Vom Regen in die Traufe
Obwohl er gro ß und auf gewisse Weise stattlich war, wirkte er gleichzeitig irgen d wie zierlich, er geh ö rte zu der Art von M ä nnern, die nicht f ü r schwere Jobs geschaffen war. Seine Stimme war klangvoll wie die eines Rezitators, und er machte insgesamt einen sehr sy m pathischen Eindruck.
Der Besucher musterte den Hausherrn und die H ü tte. Ein gew ö hnlicher Mann aus dem Volk, so beurteilte er Hermanni Heiskari. Die H ü tte war im Blockhausstil gebaut, sie hatte lediglich ein einziges Zimmer, darin befand sich in einer Ecke ein Alkoven, in der anderen eine Kochnische, vorn an der Eingangst ü r gab es einen Kamin und daneben eine weitere T ü r, die vermutlich in die Sauna f ü hrte. Sauber war das Zi m mer, aber bemitleidenswert bescheiden, abgesehen von den beiden Regalen, die vom Fu ß boden bis zur Decke reichten und mit B ü chern vollgestopft waren. Zwischen ihnen stand ein kleiner Tisch, darauf ein Radio und ein Kofferfernseher.
Ragnar Lundmark lie ß den Blick ü ber die Bucheinb ä nde schweifen. Haupts ä chlich Sachliteratur. Oswald Spenglers Untergang der westlichen Welt, Felipe Fern á ndez Armestos Das zweite Jahrtausend, Max Webers Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus, G. H. von Wrights Der Mensch im kulturellen Umbruch, Markku Salomaas Rote Offiziere sowie ein kleiner Band mit indianischen Weisheiten Spuren des Wortes …, aber es gab auch Belletristik, wie etwa Juha Nu m minens Misset ä ter, Pertti Nieminens Schriftensammlung ü ber die chinesische Kultur Arm in Arm mit einem Mandarin, Jarkko Laines Roman Wie ein Leichenzug, Bohumil Hrabals Ich habe den englischen K ö nig bedient …, an sich ü berr a schend, dass es in der primitiven Behausung eines einfachen Mannes diese Art von Literatur gab, noch dazu in solchen Mengen, es mochten wohl an die zwei- oder dreihundert B ä nde sein. Ragnar Lun d mark hielt es f ü r denkbar, dass He r manni Heiskari aus dem Nachlass eines gebildeteren Me n schen eine komplette kleine Bibliothek gekauft hatte. Wie dem auch sei, so ganz hoffnung s los wirkte dieser Mann nicht, auch wenn er ä u ß erlich ung e pflegt war und den Eindruck eines m ü rrischen und verschlo s senen Charakters vermittelte. Und die Landschaft, die durchs einzige Fenster der H ü tte zu sehen war, war in der Tat depr i mierend. Ein versumpfter k ü nstlicher See, an dessen Ufer verkr ü ppelte Fichten wuchsen. Man befand sich zwar in Lap p land, aber durchs Fenster war kein einziger richtiger Fj ä ll zu sehen. Ragnar Lundmark fand es unbegreiflich, dass sich j e mand mit diesem tristen Ausblick begn ü gte, wenn es doch in unmittelbarer Reichweite viel sch ö nere Landschaften gab.
Hermanni Heiskari kochte Kaffee und tischte ein paar Ke k se auf, die er gl ü cklicherweise am Vortag gekauft hatte. Nach dem Kaffee kam Ragnar Lundmark zur Sache.
» Zuallererst m ö chte ich mich herzlich daf ü r bedanken, dass Sie meiner Nichte Lena Lundmark das Leben gerettet haben. Wie Lena berichtete, haben Sie sie mutig und unerschrocken geleitet, haben vielen Schwierigkeiten getrotzt und sie aus Sturm und Eis aufs sichere Festland gebracht, noch dazu unter Gef ä hrdung Ihres eigenen Lebens. «
» Nicht der Rede wert. Wie geht es Madame jetzt? «
» Sie genie ß t Doktor Sorjonens ausgezeichnete Behandlung, und ihre Genesung macht rasche Fortschritte. «
» Das ist ja prima « , ä u ß erte Hermanni Heiskari ehrlich e r freut.
» Wie Sie sich vielleicht erinnern, war es Frau Lundmark wichtig, dass Sie f ü r Ihre Heldentat gro ß z ü gig belohnt werden. Diesen Auftrag zu erledigen, bin ich nach Lappland geko m men. «
Nach diesen verhei ß ungsvollen Worten begann Ragnar Lundmark seine Aufgabe n ä her zu erl ä utern. Zun ä chst einmal k ö nne Herr Heiskari jetzt frei von materiellen Sorgen sein Leben nach besten Kr ä ften genie ß en. Frau Lundmark werde f ü r alle Kosten aufkommen. Ihr ausdr ü cklicher Wunsch sei es au ß erdem, dass ihr Onkel, Ragnar also, Herrn Heiskari bei diesen f ü r ihn neuen und anfangs vielleicht auch fremden Lebensgen ü ssen als Wegbegleiter zur Seite stehe.
» Ich wurde also als eine Art Helfer in allen Lebenslagen ei n gesetzt, vielleicht sollte ich Butler sagen, falls das die Situation besser charakterisiert. «
» Und dieses Gl ü ck f ü r den ganzen Rest meines Lebens? « , st ö hnte Hermanni, der einfach nicht glauben konnte, dass feine Leute ihr Wort hielten.
» Leider bin ich nicht befugt, Ihren Gel ü sten
Weitere Kostenlose Bücher