Vom Schicksal bestimmt: Soul Seeker 1 - Roman (German Edition)
auf die Idee kommen, hier über die Stränge zu schlagen? Im öden, langweiligen Enchantment, New Mexico?«
Ich schicke noch ein paar Halbsätze hinterher, die ich so leise vor mich hin murmele, dass sie nichts versteht, und deshalb werde ich überrascht, als sie sagt: »Gut. Freut mich, dass du es so siehst. Dann wird es dir ja nicht fehlen, wenn du abreist.«
Ich bekomme eine Gänsehaut.
»Du war die längste Zeit hier. Also sieh dich noch mal um und sag dem Haus Auf Wiedersehen, denn nach heute Nacht wirst du es niemals mehr wiedersehen.«
Sprachlos starre ich sie an. Ich kann unmöglich abreisen. Ich bin eine Suchende – die Stadt braucht mich –, und heute Abend habe ich sämtliche Beweise dafür bekommen, dass das tatsächlich stimmt. Ich habe zwar keine Ahnung, was Cade im Schilde führt, aber er hat eindeutig etwas vor, und es ist meine Aufgabe, ihn aufzuhalten. Ich bin die Einzige, die es kann.
Ein selbstzufriedenes Lächeln macht sich auf Jennikas Miene breit. »Ich habe einen Job beim Fernsehen angenommen, also ist Schluss mit der Weltenbummelei.«
Ich reiße die Augen auf, und mir bleibt der Mund offen stehen, während ich in Gedanken ihre Worte so lange wiederhole, bis ich sie begriffen habe. »Aber das findest du doch furchtbar«, wende ich ein. »Du sagst immer, dass …«
Sie hebt eine Hand in die Höhe, um mir zu bedeuten, dass das erst der Anfang ist. »Und neben dem neuen Job haben wir auch eine neue Wohnung. Ich habe in West L. A. eine Wohnung mit zwei Schlafzimmern gemietet. Aber das ist nur vorübergehend, bis wir was zum Kaufen finden. Ich denke da an Venice oder vielleicht sogar Silver Lake. Wir sehen uns einfach um, bis wir was Passendes gefunden haben.«
Ich starre sie an, ohne sie wirklich zu sehen – mein Verstand ist zu beschäftigt damit, mit meinen Ohren mitzuhalten. Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll – keine Ahnung, was ich denken soll. Alles, was sie gerade gesagt hat, steht in direktem Gegensatz zu allem, was ich über sie zu wissen glaubte.
»Hm.« Sie nickt und streicht mit einer Hand am Saum ihrer schwarzledernen Leggings entlang, während sie sich
mit der anderen durch einen Haarwust fährt, der früher mal pinkfarben war, jetzt allerdings platinblond gefärbt ist. »Es ist alles geregelt. Also bitte pack deine Sachen, damit wir aufbrechen können. Ich habe einen Mietwagen draußen stehen. Und ausnahmsweise scheint sich der Jetlag einmal zu meinen Gunsten auszuwirken – ich habe nämlich vor, die Nacht durchzufahren.«
Sie wedelt mit den Fingern und bedeutet mir, mich ein bisschen zu beeilen, doch ich bleibe wie angewurzelt vor ihr stehen. »Nein«, sage ich, wobei es mich tierisch ärgert, wie klein das Wort geklungen hat. Und so schicke ich einen wesentlich stärkeren Wortschwall hinterher. »Vergiss es, Jennika. Kommt nicht infrage.«
Sie legt den Kopf schief und schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Geht es um den Jungen?« Ihr Ton legt nahe, dass sie das vermutet.
»Was? Nein!« Ich schüttele den Kopf und versichere mir selbst, dass es überhaupt nicht um den Jungen geht – dass es nichts mit Dace zu tun hat. Es geht um meine Pflichten als Suchende – etwas, was ich ihr nicht anvertrauen werde. Zum einen würde sie es brüsk ablehnen und sich weigern, es zu glauben – ja, sie würde nicht einmal versuchen, es zu verstehen. Und zum Zweiten würde sie um meine Sicherheit fürchten, sämtliche Diskussionen jäh abbrechen und darauf bestehen, dass ich abreise. Solange sie es nicht weiß, gibt es noch Hoffnung, und wenn sie sich so aufführt, kann ich mich nur noch an die Hoffnung halten.
Sie geht auf mich zu, und ihr Tonfall wird ebenso weicher wie ihre Miene. »Daire, du kannst es mir doch sagen. Ich verstehe das. Glaub’s mir, wirklich. Schließlich habe ich ihn ja gesehen. Ich bin nicht blind. Er ist umwerfend. Genau das, woraus Teenagerträume bestehen. Sich in einen solchen Jungen
zu verlieben ist leicht. Aber täusch dich nicht, so ein Junge trägt das Wort ›Herzensbrecher‹ praktisch auf die Stirn geschrieben, und das Letzte, was ich will, ist, dass du verletzt wirst – oder Schlimmeres.«
Ich funkele sie an, mein Gesicht eine trotzige Maske, und hasse ihre Worte. Zum Teil, weil ich sie nicht glauben will – und zum anderen, weil ich fürchte, dass sie wahr sind. »Meinst du mit ›Schlimmeres‹ vielleicht schwanger zu werden? So wie du mit sechzehn mit mir schwanger geworden bist?«
»Ja«, erwidert sie. »Ist
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