitzerin etwas fragen. Wenn ich falsch liege, bin ich sofort wieder bei dir. Wenn ich recht habe, kann es etwas länger dauern. Aber ich muss das allein machen.«
    »Kate, ich habe wirklich keine Ahnung, wie Vincent es mit dir aushält. Du machst mich rasend.«
    »Aber du tust trotzdem, worum ich dich bitte?«, fragte ich ihn hoffnungsvoll.
    Jules fuhr sich mit den Fingern durch die Locken und sah sehr unglücklich aus. »Ich gebe dir fünfzehn Minuten. Wenn du dann nicht wieder hier bist, komm ich dich holen.« Dann marschierte er davon, über die Straße, um sich auf die Stufen eines mit Brettern vernagelten Geschäfts direkt gegenüber zu setzen.

 
    I ch drückte gegen die Tür. Als sie sich nicht öffnete, drückte ich etwas kraftvoller dagegen und polterte prompt ungeschickt ins Geschäft, als die Tür endlich nachgab. Verlegen ließ ich meinen Blick durch den Laden schweifen, der bis obenhin vollgestopft war, noch voller als die Regale der Auslage. Es sah ganz so aus, als hätten sie die billigeren Waren in die Schaufenster gestellt – vielleicht um keine Diebstähle zu provozieren –, denn hier umgaben mich ein paar der interessantesten Gegenstände, die ich außerhalb eines Museums oder Papys Geschäft jemals gesehen hatte.
    Eine alte Madonna aus Elfenbein – die Rundung ihrer Taille, auf der sie ihr Kind trug, folgte dem natürlichen Bogen des Stoßzahns – stand neben einer verzierten Kiste – einem Reliquienschrein –, auf deren Deckel ein metallener Finger prangte. Es gab alte Münzen mit Bildern von Heiligen, Kruzifixe aus kostbarem Metall oder Stein und an jedem erdenklichen Vorsprung hingen antike Rosenkränze. Obwohl jedes einzelne Stück auf seine eigene Weise schön war, bekam diese chaotische Ansammlung auf so wenig Platz eine extrem gruselige Komponente. Ich fühlte mich wie in einer Gruft, die mit Votivgaben überfüllt worden war.
    Ich starrte sicher ein paar Sekunden lang Richtung Ladentheke, bevor mir bewusst wurde, dass dort jemand stand und mich ansah. Er stand so unnatürlich still, dass ich zusammenzuckte, als er anfing zu sprechen. » Bonjour , mademoiselle. Was kann ich für Sie tun?« Sein Französisch hatte einen leichten Akzent.
    Meine Hand flog an meine Brust. »Entschuldigen Sie«, keuchte ich. »Ich habe Sie gar nicht gesehen.«
    Bei meinen Worten legte er den Kopf leicht schief, als fände er die Schlussfolgerung komisch, dass sich jemand vor einer sprechenden Statue erschrecken konnte. Was für ein merkwürdiger Kauz , dachte ich. Mit den nach hinten geglätteten, schwarz gefärbten Haaren und der dicken Brille, die seine Augen um ein Vielfaches vergrößerte, wirkte er wie eine Karikatur des Vogels, der dem Geschäft seinen Namen lieh. Ziemlich krasser Gruselfaktor , durchfuhr es mich zitternd.
    »Äh ... Mir wurde gesagt, ich könnte hier einen guérisseur finden«, sagte ich und klang äußerst ängstlich.
    Er nickte eigenartig und trat hinter der Theke hervor, womit er den Blick freigab auf eine skelettähnliche Figur, die in sonderbaren, altmodischen Klamotten steckte. »Meine Mutter ist guérisseur. Was fehlt Ihnen denn?«
    Die Unterhaltung mit der Frau in der Boutique nebenan schoss mir durch den Kopf, deshalb platzte ich heraus: »Migräne.« Irgendetwas an diesem Mann, an dieser ganzen Situation, machte mich fürchterlich nervös. Wenn ich die Entdeckung der Revenants mit der Entdeckung eines fremden Landes gleichsetzen würde, dann fühlte ich mich gerade wie Neil Armstrong, der seinen Fuß auf die bis dato noch unberührte Mondoberfläche setzt.
    Er nickte und hob einen seiner Strichärmchen, um

Weitere Kostenlose Bücher