Vom Regen in die Traufe
herumlaufen und dabei die Zehen spreizen und kr ü mmen, um auszuprobieren, wie sich der Schuh dem Fu ß anpasste. Die Str ü mpfe mussten genau die St ä rke haben, die man auch sp ä ter in diesem Schuh tragen w ü rde. F ü r jedes Paar Schuhe musste man sich unbedingt einen gesonde r ten Satz Str ü mpfe anschaffen. Schuhe sollte man niemals m ü de und auch nicht zu sp ä t am Nachmittag kaufen, sondern die beste Zeit war vormittags gegen elf Uhr, auf jeden Fall vor dem Lunch. Dann waren die F üß e am no r malsten, noch nicht m ü de oder geschwollen von den Laufere i en des Tages.
Ragnar erz ä hlte, dass seinerzeit nicht nur die Schneider in England – und m ö glicherweise auch die auf dem Kontinent – neue Kleidungsst ü cke von Versuchspersonen tragen lie ß en, auch die Schuhmacher verfuhren nach dieser Methode, sie ü bergaben die ma ß gefertigten Schuhe M ä nnern, die sie einli e fen, damit sie geschmeidig wurden und sich den empfindl i chen F üß en des Auftraggebers besser anpassten. Diese Erstb e nutzer zu finden war f ü r die Schuhmacher Ehrensache, und es gen ü gte beileibe nicht, dass die Schuhgr öß e mit der des Au f traggebers ü bereinstimmte, auch der Spann, der Ballen und die Ferse mussten so geformt sein wie beim sp ä teren Benutzer. Oft liefen arme Schlucker, die sonst in Lumpen gekleidet waren, in dem neuen Schuhwerk herum, und man erkannte sie schon von Weitem an ihrem Gang, der dem eines stolzen Lords glich.
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Ragnar Lundmark schickte Hermannis Hemden, Unterw ä sche, Handt ü cher und seinen Morgenmantel an eine Stickerin und bat sie, s ä mtliche St ü cke mit zwei verschn ö rkelten H zu vers e hen. Die Stickereien sollten mit Seidenfaden ausgef ü hrt werden, jeweils in derselben Farbe, aber einen Ton dunkler als das entsprechende Textil.
Eine Weile ü berlegte er, ob er f ü r Hermanni auch Visitenka r ten drucken lassen sollte, aber was sollte darauf stehen, der Mann hatte ja weder einen Titel noch eine Adresse. » Herma n ni Heiskari, obdach- und arbeitsloser Holzf ä ller aus Lappland « wirkte als Text nicht gerade ü berzeugend.
Hermanni war nicht so hinterw ä ldlerisch, dass er keine Kr a watte binden konnte, er beherrschte sogar den doppelten Kn o ten, aber als es an die Fliege ging, musste er passen. Ragnar f ü hrte ihm die Hand, aber Hermanni begriff die Idee trotzdem nicht ganz. So setzte sich Ragnar hin und zeichnete Bilder der einzelnen Phasen, und mit ihrer Hilfe konnte Hermanni en d lich die erste Fliege seines Lebens kn ü pfen. Als sie fertig war, war er in Schwei ß gebadet.
Jeder finnische Gentleman beherrscht die Kniffe beim Kn ü p fen einer Fliege, aber sollte sich unter die Leserschaft tats ä chlich irgendein St ü mper oder gar ein ungeschlachter Holzf ä ller verirrt haben, sei hier detailliert beschrieben, wie die Fliege unter den geschickten Fingern des Mannes entsteht. Zun ä chst werden die Enden der Rosette ü bereinandergelegt, vom Tr ä ger aus gesehen das linke ü ber das rechte, als N ä chstes wird der linke Zipfel um den rechten geschlungen, von unten nach oben, und noch ein zweites Mal, dann macht man eine kleine Schlaufe um das linke Ende, und zwar so, dass man die Spitze unter dem von links kommenden Knoten hindurc h zieht. Nun wird das nach unten h ä ngende rechte Ende zwei Mal gefaltet und mit dem gefalteten Ende unter den vorher gefertigten Knoten gesteckt. Zum Schluss zieht man nur noch leicht an, und fertig. Wie einfach!
In Ermangelung anderer M ö glichkeiten meldete Ragnar se i nen Sch ü tzling zu einem Anf ä ngerkurs f ü r Golf an, der private Trainer oder Pro war ein gewisser Jari Luusua, die Driving Range oder der Abschlagplatz und die dazugeh ö rigen Bahnen befanden sich n ö rdlich der Stadt in Saarenkyl ä .
Hermanni mokierte sich ein wenig ü ber dieses Ballspiel, das er f ü r einen blo ß en Zeitvertreib von M üß igg ä ngern aus der Oberklasse hielt. Ragnar Lundmark erkl ä rte jedoch leicht indigniert, dass es sich keineswegs um ein Hobby der Obe r schicht handelte, jedenfalls urspr ü nglich nicht. Golf war im schottischen Hochland erfunden worden, dort hatten die Schafhirten zum Zeitvertreib mit ihren St ö cken kleine Steine oder Zapfen durch die Luft geschleudert, und wem es gelang, seine » B ä lle « in eine gemeinsam vereinbarte Kuhle zu schl a gen, hatte die Runde gewonnen. Hirten haben bei ihrer Arbeit Zeit im Ü berfluss, und so entwickelten sie das Spiel rasch weiter, sie
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